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Full text of "Mausoleum und Tatenbericht des Augustus"

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MAUSOLEUM 
UND TATENBERICHT 
DES AUGUSTUS 


VON 


ERNST KORNEMANN 


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VERLAG UND DRUCK VON B. 6. TEUBNER- LEIPZIG: BERLIN 1921 


SOHUTZFORMEL FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN VON AMRRIKA: 
COPYRIGHT 1931 BY B. G. TEUBNER IN LEIPZIG. 


ALLE BECHTE, EINSCHLIESSLICH DES ÜBERSETZUNGSRECHTS, VORBEHALTEN. 


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Vorwort. 


Im Nachlaß des Augustus fand sich neben anderen Dokumenten 
ein Bericht über seine Taten mit der Bestimmung, daß derselbe auf 
zwei ehernen Stelen vor dem Mausoleum angebracht werden solle.!) 
Das Grabmal des ersten Prinzeps ist schon im Jahre 28 v. Chr. er- 
richtet. Das erwähnte Dokument, von dem wir Kopien aus Aneyra 
Apollonia und Antiochia in Pisidien?) besitzen, stellt sich durch den 
Schlußsatz: [cum scri]psi haec, annum agebam septuagensulmum sex- 
tum] als geschrieben im Todesjahr des Kaisers, 14 n. Chr., dar. Über 
40 Jahre liegen zwischen dem einen und dem anderen Ereignis. Es 
hat den Anschein, als ob der Kaiser erst im letzten Augenblick dazu 
übergegangen sei, mit seinem Grabmal den Bericht über das, was er in 
einem langen Leben im Dienste des Staates vollbracht hatte, in Ver- 
bindung zu setzen. Doch es hat nur den Anschein: in Wirklichkeit 
ist es anders. Ich habe schon seit Jahren die Ansicht vertreten®), daß 
der Tatenbericht sukzessive entstanden ist und mit den ältesten Teilen 
in den Anfang des Prinzipats hinaufreicht. Wie ich heute weiß, bin 
ich damit noch nicht zum äußersten Ziele vorgedrungen. Was ich in 
diesem Buche, das meine früheren Forschungen zum AbschluB bringen 
soll, nachzuweisen gedenke, gipfelt in dem Satz: Gleichzeitig mit 
dem Mausoleum selber istauch der erste Entwurf des Taten- 
berichtes entstanden. Die Res gestae sind, so klein sie natur- 
gemäß im Anfang auch waren, von vornherein ein integrierender Be- 
standteil des monumentalen Baues auf dem Marsfeld gewesen. Die 


1) Suet. Aug. 101, 4; Cassius Dio 56, 33, 1. 

2) Die neuen Fragmente einer lateinischen Kopie der Res gestae aus An- 
tiochia Pisidiae verdanken wir W. M. Ramsay. Die Fragmente sind nicht sehr‘ 
umfangreich. Wie R. meint, waren sie auf dem Forum zu beiden Seiten einer 
dem dortigen Augusteum vorgelagerten Treppe aufgestellt. Im Juli 1914 er- 
hielt ich von dem glücklichen Finder eine Abschrift mit dem Hinweis, daß die 
Veröffentlichung im Journal of Rom Stud. erfolgen werde. Ob das während 
des Krieges geschehen ist, vermag ich nicht zu sagen. 

3) Vgl. meine früheren Aufsätze in Klio II 1902, 8. 141—162, Ko III 
1908, S. 74—84, [V 1904, S.88—97, V 1905, S. 317—332, XV 1917, S, 214—215. 


IV Vorwort. Inhalt 


Folge dieser Erkenntnis ist, daß Mausoleum und Tatenbericht nicht 
mehr wie seither getrennt behandelt werden dürfen. Wer tiefer in 
den Inhalt des Monumentum Ancyranum eindringen will, muß, wie 
es im folgenden geschieht, vom Mausoleum ausgehen. 

Das Manuskript war schon vor dem Kriege in der Hauptsache 
fertiggestellt. Nachdem ich vier Jahre lang im Militärdienst ge- 
standen und in meinem neueu Wirkungskreis mich einigermaßen ein- 
gelebt habe, ist das Ganze noch einmal einer Revision unterzogen 
worden. Dabei sind die Resultate von Ed. Meyers Buch über Oae 
sars Monarchie (Stuttgart-Berlin 1918, 2. Auflage 1919) und von 
R. Reitzensteins Aufsatz: Die Idee des Principats bei Cicero und 
Augustus in Nachr. der Gött. Gesellschaft der Wiss. 1917 8.399 ff. und 
481ff. noch verarbeitet worden. Auch nach dem Erscheinen von Meyers 
Werk verdient Reitzensteins tiefschürfende Untersuchung die größte 
Beachtung seitens der Historiker. Es ist die Vorarbeit zu einer Ent- 
wicklungsgeschichte des Prinzipats. 


Breslau, April 1919. 


NOLWOLLN.. a ee II—IV 

1 Das Mausoleum des Augustus... . 2 2 2220er. 1—12 
II. Die Aufstellung des Tatenberichts vor dem Mausoleum . . . . 12—18 
II. Die Entstebungsgeschichte des Tatenberichts ........ . 19—81 
1. Das Resultat der Forschung Mommsens . .. . . 2.2... 19— 22 

2. Die Schlußredaktion des Tiberius . .. 2... 2220. 22—28 

3. Das Urmonument . 2.2... 2:2 nennen 28—40 

4, Die Entstehung der Gesamtinschrift . ... 2.220... 40—67 

5. Die Zusätze des Augustus nach dem Jahre 23 v. Chr. .. . 67-81 
IV. Der literarische Charakter der Inschrift ... 2... 2.2... 81—94 
Exkurse und Nachträge. . . . .. 2. 2er ee rennen 95—103 


Register... 2 CH rennen 104— 107 


I. DAS MAUSOLEUM DES AUGUSTUS 


Caesar Octavianus hat drei Jahre nach dem Siege von Actium, im 
Jahre 28 v. Chr., sich und seinem Geschlecht ein großes Grabmal auf 
dem nördlichen Teil des Marsfeldes errichtet. Höchst seltsam! In 
einem Jahre, das angefüllt ist mit tausenderlei Arbeiten und Entwürfen 
im Dienste des neu zu konstituierenden Staates, baut der damals 
35jährige Mann, der nahe dem Höhepunkte seines Ruhmes angelangt 
ist, sich selber die letzte Ruhestätte. 

Sind es menschliche, sind es politische Erwägungen, die ihn ge- 
leitet haben? Gardthausen!) hat sich für das erste, Hirschfeld?) für 
das zweite ausgesprochen, ich glaube, wir müssen wie so oft bei der 
Rekonstruktion von Augustus’ Lebenswerk beides in Betracht ziehen. 
Der Sieger von Actium hat bei seinem schwächlichen Körper, den er 
von Natur aus besaß, niemals zu hoffen gewagt, ein alter Mann zu 
werden. So hat ihm das Schicksal Alexanders, dessen Grabstätte er 
kurz vorher in Ägypten besucht hatte, wohl immer vor Augen ge- 
standen, daß er plötzlich einmal abgerufen werden könne mitten aug 
dem großen Werke des Neubaues heraus. Unter diesen Umständen 
galt es auch für den Fall seines Todes Vorsorge zu treffen. 

Hinter dem einzelnen steht in Rom sein Geschlecht. Keine Ge- 
schichte der Welt — vielleicht einzig und allein die altjapanische 
kommt noch in Betracht?) — ist so sehr wie die römische eine Ge- 
schichte einzelner gentes. Der einzelne ist nur ein Glied in der Kette 
der Geschlechtsgenossen, die aufeinanderfolgen: wie vor ihm die Ahnen 
hergehen, so folgen ihm die Kinder und Erben.‘) 

Octavian baut nicht sich, sondern seinem Geschlecht das Grab- 
mal°): dieser Satz gibt den Kern der politischen Erwägungen wieder, 

1) Augustus und seine Zeit 12 8. 980. 2) Kl. Schriften 8. 449. 

8) K. Rathgen, Staat und Kultur der Japaner (Monographien der Welt- 
gesch. XXVII, 1907) 8. 82. 

4) Man lese nur die bekannten Kapitel bei Polybios VI 53 u. 54 über den 
römischen Ahnenkult. . 

5) Ebenso später Domitian das templum gentis Flaviae auf dem Quiri- 


nal, das als Mausoleum des flavischen Kaiserbauses diente, Hirschfeld a. a. O. 
8. 463. 


92 I. Das Mausoleum des Augustus 


die der kränkliche Mann, der im Begriffe stand, zum Prinzeps von 
Rom aufzusteigen, anstellte. Wird das Schicksal ihm verweigern, das 
große Werk des Staatsneubaus zu vollenden, so soll es einer aus seinem 
Geschlechte tun. Die Größe des Grabmals und seine Lage auf dem 
geheiligten Boden des Marsfeldes sind der äußere Ausdruck der Be- 
deutung des Geschlechts, das hier bestattet ist; durch das gewaltige 
Totenhaus sollte für alle Zeiten darauf aufmerksam gemacht werden, 
wer damals das mächtigste Geschlecht von Rom war und „für alle Zu- 
kunft zur Herrschaft berufen“!) war. 

Aber nicht nur für die Zukunft, sondern auch nach rückwärts, 
zur Vergangenheit hin redet das Monument zu uns. Octavian ist seit 
der Adoption durch Caesar ein Angehöriger des iulischen Geschlechta 
geworden. Daher heißt das neue Grabmal tumulus Iuliorum”) und 
nicht Octaviorum. Aber es gab schon ein iulisches Familiengrab, und 
zwar ebenfalls auf dem Marsfeld — wahrscheinlich auf dem südlichen 
Teil desselben —, in welchem der große Diktator selber begraben 
war.®) Warum baut da der zweite Iulier, der in Rom die Herrschaft 
an sich gerissen hat, ein neues iulisches Familiengrab? Hier schauen 
wir tief in das Innere des neuen Herrschers. Der große Adoptivvater ist 
der letzte seines Geschlechtes, der Adoptivsohn eröffnet ein Geschlecht 
der neuen Iulier; sie erhalten auch ein neues Haus für ihre Toten, 
größer als alle vorhergehenden auf dem Marsfeld (Strabo*) nennt es 
zo dEioAoywrerov), wie das Geschlecht, das nun schon den zweiten 
Führer der Nation und des Reiches hervorgebracht hat, nicht mehr 
übertroffen werden kann. 

Aber wie dem Diktator blieb dem Augustus der Sohn versagt. 
So ist auch das neue Iuliergeschlecht auf die künstliche Fortpflanzung 
durch Adoption angewiesen und der tumulus Iuliorum wird zum tumulus 
Caesarum®), das Familiengrab zum „dynastischen Monument“) schon bei 
Lebzeiten des Erbauers. Denn die in Aussicht genommenen Erben des 
Prinzipats sterben alle bis auf Tiberius vor dem Prinzeps. Die Reihe 
der präsumtiven Nachfolger eröffnet des Prinzeps’ Neffe M. Claudius 
Marcellus, der mit Augustus’ einziger Tochter vermählt und zum Nach- 





1) Hirschfeld a. a. O. 8. 449. 

2) So Taecitus annal. XVI 6; dagegen III 4 tumulus August, III 9 tu- 
mulus Caesarum. 

3) Cassius Dio 54, 28 nennt es rd mareiov uwnuslov. In Betreff der mut- 
maßlichen Lage dieses Grabes stimme ich mit Huelsen (Röm. Mitt. 18, 1903, 
8. 53f.; Jordan-Huelsen, Topogr. 13 8.496 und 8. 527f.) gegen Hirschfeld 
(a. &. O. 8. 451) überein. 4) V 3, 8 8. 286. 

5) Tac. ann, III 9, Martial Il 69, 2 dafür Onesarum tholus. 

6) Jordan-Huelsen, Topogr. I 3 8. 615. 


I. Das Mausoleum des Augustus 3 


folger bestimmt wird. Nach seinem Tode im Jahre 23 findet er, obwohl 
ein Claudier, als erster seine Ruhestätte im Iuliergrab.') Und wie er 
sind auch seine Nachfolger im Mausoleum keine Iulier, im Jahre 12 
Agrippa®), im Jahre 9 Drusus.®) Besonders interessant ist der Um- 
stand, daß auch Agrippa im Augustusgrab Aufnahme findet.‘ Denn er, 
der eigentliche Kaisermacher des Prinzipates, der zweite Schwieger- 
sohn des Augustus und seit 18 v. Chr. auch Mitinhaber der tribuni- 
cia potestas, besaß, als er starb, ebenfalls sein eigenes Grab auf dem 
Marsfeld, und zwar im Süden desselben in der Nähe von Caesarg 
Iuliergrab.*) Dieses Grab dürfte wohl erst nach Agrippas Erhebung 
zum Mitregenten gebaut sein. Der Grund, weshalb Agrippa trotzdem 
im Mausoleum bestattet wird, kann nur der sein, daß die Söhne des 
Mitregenten und Schwiegersohnes unterdessen durch Adoption zu 
Söhnen des Augustus erhoben worden waren und daß man diese da- 
durch ehren will, daß man den leiblichen Vater in das Totenhaus der 
Iulier aufnimmt, wie bald danach Livia durch die Aufnahme des Drusus 
geehrt wird.°) 

Erst 30 Jahre nach der Erbauung des Mausoleums findet dann 
der erste Iulier sein Grab im Mausoleum: L. Iulius Caesar, der jüngere 
der beiden Enkel und Adoptivsöhne des Augustus. Nach zwei Jahren 
folgt ihm sein Bruder Gaius®), und zehn Jahre später wird der Schöpfer 


1) Verg. Aen. VI 873, Epicedion Drusi v. 6öff., Cassius Dio 53, 20, dazu 
Hirschfeld a. a. O. S. 452. 

2) Cassius Dio 54, 28. 

3) Cassius Dio 55, 2, Epicedion Drusi v. 161ff., Hirschfeld S.453; ungenau 
Suet. Claud. c. 1 und Tac. ann, III 5. 

4) Vgl. Cassius Dio 54, 28, wo erzählt wird, daß Agrippa im Mausoleum 
des Augustus beigesetzt worden sei, xeiroı Idıov dv ru Agsin nedin Aaßdra; 
über die Lage des Agrippa-Grabes vgl. Jordan-Huelsen, Topogr. 13 S. 572. Mit 
Recht bezieht Huelsen (Röm. Mitt. 18, 1903, 8. 50f.) die Erzählung des Sueton 
. (Aug. 97) von dem Prodigium beim letzten Census des Augustus 13 n. Chr, 
in der eine aedes Agrippae erwähnt wird, auf dieses Monument, das wohl, wenn 
es nach der Nichtbelegung in eine aedes umgewandelt werden konnte, kaum 
die Tumulusform wie das Augustusgrab, sondern die Tempelform gehabt hat. 
Über den Gebrauch von aedes für Grab vgl. Thes. 1. 1. I Sp. 911, 40 u. Sp. 915f. 

* 5) Hirschfeld a. a. O. S. 453. 

6) Daß Lucius und Gaius Usesar in das Iuliergrab des Augustus aufge- 
nommen worden sind, ist an und für sich selbstverständlich und wird noch 
durch die fasti Cuprenses (CIL I? 62, IX 5290) bestätigt, wo es von Gaius 
heißt: Romae iustit[ium indictum est], donec ossa eius in [malesole[um infer- 
rentur). Dem steht die Angabe Dios zum Jahre 217 gegenüber (78, 24, 3), 
wo von Iulia Domna erzählt wird: 76 re oäua abrng ds rip 'Phaunv dvaydtv Ev 
5 tod Talov vo ze Aovxiov uvjuerı xarerödn. Hieraus hatte Huelsen (Röm. 
Mitt. 18, 1908, S. 53) geschlossen, daß ein besonderes Grabmal des Gaius und 
Lucius vorhanden gewesen sei, das im südlichen Marsfeld gestanden habe. 
Später aber hat er sich der Ansicht Hirschfelds (Kl. Schriften 8. abbf., vgl. 





4 I. Das Mausoleum des Augustus 


des Baues endlich mit denen wieder vereinigt, die bestimmt gewesen 
waren, im Leben seine Nachfolger zu werden; und jetzt kann Strabo 
(V 236) die Worte niederschreiben: ünd d& & yapanı Hixeal slaıv 
aurod xal TÜV ovyyevüv xal oixelov. An der Art der Bestattung 
dieser Männer, die dem ersten Prinzeps im Leben am nächsten gestan- 
den hatten, kann man am ehesten erkennen, daß Augustus nicht nur 
eine Herrschaft seiner Persönlichkeit, sondern eine solche seines Ge- 
schlechtes im Auge gehabt hat. In diesem Monument sind somit die 
Hoffnungen der beabsichtigten römischen Erbmonarchie ganz wört- 
lich gesprochen zu Grabe getragen worden. Es ist nicht nur das Grab 
des ersten Kaisers und der Kaisererben, sondern auch das Grab des 
Erbkaisertums von Rom geworden. 

Wie sah das große Familiengrab der neuen Iulier aus? Wir gehen 
von der Beschreibung Strabos (V 236) aus: «dEioAoparerov db To 
MavowAsıov xuAodusvov, Eml vonnldog bumang AsvaoAldov moög To 
roTeuB au uEya, äygı xogvpig toig deıdaldsı Tüv ÖEvöonv avv- 
ngspeg' En’ ärgo ulv odv einmv Eorı yalnii od Zeßaorov Kaloapos, 
od Ö8 TO yayarı Hixal sioıv ahrod nal av Hvyysvöv nal oixslov, 
Önıodev Ö: ueya Öloog negindrovg davuasrodg Exov' Ev ufon Ö! To 
nedlo 6 Tijg xavorgag abrod nepißoAog zul oVrog Aldov Asvxod, KUxAD 
plv megınelusvov Eyov oLöngoOüVv megipoayun, Evrdg 0’ aiysipoıg 
Kardpvrog. 

Nach dieser Schilderung haben wir als Bestandteile der Gesamt- 
anlage zu unterscheiden: 1. das eigentliche Grabmonument, 2. eine 
große Parkanlage ringsum, die von vornherein dem öffentlichen Ge- 
brauch überlassen war (Sueton Aug. 100, 4 spricht von circumiectas 
silvas et ambulationes in usum populi), 3. das Krematorium. 


ebenda 8. 832 Anm. 3) angeschlossen, daß die Kaisersöhne „ein besonderes 
mit dem Hauptgrab in Verbindung stehendes Monument‘ gehabt hätten (Jor- 
dan-Huelsen, Topogr. 18 8. 615; vgl. dazu S. 617 mit Anm. 45), und zwar so, 
daß gelegentlich der Beisetzung der Domna das Augustusgrab selber geöffnet 
worden sein soll. Ich halte diese Ansicht für verfehlt. Bezüglich der Bei- 
setzung Domnas gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist sie in das alte 
Agrippa-Grab, die aedes Agrippae, gebracht worden, das nach dem Tode der 
Söhne Agrippas als Kenotaph (s.0. 8.3 A.4) auch monumentum Gai et Luci genannt 
wurde (so Gardthausen, Augustus II 3 8. 737), oder sie ist im nemus Caesarım 
beigesetzt worden, wo nach Cassius Dio 66, 25, 4 ein usmuslov vorhanden war, 
das schon Reimarus zu der Stelle mit dem uräue Talod al Aovxiov identi- 
fiziert hat; anders Huelsen a. a. O. 8. 665 Anm. 84, obwohl er selber ebenda 
S. 656 nachweist, daß Septimius Severus oder seine Angehörigen hier Besitzungen 
(horti Getae) gehabt haben. Daher ist mir dies die wahrscheinlichere Lösung. 
Auf alle Fälle halte ich es für ausgeschlossen, daß das Augustusgrab, in wel- 
chem seit Nerva keine Bestattung mehr stattgefunden hat, offenbar weil kein 
Platz mehr da war, der Domna wegen wieder geöffnet wurde. 


1. Das Mausoleum des Augustus 5 


Das eigentliche Grab war ein Rundbau von mächtigen Dimen- 
sionen. Was von dem Bau erhalten ist, stimmt zu der Beschreibung 
Strabos!): eine runde Substruktion von 88 m Durchmesser aus GuB- 
werk mit Retikulatverkleidung, das Äußere durch %wölf halbkreis- 
förmige Nischen gegliedert. Diese hohe Substruktion war nach Strabo 
mit weißen Steinen (Travertin)?) umkleidet. Über dem Steinfundament 
wölbte sich ein Hügel, der mit immergrünen Bäumen?) bepflanzt war, 
und auf der Spitze erhob sich die eherne Kolossalstatue Octavians. 
Der Erdhügel wurde getragen von zwei konzentrischen Mauerringen 
im Innern, die 45 und 25 m Durchmesser hatten und stellenweise bis 
zu 30 m Höhe erhalten sind. Das Gesamtgrab zerfiel entsprechend der 
äußeren Gliederung in zwölf Nischen in ebensoviel Kammern im 
_ Innern, die an der Peripherie des Baues angeordnet waren. Das Mo- 
nument, das im Mittelalter unter dem Namen mons Augustus, Augusta 
:oder l’Austa (Aosta) weiterbestanden hat, ist in einigermaßem intaktem 
Zustande noch vom Mirabilienschreiber im Anfang des 12. Jahrhun- 
derts gesehen worden. Er beschreibt es wie folgt: ad portam Flami- 
miam fecit Octavianus quoddam castellum, quod vocatur Augustum, ubi 
sepelirentur imperatores, quod tabulatum fuit diversis lapidibus, intus in 
girum est concavum per occultas vias. In inferiori giro sunt sepulture 
imperatorum; in unaquaque sepultura sunt littere ita dicentes: 'hec sunt 
ossa et cinis Nerve imperatoris et victoria quam fecit’ Ante quod 
stabat statua dei sui, sicut in aliis omnibus sepulchris, in medio sepul- 
chrorum est absida, ubi sedebat Octavianus ibique erant sacerdotes 
facientes suas cerimonias. Während Huelsen diesen Bericht für ganz 
phantastisch erklärt*), glaubt Hirschfeld mit Jordan, daß wir daraus 
einiges entnehmen dürfen°), vor allem, weil die Inschrift der Urne 
mit der Asche des Kaisers Nerva, der als letzter in dem Mausoleum 
beigesetzt worden ist, nicht allzu weit von dem Original sich entfernt.°) 


1) Vgl. zum Folgenden Jordan-Huelsen, Topogr. I 3 8. 619f. 

2) So Huelsen a.2. 0. 8.619; dagegen Richter, Topogr.? 8. 250; Altmann, 
Rundbauten S. 47; Gardthausen a. a. O. S. 980 nehmen eine Bekleidung aus 
Marmorquadern an. 

3) Die Bäume bezeichnet Gardthausen I 2 3. 980 als Zypressen, II 8 
8. 864 u. 865 dagegen als Pappeln. Strabo hebt nur hervor, daß es immer- 
grüne Pflanzen waren. Dadurch sind die Pappeln ausgeschlossen. Bemerkens- 
wert ist, daß das alte Königsgrab bei Vergil, Aen. XI 849ff. (Vorbild oder 
Nachahmung des Augustusgrabes, darüber unten S. 11 A. 4) mit Steineichen 
(ilex) bedeckt war. Vielleicht sind dies die immergrünen Bäume des Strabo. 

4) A.a. 0. 8. 616 A. 43 und 8. 618 A. 48. 

6) Kl. Schriften S. 456. : 

6) Alle Inschriften im Innern an den einzelnen Urnen waren offenbar in 
gleicher Fassung hergestellt. Die Inschrift auf der Urne des Tiberius (CIL 
VI 887 — Dessau I 164), die im Mittelalter allerdings bis zur Kirche 


6 . I. Das Mausoleum des Augustus 


Daß die in der Mitte gelegene Grabkammer des Augustus vor den 
andern irgendwie ausgezeichnet war, ist auch gar nicht so unwahr- 
scheinlich.!) In jener Zeit, der diese Beschreibung angehört, war das 
Grab von den Colonna zu einer Burg umgewandelt, wie das Grabmal 
Hadrians mit einer Kapelle des heiligen Michael auf der Spitze.) Den 
Untergang brachte dem Denkmal die Niederlage, die die Römer seitens 
der Tusculaner am 30. Mai 1167 erlitten. Die Sieger zerstörten das Ge- 
bäude so gründlich, daß seitdem das Innere unter freiem Himmel lag. 
Noch mancherlei Wandlungen hat es seitdem durchgemacht), bis es 
heute zum Theater- und Musiksaal geworden ist. Es ist eine der nicht 
erfüllten Pflichten des italienischen Staates, daß er noch immer nicht 
eine Ausgrabung und wo möglich eine Freilegung des heute in einem 
modernen Häuserblock vollständig eingebauten Denkmals vorgenommen 
hat. Man darf sich wohl der Hoffnung hingeben, daß dies doch noch 


8S. Apostoli verschleppt worden war, lautet: ossa | Ti. Caesaris divi Aug. f. | 
Augusti | pontificis maximi, | trib. pot. XXXIIX, imp. VIII, cos. V. Danach 
ist für die Inschrift Nervas folgender Text anzunehmen (Hirschfeld a. a. O. 
8. 465): ossa Imp. Caesaris Nervae Augusti Germanici pontificis maximi, trib. 
pot. III, imp. IL, cos. IIII, p. p. In den Worten et victoria quam fecit sieht 
Hirschfeld eine mißverstandene Erklärung des Namens Germanicus; möglich 
wäre auch, daß der Satz aus dem vielleicht am Schluß nur noch lesbaren 
imp. II herausgesponnen ist. 

1) Wenn Huelsen sagt (a. a. O.): „Die Existenz einer zentralen Grab- 
kammer ist nicht nachzuweisen und an sich unwahrscheinlich‘, so geht er über 
das hinaus, was Hirschfeld im Auge hatte, der das Augustusgrab nur „in der 
Mitte der übrigen Grabkammern annimmt“, also wohl, wenn ich ihn recht ver- 
stehe, in der Reihe der anderen Nischen und wohl nur dadurch ausgezeichnet, 
daß es etwa gegenüber dem Haupteingange des Monumentes lag. Dazu paßt 
auch die Apsis, die der Mirabilienschreiber für dieses Grab erwähnt. 

2) Vgl. Fr. Cerasoli, Documenti inediti medievali circa le terme di Diocle- 
ziano ed il mausoleo di Augusto (Bull. com. di Roma 23, 1895, 8. 301—308) 
und Francesco Sabatini, I! Mausoleo di Augusto in des Verfassers Monumenti 
e reliquie medievali della citta e prov. di Roma I 4, 1907 (eine mehr populär 
gehaltene Schrift, die vor allem das Schicksal des Monumentes im Mittelalter 
verfolgt), S. 13 f. 

3) Die eingehendste Schilderung der Schicksale des Baues bei Fr. Saba- 
tini a.a. O0. 8. 13. Im Oktober 1354 ist Cola di Rienzis Leiche in dem Bau 
verbrannt worden. Goethe schreibt in der italienischen Reise zum 16. Juli 
1787: „Heute war Tierhetze in dem Grabmal des Augustus. Dieses große, in- 
wendig leere, oben offene, ganz runde Gebäude ist jetzt zu einem Kampfplatz, 
zu einer Ochsenhetze eingerichtet, wie eine Art Amphitheater. Es wird 
4—5000 Menschen fassen können. Das Schauspiel selbst hat mich nicht er- 
baut.“ Eine Reproduktion der Abbildung, die Stefano du Perac auf der 
36. Tafel seines Werkes I vestigi dell’ antichitü di Roma (Rom 1575, Neudruck 
von 1621) gegeben hatte, findet man bei R. Kekule von Stradonitz, Uber Copien 
einer Frauenstatue aus der Zeit des Phidias, 57. Winckelmannsprogramm (Berlin 
1897) S. 3, dazu die Anmerkung 8. 31f. Auch hier sieht man die oben offene 
Rundung und in der Rundung einen Garten mit ein paar Statuen darin, dem 
Eingang gegenüber eine Apsis mit einer Statue (s. dazu oben Anm. 1). 


I. Das Mausoleum des Augustus 7 


einmal geschehen wird; dann wird wohl auch die wichtige Frage, wie 
der Eingang des Denkmals gestaltet war, gelöst werden. Derselbe lag 
nach Süden gegen die Stadt hinter der Kirche 8. Rocco. Die Existenz 
einer Vorhalle vor dem Eingangsportal wird von den besten Kennern 
bestritten.!) Die zwei Obelisken vor dem Eingang des Baues werden 
erst von Ammianus Marcellinus XVII 4, 16 und im Breviarium der 
Notitia?) erwähnt®). Dagegen fehlt jeglicher Hinweis darauf sowohl 
in der ausführlichen’ Beschreibung des Monuments bei Strabo (V 236) 
wie bei Plinius, Nat. Hist. XXX VI 70—74, wo er von den Obelisken 
in Rom spricht. Es ist daher mit Recht die Vermutung ausgesprochen 
worden, daß die Obelisken an dieser Stelle ‘nicht von vornherein ge- 
standen haben‘), sondern die Zutat eines späteren Kaisers, wahrschein- 
lich vom Ende des ersten Jahrhunderts?), sind. Ist das der Fall, dann 
wird die unten zu begründende Ansicht, daß der Tatenbericht des 
Kaisers nach dessen Tod auf zwei freistehenden Pfeilern vor dem Ein- 
gang des Gebäudes angebracht wurde, leichter verständlich, als wenn 
von vornherein schon die zwei Obelisken dort gestanden hätten. 
Wir wenden uns zu dem zweiten Teil der augustischen Anlage 
im Norden des Marsfeldes, den öffentlichen Garten- oder Parkanlagen 
um das Mausoleum herum. Gardthausen erweckt hier ganz falsche 
Vorstellungen, wenn er schreibt: „Ein kleines Wäldchen, das Augustus 
schon früh dem Publikum geöffnet hatte, umfaßte die ganze Anlage 
und trennte sie vom eigentlichen Marsfelde.“ Sowohl Strabos wie 
Suetons Beschreibung (s. o. S.4) sagen, was den Umfang betrifft, 


1) Huelsen a. a. O. S. 619 Anm. 51; anders die älteren, z. T. sehr phen- 
tastischen Rekonstruktionsversuche und Gardthausen, Augustus I 3 S. 1278. 

2) Jordan, Topogr. IL S. 565; Richter, Topogr.? 8. 377. 

3) Sie sind im Jahre 1587 bzw. 1781 fortgebracht worden: der eine steht 
heute vor S. Maria Maggiore, der andere auf dem Quirinal zwischen den beiden 
Rossebändigern. 

4) So richtig Richter, Topogr.? S. 250 („ungewiß seit wann, aber jeden- 
falls erst seit Augustus’ Tode errichtet“) und 8. 877: „wann sie vor dem Mau- 
soleum errichtet wurden, ist nicht bekannt, jedenfalls geschah es aber noch 
im ersten Jahrh. n. Chr., solange das Mausoleum in Gebrauch blieb“. Die 
Schlüsse, die Thiersch, Archäolog. Jahrb. 25 (1910) 8.88 aus der Existenz 
dieser Obelisken, die er offenbar mit dem Bauwerk zusammen aufgestellt sich 
denkt, gezogen hat, sind also hinfällig. Auch die Pyramide in der Nähe hat 
mit dem Mausoleum so wenig etwas zu tun, wie diejenige beim Mausoleum 
Hadriani: Richter, Topogr.* S. 280. i 

6) Fr. Sabatini a. a. O0. S. 6 denkt, Marucchi folgend, an Domitian. Ob 
aber der Erbauer des templum gentis Flavise noch so viel Interesse für die 
Grabstätte des iulisch-claudischen Hauses hatte? Zu erwägen bliebe doch 
auch noch, ob nicht nach der Schließung des Grabes (letzte Beisetzung die- 
jenige des Nerva), also etwa im Beginn der traianischen Regierung, dem Bau 
dieser Schmuck verliehen wurde. Seit jener Zeit hatte die Aufsicht über das 
Grab ein kaiserlicher Prokurator, vgl. CIL VI 8686 = Dessau I 1577. 


8 I. Das Mausoleum des Augustus 


genau das Gegenteil; Strabo spricht von einem ueya &Aoog megındrovg 
Yavunorovog Erov und Sueton bedient sich wenigstens des Plurals 
(silvae ei ambulationes). Man hat es also, italienisch gesprochen, mit 
einem giardino pubblico großen Stils zu tun, der sich vor allem von 
der Rückseite des Mausoleums (Strabo: örıo®ev) in der Richtung nach 
der Piazza del Popolo im Norden erstreckte, also zum mindesten das 
Gebiet zwischen Tiber und Corso nach dem genannten Platz hin um- 
faßte), vielleicht sogar noch über den Corso hinüber bis zum Fuße 
des Pincio sich erstreckte. Für die letztere Annahme spricht die Be- 
stimmung des zu der Anlage gehörigen Ustrinums bei Strabo als 
dv ufoo co meölm gelegen. Mit anderen Worten: die heutigen Pin- 
eioanlagen haben ihre antiken Vorgängerinnen an der Stelle des am 
Fuße des Berges gelegenen Stadtteiles. Sabatini erinnert an’den Namen 
der kleinen Kirche S. Maria in porta Paradisi an der Via Ripetta 
nördlich vom Mausoleum und an andere Namen in diesem Stadtteil, 
die die Erinnerung an den ehemaligen Volksgarten in dieser Gegend 
wacherhalten haben.?) 

Um zum Schluß noch ein Wort über das Ustrinum zu sagen, 
so wird dasselbe entsprechend der Angabe des Strabo &v ufen zö 
reölo Östlich vom Mausoleum nahe der Via Flaminia (Corso) lokali- 
siert. Huelsen (S. 620) bemerkt darüber: „Ausgrabungen im Jahre 
1777 haben unter dem Eckhaus des Corso und der Via degli. Otto 
Cantoni eine Anzahl von Travertincippen zu Tage gefördert, welche 
teils angeben, daß mehrere jung gestorbene Kinder des Germanicus 
‘hier verbrannt’ (also wohl. im Mausoleum beigesetzt)°) seien, teils daß 
Angehörige des flavischen Kaiserhauses ‘hier ruhen’“. Über die bau- 
liche Anlage sind wir nur durch Strabos Bericht (s. o. S. 4) unter- 
richtet. Als heiliger Bezirk war er aus dem umliegenden Park durch 
eine viereckige Mauer, die ebenfalls wie das Mausoleum mit weißem 
Stein (Travertin) bekleidet war, herausgeschnitten. Der eigentliche 
Platz für den Scheiterhaufen in der Mitte (von runder Gestalt) war 
von einem Eisengeländer umgeben, ringsherum, d. h. zwischen der 
Umfassungsmauer und dem Geländer, waren Pappeln angepflanzt. 


1) Huelsen a. a. O. $. 621 macht darauf aufmerksam, daß das große drei- 
eckige Gebiet zwischen Via dei Pontefici, Corso und Via Ripetta von antiken 
Funden so gut wie leer ist. Die Via Ripetta folgt annähernd einer antiken 
Straße. Lanciani (Forma urbis Romae Taf. 8) hat die suetonischen Worte 
silvae et ambulationes in das Gebiet zwischen Via dei Pontefici und Visa della 
Frezza eingetragen. 

2) A.a.0. 8.6. Vorbild war das Kyrosgrab, s. am Schluß Exkurs I. 

3) Die Worte in den Klammern sind wohl besser zu streichen. Die Kin- 
der sind wahrscheinlich an Ort und Stelle beigesetzt worden. 


I. Das Mausoleum des Augustus 9 


Zur Beantwortung der Frage, nach welchem Vorbild Augustus 
diese Anlage geschaffen hat, sind von archäologischer Seite zwei An- 
sichten geäußert worden. Thiersch hat auf die alexandrinische Königs- 
nekropole als Vorbild hingewiesen!), insonderheit auf das gewaltige 
Mausoleum, Sema genannt, das Philopator nach Thiersch in Tumulus- 
form für die Mumie Alexanders und die Urnen der ersten Ptolemäer 
inmitten großer Parkanlagen, wie sie sich „aus den natürlichen Hainen 
um die Gräber der Heroen entwickelten“, errichtet hatte.?) Altmann 
dagegen läßt den archaisierenden Augustus auf das altitalische Grab 
in Tumulusform zurückgreifen®), das vorzeiten auch die Etrusker 
rezipiert und architektonisch ausgestaltet hatten.*) Die Wahrheit liegt 
in der Mitte. Thiersch faßt alle Kaisergräber in Rom, nicht nur das 
iulische des Augustus, sondern auch das flavische des Domitian (tem- 
plum gentis Flaviae), von dessen Aussehen wir, nebenbei bemerkt, gar 
keine Vorstellung haben, da es spurlos verschwunden ist®), und das 
Hadriansgrab (Engelsburg) als Nachahmungen des von Philopator 
erbauten alexandrinischen Mausoleums auf. Dem gegenüber ist darauf 
hinzuweisen, daß der hadrianische Bau viel näher als dem tumulus 
Juliorum einem anderen erhaltenen Grabmal steht, nämlich dem heute 
„Grab der Christin“ (bei den Arabern Kbour-el-Roumia) genannten 
Monument, das auf einer Anhöhe nahe dem Meer zwischen Tipasa 
und Caesarea (Cherchel) in Algier sich erhebt.°) Beide haben im 





1) Archäolog. Jahrbuch XXV, 1910, 8. 88. Dieselbe Ansicht habe ich früher 
(Neue Jahrbb. f. das klass. Alterlum Il, 1899, 8. 122) vertreten; vgl. auch 
Hirschfeld, Ki. Schr. 8. 449. 

2) Über das Sema des Philopator vgl. Thiersch ebenda S.65 und 8. 68ff., 
an letzterer Stelle unter Heranziehung von Lucian, Phars. VIII 694 ff., besonders 
der Worte exstructo monte (v. 695), über die Parkanlagen S. 86f., sowie unten 
Exkurs I. 

3) Walter Altmann, Die italischen Rundbauten, Berlin 1906, S. 46; ebenso 
Gardthausen I 2 S. 980: „Hier baute er sich ein Grabmal, dessen Vorbilder 
nicht in dem hellenistischen Osten, sondern in den entsprechenden Anlagen 
der altitalischen Völker zu suchen sind“ und noch einmal II® S. 864f.: „viel 
wahrscheinlicher scheint es mir, daß die Architekten des Augustus vom ita- 
lischen tumulus ausgingen“. 

4) Vgl. Gardthausen an den in der vorhergehenden Anm. zitierten Stellen 
und G. Körte im Artikel Etrusker bei Pauly-Wissowa VI Sp. 740f.; dazu jetzt 
die Ergebnisse der Ausgrabungen Mengarellis in Caere. 

6) Vgl. Jordan-Huelsen, Topogr. I 3 8. 425f. 

6) St. Gsell, Les monuments antiques de V Afrique I, Paris 1901, 8. 69 ff. 
mit Abbildungen; G. Boissier, L’Afrique Romaine, 5. Aufl., Paris 1912, 8. 29; 
Adolf Schulten, Das römische Afrika, Leipzig 1899, 8. 18f.; Walter Thieling, 
Der Hellenismus in Kleinafrika, Leipzig (Teubner) 1911, 8. 186f. Das Denk- 
mal hat auch Vorbilder in den einheimischen Rundgräbern, deren vornehmster 
Vertreter der sog. Medrasen in der Nähe von Souana, südlich von Cirta, eben- 
fells ein Fürstengrab, ist. Schon Gsell macht mit Recht auf den einheimisch- 


10 1. Das Mausoleum des Augustus 


Gegensatz zum Augustusgrab einen quadratischen Unterbau, darüber 
erst baut sich der Rundbau, der die Grabkammer in der Mitte birgt, 
auf, mit einem Durchmesser (in beiden Fällen) von 64 m.!) 
Die afrikanische Rotunde ist mit einem Kranz von 60 Halbsäulen um- 
geben®), und etwas Ähnliches wird für das Hadriansgrab vermutet.®) 
„In seinem Innern aber führt sanft ansteigend und genau, wie es Strabo 
für das (alexandrinische) Paneion beschreibt und wie es am römischen 
Mausoleum Hadrians noch heute erhalten ist, dı@ xoyAlov, d. i. 
‘schneckenartig’ ein enger Korridor zu der genau in der Mitte... 
ausgesparten Grabkammer.“*) Mit großer Wahrscheinlichkeit nun wird 
das afrikanische Bauwerk mit dem von Pomponius Mela°) erwähnten 
monumentum commune regiae gentis identifiziert und Juba II. von Mau- 
retanien, dem Zeitgenossen und Freunde des Augustus, als Erbauer 
zugewiesen.®°) Dieser mauretanische Fürst aber war mit Kleopatra 
Selene, der Tochter des Antonius und der Kleopatra, also der „letzten 
Ptolemäerin“, vermählt. Was liegt näher als die Annahme, daß wir 
in dem afrikanischen Monument die erste große Nachahmung des Sema 
von Alexandrien vor Augen haben wie im Hadriansgrab, der Ruhe- 
stätte des großen Ägyptophilen auf dem römischen Kaiserthrone, die 
zweite? Gegenüber dieser Entwicklungsreihe, die also das Alexander- 
und Ptolemäergrab des Philopator in Alexandreia in mehr oder weniger 
getreuen Kopien aufweist, bietet der tumulus Iuliorum mancherlei Be- 
sonderheiten, die ich als den italischen Einschlag bezeichnen möchte. 
Die Gesamitanlage, besonders der große Park hinter dem Monument, 
der Vorläufer der heutigen Pineioanlagen in der Ebene, vielleicht auch 
das Krematorium”), sind möglicherweise Anlehnungen an das, was 
Octavian in Alexandreia kurz vorher gesehen hatte, und was dort als 
'eine Kombination des heiligen Haines um das altgriechische Heroen- 
heiligtum®) mit der Pracht der Luxusgärten der orientalischen und 


hellenistischen Mischcharakter der Anlage aufmerksam, hat jedoch den alexan- 
drinischen Einschlag, auf den Thiersch hinweist, unterschätzt. 

1) Für das afrikanische Grab vgl. Gsell a. a. O. S. 69, für das Hadrians- 
grab O. Richter, Topographie der Stadt Rom? 8. 279. 

2) Gsell a. a. O. 8. 69f. 

3) Gliederung durch Pilaster, vgl. Huelsen, Röm. Mitteilungen VI, 1891, 
S. 189, nebst dem Rekonstruktionsversuch Borgattis dortselbst (wiederholt bei 
Richter, Topogr.? 8. 278), abgelehnt durch Furtwängler, Münch. Sitz.-Ber. 1904, 
8. 409), dazu Jordan-Huelsen, Topogr. I 8 S. 667 Anm. 117. 

4) Thiersch, Archäolog. Jahrb. XXV 8. 89, vgl. die Abbildung bei Gsell 
8. 8. 0. 8. 70. 5) De chorogr. I 6, 31. . 

6) Gsell a. a. O. 8. 73f.;, Thiersch a. a. O. S. 89 f. 

7) Thiersch a. a. O. S. 88 f. 

8) Vgl. die Schilderung des Protesilaos-Grabes in Elaius auf der thrakischen 
Chersones bei Herodot IX 116: &» y&o ’Eiusobvrı zig KXeggovijoov &orl IIpwre- 


J. Das Mausoleum des Augustus 11 


hellenistischen Könige (nao«dsı60:)!) aufgefaßt werden muß. Das 
Rundgrab selber dagegen ist, wenn auch möglicherweise einzelnes in 
der Innenanlage ebenfalls noch dem großen alexandrinischen Muster 
entnommen ist?), in der Hauptsache doch italischen Vorbildern ent- 
lehnt. Hierher möchte ich vor allem das Fehlen der quadratischen Basis, 
den Unterbau des Tumulus vermittels konzentrischer Mauerringe, die 
Erdaufschüttung auf dem Dache und die Bepflanzung desselben bis 
zur Spitze hinauf mit immergrünen Bäumen rechnen.?) Denn nur das 
alte Königsgrab, das uns Vergil, Aen. XI 849 ff. beschreibt, zeigt diese 
letztere Eigentümlichkeit?), die wir bis jetzt bei keinem griechischen 
Grab und keiner Anlage des Ostens nachzuweisen vermögen.) End- 
lich weist in der gleichen Richtung die offizielle Bezeichnung des 
Grabes als tummlus Iuliorum.®) Auf keinen Fall ist das gewaltige 
Rundgrab bei der Existenz so vieler Tumuli auf italischer Erde aus 
alter Zeit”) vom Volk als etwas Importiertes empfunden worden, und 


Gilsm ta&pog te nal r£Eusvog megl aördv mit einem Heiligtum (isedv), Thu- 
kyd. VIII 102, 3; über die Ulmen dieses v£usvog Plinius Nat. Hist. XV1238, dazu 
Türk bei Roscher, Lexikon IlI Sp. 8164f. oder die Schilderung des Diomedes- 
Grabes auf einer der Tremiti-Inseln gegenüber dem Garganus bei Plinius Nat. 
Hist. X 126f. (tumulus atque delubrum) mit Platanen im r&usvog: Plinius ebenda 
XIl 6, dazu Maximilian Mayer, Apulien, Leipzig (Teubner) 1914, S.40 u. 8.401. 
Wenn der ausgezeichnete Forscher, der unser Wissen über den Süden Alt- 
italiens so ungemein bereichert hat, an der zweiten Stelle nicht nur von 
Bäumen neben, sondern auch auf dem Grabhügel vermutungsweise spricht, 
so liegt für diese Vermutung in den Quellen kein Anhalt vor. 

1) Dazu Marie Gothein, Der griech. Garten, Athen. Mitt. 34, 1909, 8. 182 ff.; 
Michael Rostowzew, Hellenistisch-römische Architekturlandschaft, Röm. Mitt. 26, 
1911, S. 48, sowie unten Exkurs I. 

2) Darauf legt Thiersch (S. 88f.) besonderen Wert, ebenso beim Mauso- 
leum Hadrians $. 87, dazu Hirschfeld a. a. O. 8. 465. 

3) Ich betone nochmals, nicht das Rundgrab als solches, sondern in der 
bestimmten oben gekennzeichneten Form sehe ich als italische Eigentümlich- 
keit an. Das Rundgrab begegnet auch außerhalb Italiens, z. B. in Mitteleuropa, 
in Nordafrika und, was den Osten betrifft, im ganzen makedonisch-thrakisch- 
phrygischen Kulturkreis, wo zahlreiche Fürstengräber, die Tumuli der Mer- 
mnaden bei Sardes, die Attalidengräber bei Pergamon, das Grab der Skythen- 
fürsten in Südrußland u. a. m. zu nennen sind, vgl. F. Adler, Zeitschrift für 
Bauwesen 50 (1900) Sp. 4 und 19. 

4) Fuit ingens monte sub alto | regis Dercenni terreno ex aggere bustum | an- 
tiqui Laurentis opacagque ilice tectum. Das Zeugnis verliert seinen Wert, 
wenn Vergil hier das Augustusgrab, was nicht unmöglich ist, vor Augen hat. 
Über die Frage nach der Baumart des Augustusgrabes, die vielleicht von hier 
aus gelöst werden kann, vgl. oben S. 5 Anm. 3. 

6) Die entgegenstehende Ansicht von Mayer, Apulien S. 401 (s. S. 10 
Anm. 8) hat keine Stütze in den Quellen. 

6) 8. oben 8.2 mit Anm. 2. Die Bezeichnung Mausoleum ist eine über- 
tragene, vgl. Strabo V p. 236: zö MavoaAsıov nalodusvonr, 

7) M. Mayer, Apulien 8. 40. 


12 II. Die Aufstellung des Tatenberichts vor dem Mausoleum 


von Octavian, der eben aus Ägypten als Sieger über die Könige des 
Ostens heimgekehrt war, wäre es nicht klug gewesen, ein Königsgrab 
in getreuer Nachahmung des alexandrinischen den Römern vor Augen 
zu stellen. Dafür spricht auch nicht der Inhalt des „Urmonuments“, 
das, wie wir im dritten Abschnitt?!) zeigen werden, gleichzeitig mit 
dem Bau des Mausoleums entstanden ist. Der Sieger von Actium, der 
dort in aller Kürze seine Taten und die vom Senat und Volk ihm er- 
wiesenen Ehren schildert, ist kein orientalischer Sultan, wie sein 
Gegner Antonius, sondern ein römischer Bürger, der die Hauptstadt, 
Italien und den Westen gegenüber der ptolemäischen Königspolitik 
verteidigt hatte. Während Antonius im letzten „Königsgrab“ auf 
ägyptischer Erde, demjenigen seiner Gemahlin Kleopatra?), bestattet 
worden war, und während seine Tochter bzw. deren Gemahl auf afri- 
kanischer Erde ein Königsgrab nach alexandrinischem Muster baute, 
errichtet sich der Sieger von Actium in Rom ein Familiengrab in 
heimischer Form, das er aber mit dem umgebenden Park „zu einem 
öffentlichen Denkmal und zu einem Prachtbau“ gestaltet, „von dessen 
Großartigkeit uns Strabos kurze Schilderung wie die noch erhaltenen 
Ruinen Zeugnis ablegen“.®) 


IL. DIE AUFSTELLUNG DES TATENBERICHTS 
VOR DEM MAUSOLEUM‘) 


Die entscheidenden Stellen über die Art der Aufstellung des 
Tatenberichts vor dem Mausoleum lauten: 

Überschrift der Ancyraner Kopie: Rerum gestarum divi Augusti 
ER incisarum in duabus aheneis pilis, quae sunt Romae positae; 

Sueton, Aug. 101, 4: indicem rerum a se gestarum, quem vellet 
incidi in aeneis tabulis, quae ante Mausoleum statuerentur; 

Cassius Dio 56, 33: z& &oya & Engabe ndvre, & xal &g yaixäg 
SrijAug noög To Hom@ abroü oradeisug dvaypapijvaı Euelevse. 

1) S. unten $, 28 ff. 

2) Auch das Kleopatra-Grab war ein Teil der alexandrinischen Königs- 
nekropole (so richtig Thiersch a. a. O. 8.59); über den Bau ebenda 8. 66: „Die 
gelegentlichen Bemerkungen Plutarchs über das Mausoleum der Kleopatra sind 
so anschaulich, daß man sieht, es handelte sich hier um einen wenigstens zwei- 
stöckigen Fassadenbau von einer Gliederung und Pracht, wie sie heute noch 
die mir immer als alexandrinisch erschienenen schönsten Felsfassaden von 
Petra reflektieren.“ 

3) Hirschfeld a. a. O. S. 449. 

4) Vgl. zum Folgenden meine Ausführungen in Klio XIV, 1914, 8. 377—380. 


"1. Die Aufstellung des Tatenberichts vor dem Mausoleum 13 


Auf diesen Quellenstellen ruht die herrschende Ansicht der Neue- 
ren, die am eingehendsten H. Nissen begründet hat!), wonach der 
augustische Tatenbericht am kaiserlichen Mausoleum selber und zwar 
“ zu beiden Seiten der Eingangstür angebracht gewesen sei. Der ge- 
nannte Forscher faßt seine Ansicht folgendermaßen zusammen: „Beide 
Angaben (des Sueton und der Ancyraner Kopie) lassen sich unge- 
zwungen dahin vereinigen, daß es nicht freistehende, sondern flach an 
die Wand gelehnte Stelen gewesen sind. Aber merkwürdigerweise 
war der einheitliche untrennbare Inhalt auf zwei Stelen verteilt, wäh- 
rend man doch ebensogut durch Wahl einer breiteren Stele mit zwei 
Schriftkolumnen allen Anforderungen an Raum, Lesbarkeit und Zu- 
sammengehörigkeit hätte genügen können. Ohne Zweifel haben die 
beiden Erzpfeiler eine Stelle eingenommen, welche sie als engverbun- 
dene Hälften eines Ganzen sofort erkennbar macht. Das Mausoleum 
bot einen einzigen hierfür geeigneten Ort, zugleich den ausgezeich- 
netsten am ganzen Gebäude, nämlich den Eingang.“ Diese Ansicht 
teilen, um nur die hervorragendsten Forscher zu nennen, Th. Momm- 
sen?), Otto Hirschfeld®), E.Bormann*), Joh. Schmidt.) Ihr hat Gardt- 
hausen eine andere gegenübergestellt®), die sich von dem, was die 
Quellen aussagen, noch weiter entfernt. Er bietet folgende Phanta- 
sien: „Zwischen dem Wäldchen (er meint damit die großartigen Park- 
anlagen rings um das Grabmal [s. darüber oben S. 7]) und dem Mau- 
soleum erhob sich eine Ringmauer, die nur gegen die Stadt hin einen 
Eingang mit zwei Erzpfeilern hatte. Auf den breiten Binnenflächen 
dieser beiden Eingangspfeiler hatte der Kaiser Augustus sich und 
seiner Regierung ein Denkmal gesetzt, wie es nur sehr wenige Herr- 
scher besitzen und das an geschichtlichem Wert alle anderen Zeug- 
nisse weit übertrifft; hier sah man einst die Königin aller Inschriften 
den Index rerum gestarum Divi Augusti“. In einer Anmerkung hierzu 
(I S. 874£.) muß der Forscher aber selber zugeben: „Von der Ring- 
mauer (um das Grabmal) ist allerdings nichts gesagt und nichts er- 
halten. Allein das Grab mußte von dem Wäldchen mit seinen Spazier- 
gängen durch eine Mauer, die ich mir ebenfalls kreisförmig denke, 
getrennt sein. Ein durchsichtiges Geländer, wie die Rekonstruktionen 
eg zeigen, genügte nicht für den Ernst eines Grabmals. Die Inschrift 
war nach Sueton vor, nach Cassius Dio am Grabmal des Augustus an- 


1) Rhein. Mus. 41, 1886, 8. 483 f. 

2) Res gestae p. IX und Ges. Schr. IV8. 249. 3) Kleine Schriften 8. 456 f. 
4) Zeitschr. f. d. Gymn.- Wesen 60 (1896) S. 531 Anm. 1. 

5) Philologus 45 (1886) 8. 403. 

6) Augustus 1 8. 1279 £., II 8. 874f. 


Kornemann, Mausoleum des Augustus 2 


14 II. Die Aufstellung des Tatenberichts vor dem Mausoleum 


gebracht. Beides ist richtig; sie war in Erztafeln eingegraben an den 
beiden vorspringenden Pfeilern der Umfassungsmauer, welche den Ein- 
gang flankierten.... Man kann die Umfassungsmauer dem Grabmal 
entgegensetzen, oder sie als einen Teil desselben betrachten.“ 

Alle diese Aufstellungen der Neueren sind falsch. Wir müssen 
zu den Quellen zurückkehren, um das Richtige zu finden. Sueton sagt, 
daß die aeneae tabulae vor dem Mausoleum aufgestellt waren. Der 
dionische Bericht, der nicht aus Sueton selbst!), sondern höchstens aus 
derselben Quelle, wahrscheinlich dem Testament des Augustus, stammt ?), 
unterscheidet sich in zwei Punkten von demjenigen des Biographen: er 
nennt 1) Stelen statt der Tafeln als Träger der Inschrift und läßt 2) die 
Inschriftstelen aufgestellt sein mgög r& 7oww. Diese Worte können 
sehr wohl „am Heroon“ bedeuten?°), geradesogut aber auch „bei“, „vor“ 
oder „in der Nähe des Heroons“. Welche der beiden möglichen 
Interpretationen die richtige ist, wird durch die Überschrift der An- 
cyraner Kopie entschieden. Hier wird das Mausoleum überhaupt nicht 
erwähnt, wir erfahren vielmehr, daß die zwei Inschriftstelen des Ori- 
ginals (die Zahl wird nur hier angegeben) in Rom aufgestellt waren, 
eine Ausdrucksweise, die doch eigentlich nur die Deutung zuläßt, daß 
die Stelen frei in der Erde standen, und zwar, wenn man nun hiermit 
die Schriftstellerzeugnisse kombiniert, vor dem Mausoleum, etwa einige 
Schritte vor dem Eingang, so daß der zur Tür des Mausoleums Hin- 
gehende zwischen den beiden Pfeilern hindurchschritt. Eine allge- 
meine Erwägung, daß es so und nicht anders gewesen sein kann, soll 
diese Interpretation noch stützen. Wir haben im ersten Teil gesehen, 
daß das Mausoleum schon im Jahre 28 v. Chr. fertig erbaut worden 
ist. Der Prinzeps, der die Veröffentlichung des Berichtes erst im Testa- 
ment anordnete, hätte, die Richtigkeit der Nissenschen Ansicht voraus- 
. gesetzt, die Anbringung der großen Inschriftenpfeiler an dem schon 
bestehenden Gebäude befohlen, was ohne Eingriffe in die Architektur 
wohl kaum möglich gewesen wäre.t) Wieviel einfacher war es, be- 
sondere Stelen zur Aufnahme des Berichts vor dem Gebäude ins Auge 
zu fassen. 

1) Anders Mommsen, Res gestae’, Kommentar S. 1; Hirschfeld, KT. Schr. 
S. 881; Nissen, Rh. Mus. 41 8. 481. Dio hat auch insofern ein Plus, als er 
von vier, Sueton nur von drei (mandata de funere suo, index rerum gestarum, 
breviarium totius impersi) im Nachlaß des Augustus gefundenen Urkunden redet. 
Was Dio als viertes Dokument aufführt, sind Ermahnungen an Tiberius über die 
künftige Regierung des Reiches. 

2) Joh. Schmidt, Philol. 46, 1886, 8. 403. 

3) So Nissen, Rh. Mus. 41 S. 482 und 488. 

4) Zumpt, Caesaris Augusti index S. 88, hatte hieran auch schon Anstoß 
genommen. 


U. Die Aufstellung des Tatenberichts vor dem Mausoleum 15 


Dasselbe Problem, das ich seither quellenkritisch zu lösen ver- 
sucht habe, ist von F. Koepp vom archäologischen Standpunkt aus 
angefaßt worden.!) Die Kopie von Ancyra ist bekanntlich auf den 
beiden vorspringenden Anten im Pronaos des dortigen Augusteums 
angebracht und zwar in je drei Kolumnen gegliedert. Der in den Pro- 
naos Eintretende mußte sich, wenn er die Inschrift lesen wollte, zu- 
nächst nach links wenden, dann kehrt machen und vor die gegenüber- 
liegende Seite treten. Die Verteilung auf die sechs Kolumnen ist 
höchst ungeschickt. Auf der linken Seite ist über die drei Kolumnen 
hinweg die weitschweifige Überschrift der Kopie geschrieben, und die 
darunter stehenden Kolumnen umfassen 46 + 46 + 43 = 135 Zeilen, 
die gegenüber angebrachten drei Kolumnen dagegen 54 + 54 + 28 
— 136 Zeilen. Demgegenüber sollte man links eine Verteilung 45: 
45:45 und rechts eine solche 46:45:45 erwarten. Die unsymme- 
trische Kolumnengliederung fällt offenbar dem Hersteller der ancyra- 
nischen Kopie zur Last. Das Schlimmste daran ist, daß die letzte Ko- 
lumne nur etwa zur Hälfte gefüllt ist und daß man auf den leeren 
Raum noch eine dem Original sicher fremde Zusammenfassung der 
wichtigsten impensae gesetzt hat, die nur 15 Zeilen groß ist und somit 
zur völligen Ausfüllung des Raumes auch noch nicht genügt. Was 
aber dem Ancyraner Steinmetzen nicht aufs Konto zu setzen ist, dürfte 
wohl die fast völlige Gleichzahl der Zeilensumme links (135) und der- 
jenigen rechts (136) sein, zumal mit der ersten Zeile der rechten Hälfte 
auch ein neues Kapitel (c. 19) beginnt, so daß c. 1—18 links, c. 19 
bis 35 rechts stehen. Wie ein Schüler Koepps, Klaeyle, gesehen hat, 
scheint diese Zerteilung durch die Anbringung des Originals auf zwei 
Pfeilern bedingt zu sein, wobei möglicherweise die eine fehlende Zeile 
links von der kurzen Überschrift des Originals Res gestae Divi Augusti 
ausgefüllt war.°) Das ergab Pfeiler, bei denen — nach der Kopie 
von Ancyra berechnet — die Breite allein schon des Inschriftfeldes 
zur Höhe sich verhielt wie 1:5"/,. Bei diesem Tatbestand glaubte 
Koepp zunächst nicht an freistehende Pfeiler, sondern fühlte sich zu 
der von Nissen vertretenen Ansicht hingedrängt, „daß mit den Erz- 
platten die Türpfosten des Mausoleums verkleidet gewesen seien“. Zur 
Stütze seiner Ansicht fügt er noch hinzu: „Der Ausdruck des Sueton 
und des Dio schien eine solche Annahme nicht auszuschließen, und 
die enge Zusammengehörigkeit der beiden Pfeiler, die durch die Art 
der Verteilung der Inschrift bezeugt ward, schien geradezu für eine 
architektonische Verbindung zu sprechen.“ 

1) Röm. Mitt. XIX, 1904, 8. 51ff. 2) So. ebenfalls, wenn auch zweifelnd 


Koepp 2. 8.0. 8. 57, dazu Klio V 8. 382 Anm. 2. 
2” 


16 It. Die Aufstellung des Tatenberichts vor dem Mausoleum 


Demgegenüber hat Huelsen!) zum ersten Male mit Recht auf die 
. Notwendigkeit hingewiesen, sich nach einer Analogie umzusehen, und 

diese in den großen Pfeilern gefunden, die die acia ludorum saecula- 
rium tragen. Auf dem erhaltenen Teil des Pfeilers mit den acta des 
Augustus, der.in seinem jetzigen Zustand 3,02 m hoch ist, stehen 166 
Zeilen zu durchschnittlich 80 Buchstaben bei einer Pfeilerbreite von 
1,12 m, während die ursprüngliche Höhe mit dem oberen Abschluß 
wohl 4,4 m (= 15 röm. Fuß) betrug. Das Monumentum Ancyranum 
hat etwa 60 Buchstaben in der Zeile. Bei gleicher Buchstabengröße 
wie bei den acta ergäbe das für das Original der Augustus-Inschrift 
eine Kolumnenbreite von 0,84 cm und eine Höhe des Inschriftfeldes 
von 2,45 m ohne Überschrift, d. h. Pfeiler von etwa 3 röm. Fuß Breite 
und 12 Fuß Höhe. Damit ist das, was wir oben aus den Quellen er- 
schlossen haben, als möglich dargetan. 

Aber die Annahme freistehender Pfeiler ist auch von hier aus 
nicht nur als möglich, sondern als notwendig zu erweisen. Man braucht 
nur den von Huelsen zuerst beschrittenen Weg zum Suchen nach Ana- 
logien fortzusetzen. In dem Ehrendekret der Pisaner für L. Caesar 
vom Jahre 3 n. Chr.?) heißt es, worauf Hirschfeld schon vor Jahren 
hingewiesen hatte?), Z.29£.: (uti) cippo grandi secundum aram defixso 
hoc decretum cum superioribus decretis ad ei[us] honores pertinentibus 
incidatur insculpaturve. Auch hier handelt es sich um einen großen 
freistehenden Inschriftenpfeiler neben einem sakralen Zwecken dienen- 
den Monument, dessen Errichtung zeitlich unseren Pfeilern mit der 
Augustus-Inschrift noch vorausliegt. Nur trägt dieser cippus grandis 
die Ehrenbeschlüsse einer Gemeinde, und das Material, aus dem er be- 
steht, ist Marmor. 

Dies leitet uns hinüber nach dem Ursprungsland für diese Art 
öffentlicher Aufstellung von Ehrendenkmälern, nach Griechenland.t) 
Man braucht nur das Handbuch von Larfeld aufzuschlagen®), um Par- 
allelen in Hülle und Fülle, auch in bezug auf die Ausdrucksweise bei 
Angabe des Aufstellungsortes solcher Ehren-Inschriftenstelen beizu- 
bringen. Zur Illustration der suetonischen Worte ante mausoleum und 
der dionischen zo0g 6 no@®o vgl. man Ausdrücke wie: nodo®er 
tg oroüg vüg Baoılelag, Eumgoodsv tod Bovisvrnolov, wood [roü 
ieg0Ö ...]oüö Aıög tod Tlavönluov], naoa zov ven rg Arumroos, 


1) Bei Koepp a. a. O0. 8. 57ff. 2) CIL XI 1420 = Dessau I 139. 

8) Wien. Stud. VII, 1885, 8. 172 = Kl. Schr. S. 831. 

4) Vgl. A. Wilhelm, Beiträge zur griechischen Inschriftenkunde S. 235ff. 

5) Larfeld, Handbuch d. griech. Epigr. II? S. Tı6fl.; Derselbe, Griech. 
Epigraphik® S. 111f.; dazu unten Exkurs II. 


U. Die Aufstellung des Tatenberichts vor dem Mausoleum 17 


age Tbv ven od Arovvoov, nodg rel Hrodı Tod Jıds, nodg rüL 
noonVAoı Tod legoü, age rov ve rg TIoAıadog.. Zu den Worten 
ineidi... statuerentur und oradeloug dvaygapijvaı vgl. die Formel 
svaygdapeı el orljocı in diesen griechischen Inschriften. Was das 
Material betrifft, so war in Hellas die Marmorstele häufiger als der 
eherne Pfeiler!). Der Fall, daß zwei oder gar drei Stelen zur Auf- 
nahme einer Inschrift benötigt werden, ist aber auch drüben nach- 
gewiesen: eig orijAaıv Övolv Audlvaıv, Ev orjAnıg Audlvaıg Övoiv, &v 
duporkouug tals orikaıg, dv voiol orijAuıs, eis ornAug Audlvag Odo.?) 

Wie schon im ersten Abschnitt angedeutet worden ist, sind die 
beiden Obelisken vor dem Mausoleum wahrscheinlich die Zutat eines 
späteren Kaisers. Bei dieser Auffassung gewinnen wir Raum für die 
freistehenden Inschriftenstelen vor dem Eingang des Grabmals.°) 

Zum Schluß sind noch ein paar Einzelheiten zu besprechen. Man 
hat Anstoß genommen an der Bezeichnung tabulae im suetonischen 
Text und einen Ausgleich zwischen ihm und den beiden anderen Quel- 
len dadurch herzustellen versucht, daß man Stelen aus Stein und an 
diesen Tafeln aus Erz vermutet hat.*) Hier ist alles Harmonisieren ver- 
fehlt. Die Ancyraner Kopie und Cassius Dio sprechen in ganz gleicher 
Weise von ehernen Pfeilern oder Stelen, also sind die Stelen und nicht 
nur die an denselben angebrachten Tafeln aus Erz gewesen: die Angabe 
des Sueton ist, wie so oft, ungenau. 

Endlich bleibt noch die Frage zu beantworten, auf welcher Seite 
die vor dem Mausoleum im Boden stehenden Pfeiler beschrieben waren. 
Wir müssen an jedem Pfeiler eine Schmalseite und eine Breitseite, 
letztere zur Aufnahme der Inschrift, unterscheiden. Es gibt nun zwei 
Möglichkeiten: entweder waren die Pfeiler so aufgestellt, daß die Breit- 
seiten nach vorwärts, d.h. dem auf das Grabmal Zuschreitenden ent- 
gegen schauten, oder die Pfeiler standen so, daß die Schmalseiten zu- 
nächst sichtbar wurden und die Inschrift auf den breiten Binnenflächen 
zu lesen war. Für die letztere Art der Anbringung könnte man die 
Kopie von Ancyra als Beweis heranziehen.) Auch dort steht die In- 


1) Doch kommt auch dieser vor; vgl. Dittenberger, Syl. I? 434/65 Z. 48f., 
Pausanias V 23, 8, Strabo III p. 170 und dazu Larfeld II? 8.715 Anm. 1, Griech. 
Epigr.° S. 112 mit Anm. 1. 

2) Larfeld II* 8. 716. 

8) Vielleicht bringen weitere Nachforschungen auf dem Forum von An- 
tiochia Pieidiae den Beweis, daß die dortige Kopie ähnlich wie das stadtrömische 
Original aufgestellt war. 

4) A.W. Zumpt bei J. Franz, Caesaris Aug. index, Berlin 1845, 8. 38, 

65) Das hat schon V. Gardthausen (Aug. I3 S. 1280), allerdings verwoben 
in eine ganz falsche Auffassung der Dinge (darüber Klio XIV S. 379f. u. 0. 8. 13), 
ausgesprochen. 


18 U. Die Aufstellung des Tatenberichts vor dem Mausoleum 


schrift nicht an der Türwand des Tempels, so daß der in den Pronaos 
Eintretende sie unmittelbar zu beiden Seiten der Tempeltür vor Augen 
hatte!), sondern links und rechts vom Eintretenden an den beiden vor- 
springenden Anten des Heiligtums. Vielleicht liegt hierin eine Nach- 
ahmung der Aufstellung des Originals. Dann las der Besucher des 
Mausoleums erst, wenn er zwischen den beiden Pfeilern angekommen 
war, die Inschrift, indem er zunächst nach links sich wendete und 
dann kehrt machte, um den Rest kennen zu lernen. 

Nach den seitherigen Darlegungen waren also Mausoleum und 
Inschriftenpfeiler räumlich voneinander getrennt. Damit erhält die 
Grabschrifttheorie Eugen Bormanns?) ihren Todesstoß. „Hätte Au- 
gustus sich eine Grabschrift verfassen wollen, so würde er sie wahr- 
scheinlich nicht vor dem Mausoleum, sondern unmittelbar auf. 
seinem Grabmal haben anbringen lassen.“ Diesen Worten Otto Hirsch- 
felds®) kommt nach der Loslösung der Inschrift von dem Gebäude 
eine erhöhte Bedeutung zu. Augustus hat sich keine Grabinschrift, 
sondern eine Ehreninschrift setzen wollen, vor einem Monument, das 
den Ruhm seines Geschlechts für alle Zeiten verktinden sollte und an 
einem Platze, der der großen Menge öffentlich zugänglich war“) Mit 
anderen Worten, die res gesiae sind ein historisch-politisches Doku- 
ment ersten Ranges, berechnet auf die Wirkung auf die römische Plebs, 
auf deren guter Stimmung der neue Kaiserthron ruhte, und geschrieben 
im Interesse des neuen Geschlechts und der aus ihm hervorgehenden 
Dynastie. Beiden Zwecken dient aber auch das mächtige, alle seit- 
herigen Bauwerke dieser Art übertreffende Grabmal. Wenn auch äußer- 
lich getrennt stehen also beide Schöpfungen innerlich sich ganz nahe: 
sie dienen beide dem einen großen Eindzweck, den Begründer der neuen 
gens Iuliorum und damit diese gens selber als die mächtigste und 
einflußreichste Roms dem Volke vor Augen zu stellen und sein bzw. 
ihr Recht auf die erste Stelle im Staate zu erweisen. 


1) Irrtümlich sagt Nissen a. a. 0. 8.484: „Die Anordnung in der Vorhalle 
des ancyranischen Tempels, wo die Schrift die Wandflächen zu beiden Seiten 
der Tür anfüllt, ist dem römischen Vorbild nachgeahmt.“ 

2) Bemerkungen zum schriftlichen Nachlaß des Kaisers Augustus, Marburg 
1884, und Verhandlungen der 43. Versammlung deutscher Philologen und Schul- 
männer zu Köln, Leipzig 1895, S. 184 ff. 

8) Kl. Schr. S. 831. 

4) Hierzu vgl. unten Exkurs III. 


III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 19 


IN. DIE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DES 
TATENBERICHTS 


1. DAS RESULTAT DER FORSCHUNG MOMMSENS!') 


“ Augustus’ Tatenbericht gibt sich durch den Schlußsatz als im 
76., d. h. im letzten Lebensjahre des Kaisers geschrieben kund. Ge- 
boren ist Augustus am 23. September, gestorben am 19. August, 
also erstreckt sich das letzte Lebensjahr vom 23. September 13 bis 
19. August 14 n. Chr. Aus dem Schriftstück selber entnommene In- 
dizien schränken die in Betracht kommende Zeit auf den Sommer des 
Jahres 14, und zwar auf die Zeit nach dem 26. Juni, also auf die bei- 
den letzten Monate des Augustus ein. Da aber anzunehmen ist, daß 
der Kaiser vor seiner Abreise nach Campanien, die er in der zweiten 
Hälfte des Juli antrat?) und von der er nicht mehr zurückkehren sollte 
(der Tod ereilte ihn in Nola), seine Aufzeichnungen machte und mit 
dem Testament und anderen Schriftstücken bei den Vestalinnen depo- 
nierte®), müßte das Dokument in der ersten Hälfte des Juli 14 abge- 
faßt sein. 

Mommsen hat schon vor langer Zeit gegen diese Ansetzung des 
Werkes Zweifel erhoben und einer anderen Entstehungsweise aus zwei 
Gründen das Wort geredet.) Einmal hat er beobachtet, daß in c. 15 die 
kaiserlichen Aufwendungen für das stadtrömische Volk und die Veteranen 
in der Weise aufgezählt werden, daß zunächst in chronologischer Reihen- 
folge die Geld- und Getreidespenden an die plebs Romana, nämlich aus 
den Jahren 44, 29, 24, 23, 12 und 5 v. Chr., danach das Geschenk an 
die Veteranen vom Jahre 29 v. Chr., endlich die Geldspende an die 
Plebs (diesmal als plebs urbana bezeichnet) vom Jahre 2 v. Chr. ge- 
nannt werden. Da die letzte Angabe deutlich wie ein späterer Zusatz 
sich ausnehme, müsse, so schloß Mommsen°) aus diesem Tatbestand, 
das übrige Kapitel und damit das ganze Dokument, soweit es Angaben 
aus der früheren Zeit des Augustus bringe, nach 5 v.Chr. und vor 
2 v. Chr., etwa im Jahre 4 v. Chr., abgefaßt sein. Doch legt er selbst 
in der zweiten Auflage seines Kommentars infolge eines Einspruches 
von Bergk®), der die eigentümliche Disposition von c. 15 auf eine 
augenblickliche Vergeßlichkeit des Augustus zurückführen wollte, und 


1) Mommsen, Res gestae? 8. 1f. 

%) Gardthausen, Augustus II 3 8. 854. 

8) Sueton, Aug. 101; Mommsen a. a. 0. 8. 2. 

4) Res gestae? S. 2. 5) Res gestae 1. Aufl. 8. 37. 

6) Augusti rerum a se gestarum index, Göttingen 1878, 3.4 u. 52. 


20 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


infolge der ablehnenden Haltung von Hirschfeld!) kein allzu großes 

Gewicht auf dieses Argument, das nachträglich auch noch Bormann?) 
und Joh. Schmidt?) zu entkräften versucht haben. Daß der Rückzug 
kein vollständiger ist, zeigt Mommsen im speziellen Kommentar zu 
e.15, wo die früheren Ausführungen (aus der 1. Auflage) über die 
Entstehung der älteren Teile schon im Jahre 4 v. Chr. wiederholt 
werden.‘) 

Fester als in diesem Punkt hat Mommsen an seinem zweiten, 
sprachlichen Momenten entnommenen Argument?) festgehalten. Er 
behauptet nämlich eine Verschiedenheit in der Bildung der zusammen- 
gesetzten Zahlen des Dokuments gefunden zu haben und stellt die bei- 
den folgenden Regeln auf: 

1. In den Zahlen bis 82 geht die kleinere Ziffer der größeren 
voran, von 1200 ab die größere der kleineren. 

2. Zwei zu einer Zahl gehörige Ziffern sind durch e& verbunden, 
dagegen bei drei- und mehrziffrigen Zahlen bleibt et vor der letzten 
Ziffer fort, und nur die beiden ersten Ziffern haben die Copula. 

Gegen die erste Regel verstoßen zwei Stellen: 121 [viciens se]mel 
und VI 28 septuagensulmum sexitum], gegen die zweite die eine Stelle 
II 10 quadragiens centum mill[ia et nongenta trjiginta et septem millia. 
Es sind das aber Angaben, welche sich auf die Gesamtzahl der impera- 
torischen Akklamationen des Kaisers (I 21), deren letzte wahrscheinlich 
erst im Jahre 14 erworben wurde°), auf sein schließliches Lebensalter 
(V128) und auf das Ergebnis des dritten Census vom Jahre 14 n. Chr. 
(I 10) beziehen, also lauter Angaben, die alle frühestens im Jahre 
14 n. Chr. niedergeschrieben sein können. Sie sind daher nach Momm- 
sen entweder noch von Augustus kurz vor seinem Tode mit geringerer 
Sorgfalt oder, was ihm glaublicher dünkt, von anderer Hand, wahrschein- 
lich der desTiberius, nachgetragen worden. In letzterer Ansicht bestärkte 
ihn noch die Beobachtung, daß allein in der letzten Zahl des ganzen 
Dokuments, der Angabe des vom Kaiser schließlich erreichten Lebens- 
alters, die Form septuagensumus gebraucht wird, während im übrigen 
bei den Ordinalzahlen dieser Art konstant -simus geschrieben ist. Trotz- 

1) Wien. Stud. III, 1881, 8. 264. 

2) Bemerkungen zum schriftlich. Nachlaß des Kaisers Augustus. Marburger 
Univ.-Progr. 1884 8. 11f. 

3) Philol. XLIV, 1885, S. 462. 

4) Res gestae* S. 69. Unterdessen hatte von den Neueren Brambach, RA. 
Mus. XX, 1865, S. 605, Mommsens Argumentation als zwingend erwiesen. Auch 
Fitzler-Seeck in dem Artikel Julius (Augustus) R. E. X Sp. 379f. schließt sich 
Mommsen an, aber mit falscher Darstellung des Tatbestandes. 


5) Darüber Res gestae® S. 193f. 
6) Ebenda S. 17f. 


1. Das Resultat der Forschung Mommsens 21 


dem hat man auch dieses zweite Argument Mommsens zu beseitigen 
gesucht. Bormann!) weist auf 129 sep[timum et trigensimum] hin, wo- 
mit die Gesamtzahl der tribunizischen Jahre des Augustus angegeben 
wird, die man doch wohl auch als nachträglich geschrieben annehmen 
müsse; die Zahl aber zeige die gewöhnliche Bildung. Doch ist das 
kein Gegenbeweis, Mommsen hat nicht behauptet, daß die letzte Hand 
überall die andere Art der Zahlenbildung angewendet habe, sondern nur, 
daß sie dieselbe Konsequenz in der Benutzung einer Methode, wie das 
Augustus getan habe, vermissen lasse. Geppert?) bringt dagegen noch eine 
von Mommsen übersehene Ausnahme von dessen erster Regel bei: 125 
qu[inguagiens et quin]quiens. Damit wird die Gesamtzahl der für 
Augustus beschlossenen Supplikationen angegeben. Diese.Zahl kann 
daher sehr wohl zu den nachträglich veränderten gehören, und Momm- 
sens Ansicht wird dadurch nur weiter gestützt. Wenn Geppert trotz- 
dem versucht, die von Mommsen aufgestellten Regeln umzustoßen, so 
ist dieses Beginnen als vollkommen mißlungen zu bezeichnen. Am un- 
glücklichsten ist er in der Bekämpfung der zweiten Regel, insofern er 
sagt, daß Mommsen für die Regel nur zwei Beispiele bei einer Aus- 
nahme aufzuweisen habe. Eine Regel aber, die zweimal angewendet 
und einmal vernachlässigt werde, sei eben keine Regel. Aber Geppert 
hätte beachten sollen, daß die drei von Mommsen für die zweite Regel 
beigebrachten Zahlen sich in ein und demselben Kapitel (c. 8) und 
zwar als die Ergebnisse der drei Lustren des Kaisers finden, und da 
ist eine abweichende Bildung der dritten Zahl ohne allen Zweifel sehr 
bemerkenswert. Vollkommen hinfällig aber sind Gepperts Einwände 
gegen das der Schreibung sepfuagensumus entnommene Argument 
Mommsens. Wohl niemand wird mit ihm°) den Ausweg einschlagen, 
das % „auf Rechnung des Abschreibers oder Steinmetzen“ zu setzen. 
Und was beweist endlich ein Satz“) wie: „Auch hätte sich eine even- 
tuelle Änderung (der Zahl 76) wohl nur auf die Einer zu erstrecken 
brauchen, da keiner behaupten wird, daß Augustus den Text schon 
vor „seinem 70. Lebensjahr verfaßt hat“. Mommsen hat im gleichen 
Jahre, da Geppert dies niedergeschrieben hat, noch einmal auch diese 
Möglichkeit in Betracht gezogen) Hirschfeld hatte nämlich in einer 
Polemik gegen Bormann seinen früher schon eingenommenen Stand- 
punkt, daß Augustus „meisterhaft alles verschleiert oder übertüncht 


1) A.a. O. 8. 22 Anm. 

2) Zum Monumentum Ancyranum. Progr. des Berl. Gymn. zum Grauen 
Kloster 1887 8. 3#. 

3) Ebenda S. 6. 4) S.5 Anm. 3. 

5) Hist. Zeitschr. 57, 1887, S. 397 = Ges. Schr. IV S. 267. 


23 III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


habe, was seinem Audenken hätte schaden können“, von neuem ver- 
teidigt?) und dabei den Satz geprägt: „Berechtigt scheint mir freilich 
nach wie vor, von einer meisterhaften Verschleierung gewisser Tat- 
sachen einem Manne gegenüber zu sprechen, der nach der schimpf- 
lichen Niederlage des Varus und der definitiven Aufgabe der einst ge- 
hegten Eroberungspläne die Worte niederschreiben konnte: Germa- 
niam ad ostium Albis fluminis pacavi.“ Dazu bemerkt Mommsen: „Ist 
es aber so sicher, daß die varianische Katastrophe bereits eingetreten 
war, als Augustus diese Worte schrieb? Nach sprachlichen Indizien 
ist das Schriftstück von Augustus nicht erst wenige Monate vor seinem 
Tode, sondern früher aufgesetzt und durch Überarbeitung von fremder 
Hand auf das Datum umgeschrieben worden, welches es trägt.“ Aus 
diesen Sätzen geht hervor, daß Mommsen nicht nur an der Schluß- 
redaktion durch Tiberius vor der Herausgabe, sondern auch an der 
Niederschrift durch Augustus in einem früheren Zeitpunkt, der nach 
dieser Stelle zum mindesten vor der Varuskatastrophe gesucht werden 
muß, festgehalten hat. Damit ist schon vom besten Kenner der In- 
schrift die Einheitlichkeit des Ganzen preisgegeben. Unsere Unter- 
suchung wird beiden Aufstellungen Mommsens nachzugehen haben und 
gut tun, mit der manus Tiberii zu beginnen, um dann das Hauptpro- 
blem, die Frage nach dem Zeitpunkt der Niederschrift durch Augustus, 
eingehend zu behandeln. 


2. DIE SCHLUSSREDAKTION DES TIBERIUS 

Die Ansicht Mommsens, daß das Dokument vor der Veröffent- 
lichung auf den Stand der Dinge beim Tode des Augustus, wahr- 
scheinlich durch Tiberius selber, gebracht worden ist, leuchtet aus 
allgemeinen Erwägungen schon von selber ein. Das für die Ewigkeit 
bestimmte Monument sollte nur eine Auswahl der Taten bringen, wie 
sie Augustus selber vorgenommen hatte, mußte aber innerhalb der 
ausgewählten Tatsachen und Ereignisse, die für erwähnenswert gehal- 
ten wurden, Vollständigkeit bieten; es konnte z.B. nicht von nur 20 
imperatorischen Akklamationen berichten, wenn 21 die erreichte Zahl 
darstellte. Da nun nicht anzunehmen ist, daß Augustus schon monate- 
lang vorausgeahnt hat, daß sein Tod gerade im August 14 erfolgen 
werde, um selber die Schlußredaktion des Dokuments zu geben, so 
muß schon von hier aus die Dazwischenkunft einer zweiten Person an- 
genommen werden. 

Zu dieser allgemeinen Erwägung kommt nun folgendes: Unser 
Dokument war eines der drei Volumina, die zusammen mit dem kai- 


1) Wien. Stud. VII, 1885, S. 173 = Kl. Schr. S. 883. 


2. Die Schlußredaktion des Tiberius 253 


serlichen Testament bei den Vestalinnen deponiert waren und von diesen 
nach dem Tode des Herrschers, offenbar nach den hinterlassenen Pa- 
pieren des Verstorbenen, dem Senat übergeben wurden.!) Die Geschichte 
des kaiserlichen Testaments aber, zu dem aller Wahrscheinlichkeit das 
Schriftstück von vornherein in Beziehung stand, geht weiter zurück. 
Cassius Dio berichtet?), daß der Kaiser schon nach seiner Genesung 
von der schweren Krankheit im Jahre 23 v. Chr. sein Testament in 
den Senat bringen und vorlesen lassen wollte, um zu zeigen, daß er 
keinen darin zum Nachfolger bestimmt habe. Weiter: bezüglich des 
im Jahre 9 v.Chr. in Germanien gefallenen kaiserlichen Lieblings- 
Stiefsohnes Drusus weiß Sueton zu erzählen), daß ihn Augustus, wie 
er selbst im Senat ausgesprochen hatte, unter seinen Erben im Testa- 
ment erwähnt habe. Das Testament aber, welches schließlich beim 
Tode des Herrschers vorgelegt wurde, war 16 Monate vor dem Ab- 
leben des Kaisers, am 3. April 13 n. Chr., abgeschlossen und mit den 
erwähnten drei Volumina bei den Vestalinnen deponiert worden.t) Ohne 
hieraus weitergehende Folgerungen für die Entstehung unseres Schrift- 
stückes in früherer Zeit, die an und für sich naheliegen, zu ziehen, 
bemerke ich zunächst nur, daß sehr wahrscheinlich doch die letzte 
Hand von Augustus auch an unser Dokument vor dem 3. April 13 ge- 
legt worden’ ist und daß es sich lohnt, einmal nachzuprüfen, ob nicht 
die aus den Jahren 13 und 14 erzählten Ereignisse Spuren der manus 
Tiberii verraten. 

Das letzte Ereignis, über das das Monumentum aus dem Leben 
des Augustus eingehend berichtet, ist der dritte Census, der durch das 
feierliche Lustrum vom 11. Mai des Jahres 14 abgeschlossen wurde. 
In der Angabe über die damals geschätzten Bürger (II 10) hat Momm- 
sen schon eine Abweichung bezüglich der Bildung der Zahl gegenüber 
den entsprechenden Summierungen der beiden vorhergehenden Schätzun- 
gen im selben Kapitel nachgewiesen.°) Die Stelle lautet®): [Ei tertiu]m 
consulari cum imperio lustrum conlega Tib. Cae[sare filio meo feci] Sex. 
Pompeio et Sex. Appuleio cos. Quo lustro ce[nsa sunt civium Ro]ma- 
norum capitum quadragiens centum millfia et nongenta trjiginta et sep- 
tem millia. 


1) Sueton Aug. 101, 4. 2) Cassius Dio 53, 31. 
8) Sueton Claudius 1, vgl. Gardthausen, Augustus I 8 S. 1264. 
4) Sueton Aug. 101, 4. 6) 8. oben 8. 20. 


6) Meine Ergänzungen gehen von dem griechischen Texte aus: [Et ter- 

tiu]m wegen griech. K[«l relrov, der Raum genügt. Zu dem et vgl. man III 35 

‚in 0.17 101,4: Et M. Lepfi]do et L. Ar[r]untio cos, wo, wie.wir später sehen 

werden, ebenfalls ein nachträglicher Zusatz vorliegt. Der Raum für filio meo, 
was auch Diehl aufgenommen hat, ist hinreichend. 


24 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


Die Ansicht Mommsens, daß hier ein Nachtrag vorliegt, wird 
durch die folgenden Beobachtungen ergänzt: 

1. Es ist dies die einzige Stelle im ganzen Dokument, wo Tiberius 
als filius bezeichnet wird?), 

2. hier allein haben wir die unrichtige Abkürzung TIB für Ti- 
berius?), 

3. es steht der Genitiv capiltum da, während in den beiden vorher- 
gehenden Fällen capita zu lesen ist?), 

4. die Abkürzung cos = consulibus steht dagegen wie in II9 so 
auch in II 6 zum Jahre 8 v. Chr., während die ältesten Teile des Do- 
kuments alle das volle Wort consulibus aufweisen.*) Auch steht II 9 
conlega ebenso wie Il 2, II 23 und VI23, während IV 37 (in c. 22) 
collegja] M. Agrippa zu lesen ist neben unmittelbar danebenstehendem 
conlegio und [conlJe[gi]:°), während wiederum 1117 die Form colle[gia] 
vorliegt. 

Die übrigen Ereignisse, die in die Jahre 13 und 14 n. Chr. ge- 
hören, waren nur durch Änderungen von Zahlen oder kleinere Zusätze 
auf den neuesten Stand zu bringen, so die Erwerbung der 21. impera- 
torischen Akklamation (I 21f.), der Antritt der 37. tribunizischen Ge- 
walt am 26. Juni 14 (I 29) und das schließlich erreichte Lebensalter von 
16 Jahren (VI 28); über Eigentümlichkeiten der Zahlenbildung im 
letzten Fall ist oben im Anschluß an Mommsen gehandelt, ebenso über 
die Zahl der schließlich von Augustus erreichten Supplikationen (1 25f.), 


1) V27: qui tum mihi privignus erat, V 45 qui tum erat privignus et lega- 
tus meus. 

2) TI Tiberius dagegen II 38, III 28, V 27 (ergänzt, aber zweifellos 
richtig), V 45: hier haben die älteren Abschreiber (Lucas, Chishuli) noch per 
Ti(berium) [Ne]ronem gelesen. 

3) II7 ist capita allerdings ergänzt, aber wohl richtig, mit Rücksicht auf 
II4 und das griechische xspaici an dieser Stelle. 

4) Consulibus: I4 a. 43 (in I 8 ist die Ergänzung Mommsens cos = consul 
schon aus diesem Grunde unmöglich; ich lese: cum [uterque in bello ceci]disset), 
182 2. 22 (ergänzt), 137 a. 19 (ergänzt), II 28 a. 12, II32 a. 19 (ergänzt), 1188 
a. 13 (ergänzt), III22 a. 14; dieses Kapitel 16 ist von III28 ab seltsam, inso- 
fern consulibus und cos auf engstem Raum miteinander abwechseln: III 28 a. 7 
consulibus, III 29 a. 6 (cos), IIl29 a. 4 (consulibus), III 30 a. 3 (consulibus), III 30 
&. 2 (cos); III 40 a. 18 (consules). Dagegen cos = consulibus außer in dem oben 
behandelten c. 8 und den oben aufgeführten Stellen aus c. 16: III 36 (c. 17) 
8.6 n. Chr. und IV 37 (c.22) &. 17 v.Chr. Doch sind, wie wir später sehen 
werden, c. 22 und 23 spätere Einschiebsel. 

5) Das Material auch bei Mommsen, Res gesiae? 8. 191 u. 192 (vgl. zu 
conlegii auch 8. 91f.),. Für c. 22 und 23 gelten besondere Verhältnisse, wie 
schon in der vorhergehenden Anm. angedeutet ist. Die älteren Teile des Doku- 
ments haben offenbar conlege, aber collegium geschrieben, also gerade umge- 
kehrt wie c. 22. 


2. Die Schlußredaktion des Tiberius 25 


die ebenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach zu den nachträglich ver- 
änderten Zahlen gehört. Die im Anschluß daran gegebene Zahl der 
890 Supplikationstage (127) ist die erste der im Monument mit Ziffern 
ausgedrückten Zahlen. Mit diesen Zahlen hat sich Georg Sigwart be- 
schäftigt!) und hat festgestellt, daß die Buchstabenschreibung der Zah- 
len gegenüber der kürzeren Form der Ziffernwiedergabe die bei weitem 
häufigere ist (80 Zahlen in Buchstaben gegenüber neun Fällen von 
Ziffernwiedergabe) und andererseits die in den älteren Teilen ange- 
wandte Form darstellt. Sein Resultat stimmt mit dem von uns oben 
bezüglich der Schreibung von consulibus und cos sowie von conlega 
und collegium Gefundenen überein: in den wahrscheinlich sehr spät 
niedergeschriebenen oder den nachgetragenen Teilen finden sich Ziffern 
(also die kürzere Bezeichnungsweise), in den ältesten Teilen dagegen 
Buchstabenbezeichnung. Für die Stelle 127 (Zahl der Supplikations- 
tage) betont Sigwart mit Recht, daß diese Zahl wohl mit größter 
Wahrscheinlichkeit den von Tiberius veränderten zuzuweisen ist; „denn 
die Zahl der Tage, an welchen Supplikationen für Augustus stattfan- 
den, konnte erst nach dem Tode des Augustus definitiv festgestellt 
werden“.?) Auch hier kommt nun wie in c. 8 bei der Darstellung des 
Census vom Jahre 14 n. Chr. etwas hinzu, was den Ursprung von an- 
derer Hand zur Sicherheit erhebt. Schon Wölfflin®) hat auf fuere hin- 
gewiesen, während an den übrigen 20 Stellen des Schriftstücks die En- 
dung -eruntangewendet wird. Offenbar ist aus Gründen der Raumerspar- 
nis, da zum Schluß die Eintragung der langen Ziffer DOCCLAXXX 
nötig wurde, die vorher vorhandene Form fuerunt in fuere gekürzt wor- 
den. Ahnlich wie bei der Ziffer 890 steht es V 7/8 (c. 25) bei den drei 
hier mit Ziffern wiedergegebenen Zahlen, von denen eine die Summe 
der senatorischen Mitkämpfer des Augustus (mehr als 700) nennt, die 
zweite die Zahl der von diesen vorher oder nachher Konsuln gewor- 
: denen (83), die dritte die Priester gewordenen (170). Hier hat Augustus 
selbst schon durch den Zusatz ad eum diem quo scrüpta sunt haec die 
Änderung in Aussicht genommen.‘) Eine weitere mit Ziffern geschrie- 
bene Zahl, die wohl auf Tiberius zurückgeht, steht V 36 (c. 28), wo 
die Gesamtzahl der unter Augustus in Italien gegründeten Kolonien 
(XXVIII) angegeben wird. Daß die Schöpfung neuer Kolonien in Italien 
bis in die letzten Jahre des Herrschers angedauert hat, läßt sich wahr- 


1) Klio III 8. 548ff. 

2) A. a. 0. 8. 549. 

3) $.-Ber. d. bayr. Akad. 1896. 8. 166. 

4) Geppert a. a. 0.8.6; E. Bormann, Verhandl. d. 43. Philolog.- Versamm- 
lung 1895 8. 185; Sigwart a. a. 0. 8.549. - 


26 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


scheinlich machen.!) Außerdem deuten die Worte viro me in V 37 auf 
eine nachträgliche Redaktion.?) Schwierig liegt die Sache in c. 24 bei 
der Zählung (IV 52) der ungefähr 80 Statuen, die der Kaiser in Rom 
einschmelzen ließ. Hier ist die Zahl 80 nicht nur in Ziffern, sondern 
sogar in der seltsamen subtraktiven Form XXC wiedergegeben, eine 
Schreibung, die schon Wölfflin®) beanstandet hat, als gerade so selten 
wie anderwärts IIX = acht. Da es sich bei der Einschmelzung der 
silbernen Statuen des Herrschers nicht um einen einmaligen Akt zu 
handeln scheint‘), so haben wir es bei der Notiz zum mindesten mit 
einem späten Zusatz des Augustus zu tun, zumal eine auf die Haupt- 
stadt bezügliche Handlung (vgl. IV 52 in urbe) an dieser Stelle nicht 
erwartet wird (im vorhergehenden Satz ist von den Tempeln der Pro- 
vinz Asia die Rede). Die Gesamtzahl der Statuen mit der merkwür- 
digen Ziffer ist also entweder bei der letzten Redaktion durch Augustus 
hereingekommen, oder sie ist ebenfalls ein Nachtrag des Tiberius, da 
die vorher dort befindliche Zahl mit dem am Schluß von Augustus’ 
Leben erreichten Bestand nicht übereinstimmte. Im letzteren Fall er- 
klärt sich die seltsame Form der Ziffer am leichtesten, da es die den 
geringsten Raum füllende Bezeichnungsweise für 80 (XXC gegenüber 
LXXX) ist’) 

Zum Schlusse bespreche ich noch zwei Fälle, die vielleicht auch 
der nachträglichen Redaktion des Dokuments angehören. In c. 20 
wird der Wiederaufbau der Basilica Iulia mit folgenden Worten ge- 
schildert: et eandem basilicam consumptam incendio ampliato eius solo 
sub titulo filiorum m[eorum ilnchoavi et si vivus non perfecissem, perfici 
ab heredib[us iussi]. Hier fallen die Worte si vivus non perfecissem 
auf. Denkt man sie sich weg, so ist alles in Ordnung. Augustus be- 
richtet, daß er den Wiederaufbau der niedergebrannten Basilica. Iulia 
im Namen seiner Adoptivsöhne Gaius und Lucius, wohl noch zu deren 
Lebzeiten, begonnen und ihre Vollendung seinen Erben (man beachte 
den Plural, also, wenn zu Lebzeiten des Gaius und Lucius geschrieben, 
diesen beiden, wenn nach deren Tod geschrieben, dem Tiberius und 


1) Kornemann, Art. coloniae bei Pauly-Wissowa-Kroll, Kolonienkatalog 
Nr. 186. : 

2) Über die Anwendung derselben Formel vivo me in II 16 u. 17 (c. 9) 
habe ich schon früher ausführlich gehandelt, Klio III S. 83f. 

8) A. a. 0. 8. 167, Sigwart a. a. O. 8. 550. 

4) Vgl. Sueton Aug. 52, Cassius Dio 52, 35; 53, 22; 54, 35; letztere Stelle 
zum Jahre 10 hat die Bemerkung, daß Augustus trotz ablehnender Haltung 
gegenüber Geldsammlungen zur Errichtung von Kaiserstatuen dies nicht habe 
verhindern können. . 

5) Über die übrigen mit Ziffern geschriebenen Zahlen vgl. Sigwart a. a. O. 
8. 549 und meine Ausführungen unten 8. 79, 


2. Die Schlußredaktion des Tiberius 27 


Agrippa Postumus) hinterlassen habe. Wie steht es nun mit der Weihung 
des Werkes? Sueton?) berichtet allgemein und ohne Datierung: quae- 
dam etiam opera sub nomine alieno, nepotum scilicet et uxoris sororisque 
feeit, ut porticum basilicamque Gai et Luci, Cassius Dio dagegen zum 
Jahre 12n. Chr.?): 7 oro& 7 IovAle (Hss. Avovie) xaAovuevn Bxodoundn 
ze &g rıunv tod te Talov “ul Tod Aovalov tüv Kaısdowv xal Tore 
xodıeomdn. Mommsen?) faßt die Stelle ganz wörtlich auf, indem er 
annimmt, daß im Jahre 12 die porticus Gai et Luci geweiht worden 
sei, dagegen die Basilica noch nicht. Ich kann mich dieser Auffassung 
nicht anschließen, teile vielmehr diejenige von Huelsen‘), wonach die 
Notiz bei Cassius Dio auf den Gesamtbau sich bezieht. Derselbe heißt 
genau porticus basilicague Gai et Luci (Sueton) und wird im Monumen- 
tum abgekürzt als basilica, bei Dio dagegen als porticus bezeichnet. 
Ist dies-richtig, so war die in Frage stehende Stelle unseres Schrift- 
. stücks beim Tode des Augustus vom wirklichen Zustand der Dinge 
überholt und der Herausgeber brachte das von Augustus Niederge- 
schriebene durch Einfügung des Bedingungssatzes si vivus non per- 
fecissem mit der Tatsache der unterdessen erfolgten Einweihung der 
Basilica in Übereinstimmung. Bei dieser Auffassung der Stelle und 
der dionischen Notiz müssen wir mit dem Ansatz der letzten Arbeit 
des Augustus an seinem Tatenbericht auch noch vor das Jahr 12 n. Chr. 
hinaufgehen. 

Die Möglichkeit eines Nachtrags liegt auch an einer zweiten Stelle 
vor. Gelegentlich des Berichts über die Errichtung des Aerarium mili- 
tare im Jahre 6 n. Chr. (c. 17, TIL 35ff.) sagt Augustus, die aus dem 
genannten Aerarium zu zahlenden Prämien seien vorgesehen worden 
für die Soldaten, qui vicena [aut plu]ra stil pendia] emeruissent (die Er- 
gänzung ist durch den griechischen Text gesichert). Cassius Dio sagt 
jedoch bei dieser Gelegenheit°), daß die Prätorianer fünftausend De- 
nare für sechzehn, die Legionare aber dreitausend für zwanzig Dienst- 
jahre erhalten sollten. Man wird es hiernach wohl fraglich finden 
dürfen, ob Augustus selber die Worte aut plura geschrieben hat. Da- 
gegen liegt es nahe, an einen Zusatz des Tiberius zu denken, weil bei 
dessen Regierungsantritt die erwähnten Dienstjahre weit überschritten 
waren und es dem neuen Herrscher bei dem sofortigen Ausbruch der 


1) Aug. 29, 4. 2) Cassius Dio 56, 27. 

3) Res gestae? 8. 85, ebenso Gardthausen, Augustus I2 S. 969. 

4) Huelsen, Das Forum Romanum, 2. Aufl. 1905, S. 56. „Der Kaiser be- 
gann einen Neubau auf erweitertem Grund und Boden und weihte ihn 12 n. Chr. 
in seinem und seiner (verstorbenen) Adoptivsöhne Gaius und Lucius Namen 
ein“; falsch Richter, Topographie? 8. 84. 

5) Cassius Dio 55, 23, 1 


28 III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


Soldatenmeutereien am Rhein und an der Donau untunlich erscheinen 
mochte, diese Bestimmungen des Augustus in präziser Form den Massen 
vor Augen zu bringen. Doch bleibt in diesem Falle auch sehr wohl 
die andere Möglichkeit bestehen, daß der vorsichtige Augustus selber 
die unbestimmtere Fassung gewählt hat, um seinem Nachfolger bei 
einer Überschreitung des Termins keine Schwierigkeiten zu bereiten, 


3. DAS URMONUMENT 

Die Einheitlichkeit des Ganzen ist durch die seitherigen Erörte- 
rungen erschüttert, ebenso ist die am Ende des Dokuments durch die 
Angabe des Lebensalters des Verfassers versuchte Datierung als irre- 
führend erwiesen worden. Zum mindesten vor dem 3. April 13 n. Chr.!), 
wahrscheinlich sogar schon vor dem Jahre 12 n. Chr.?) hat Augustus 
zum letztenmal an dem Schriftstück gearbeitet, das dann durch eine 
zweite Hand nach des Verfassers Tod auf den neuesten Stand gebracht 
worden ist. Aber müssen wir überhaupt so weit heruntergehen, ist 
das Dokument nicht in seinen ältesten Teilen viel früher entstanden? 
Wie wir seither die jüngsten Abschnitte und den Schlußsatz betrach- 
teten, so wenden wir uns jetzt zu dem Anfang. Das Gegenstück zu der 
Schlußredaktion durch Tiberius ist der erste Entwurf des Augustus, der 
uns jetzt beschäftigen soll. Erst nachdem wir diesen scharf erfaßt haben, 
wird es möglich sein, über die Entstehung des Restes ein Urteil zu fällen. 

Der Ausgangspunkt für die Gewinnung des ersten Entwurfs muß 
die Tatsache sein, daß das Dokument an zwei Stellen datiert ist, näm- 
lich am Schluß von c. 4 (128—30) und am Schluß von c. 35 (VI 27 
bis 28), das eine Mal nach dem Konsulat und der tribunicia potestas, 
das zweite Mal nach dem Lebensalter des Verfassers. Die Zahlen, die 
heute an den beiden Stellen stehen, führen uns auf das letzte Regie- 
rungsjahr des Augustus. Aber ist dies immer so gewesen? Bei der 
Schlußdatierung nach dem Lebensalter haben wir schon gesehen, daß 
sie in der jetzigen Fassung wohl nicht von Augustus stammt, und zwar 
auch schon in der Zahl für siebzig (septuagensumum). 

Wie steht es mit der Datierung am Schluß von c. 4? Sie ist im 
lateinischen Text sehr schlecht erhalten; daher muß vom griechischen 
Text ausgegangen werden. Er lautet: 

[Trar]e[v]ov vols zul dex|aro]v, öre v[eü]ra Eyoapov, | xei Yunlv 
roi@]v[ooro]v zul EBdou[ov Inucerlräis | EEovoias. 

Mit Berücksichtigung dieses Textes und der erhaltenen spärlichen 
Reste ist der lateinische Text wohl folgendermaßen herzustellen: 


1) 8. oben S. 23. 2) 8. oben 8. 27. 





3. Das Urmonument 29 


[Consul| fuerJam terdeciens, c[u]m [scripsi] haec [eramque se\p[%- 
mum et trigensimum | tribu]niciae potestatis.!) 

Dieser Satz wird durch die Worte cum scripsi haec als zu Zwecken 
der Datierung geschrieben erwiesen.?) Aber seltsam ist zweierlei: ein- 
mal, daB die Worte cum scripsi haec zwischen den beiden Datierungen 
nach Konsulat und tribunicia potestas in der Mitte stehen, so daß der 
zweite Teil (eramgue usw.) wie ein späterer Zusatz erscheint, und zwei- 
tens, daß die Angabe consul fueram terdeciens für das Jahr 14, auf 
welches die andere Datierung führt, eigentlich keine zeitliche Fest- 
legung mehr bedeutet. Augustus konstatiert nur, daß er dreizehn mal 
Konsul gewesen war, als er dies schrieb. Wir erwarten aber eine Or- 
dinalzahl neben den Worten cum seripsi haec. Zum dreizehntenmal 
war Augustus Konsul im Jahre 2 v. Chr. gewesen; so ergibt die An- 
führung des Konsulates eigentlich nur einen Terminus post quem, 
während man doch die Anführung des Konsulates an dieser Stelle mit 
nachfolgendem cum seripsi haec als die ursprüngliche Datierung an 
dieser Stelle aufzufassen geneigt sein möchte. Ist dies aber der Fall, 
dann ergibt sich daraus, daß die Stelle geschrieben war in einem 
der Jahre, da Augustus das Konsulat bekleidete. Unter den dreizehn 
Konsulaten des Herrschers kommt aber dasjenige wohl am meisten in 
Betracht, welches dem Inhalt der vier ersten Kapitel am nächsten liegt; 
auf alle Fälle ein Konsulatsjahr vor dem Jahre 22, mit welchem der 
Anfang von c. 5 sich beschäftigt. 

Man hat längst gesehen, daß die vier einleitenden Kapitel in zeit- 
licher Folge die Ereignisse der Jahre 44—29 v. Chr. wiedergeben und 


1) [fuerlam erfordert der Raum, obwohl der griech. Text öxdrevov hat. 
Das angeblich erhaltene «a, welches Mommsen zur Ergänzung [scribeb]a[m] 
verleitete, ist nicht sichtbar. Es ist mit Gottanka scrips? zu schreiben, womit 
der Raum von 7 Buchstaben vor haec gerade ausgefüllt wird, unmöglich daher 
auch [scripserja[m] (Diehl. Für annum nach trigensimum reicht der Raum 
nicht aus (Gottanka). Das Wort fehlt außerdem im griechischen Text. 

2) Dies erkennt allerdings Fr. Blumenthal, Die Autobiographie des Augustus, 
Wien. Stud. XXXII, 1914, S. 17f., nicht an. „Die Angabe der Zahl der Kon- 
sulate und tribunizischen Jahre am Ende von c. 4 ist nicht Datierung und nicht 
mit dem Schluß des ganzen Dokuments in Parallele zu setzen, sondern ein not- 
wendiger Punkt in der Aufzählung der ihm von der Bürgerschaft erwiesenen 
Ehrungen.“ Wer so etwas schreiben kann, mit dem ist nicht zu diskutieren; 
denn er steckt noch vollkommen in den alten Anschauungen, wie sie z. B. 
auch Bormann, Blumenthals Lehrer, vertrat, drinnen, daß der erste Teil des 
Monumentum die honores umfaßt. Blumenthal schwört hier, was man sonst 
bei ihm gar nicht gewohnt ist, in verba magistri. Allein schon der Neben- 
satz cum scripsi haec, der an beiden Stellen steht, spricht deutlich für meine 
Auffassung, weiter der Zusatz der trib. potestas und die Tatsache, daß nach- 
träglich die Zahl 87, die letzte trib. pot. des Augustus, eingesetzt worden ist 
(s. oben S. 24), 


Kornemann, Mausoleum des Augustus 3 


30 UI. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


zwar so, daß c. 1 die Jahre 44 und 43 umfaßt, c.2 den Rest von 43 
und das Jahr 42, während die c. 3 und 4 weniger die Geschichte der 
Jahre 42—29 erzählen, als vielmehr die Erzählung dieser Epoche zu 
ersetzen suchen einmal durch den allgemeinen Hinweis auf die bella 
civilia et exierna mit Hervorhebung von Octavians Milde und Fürsorge 
für die Soldaten und dem Ergebnis an erbeuteten Schiffen bis zur 
Schlacht von Actium (ce. 3) und dann durch Aufzählung der Triumphe, 
der imperatorischen Akklamationen und der Supplikationen zu Ehren 
der „unsterblichen Götter“, gipfelnd in dem Satze von der Vorführung 
von neun Königen und Königskindern in den drei Triumphen vom 
13.—15. August 29 v. Chr. (c. 4). 

Was den Inhalt im einzelnen betrifft, so werden die beiden Grup- 
pen der bella civilia und externa gleichzeitig in Land- und Seekriege 
zerlegt (c. 3: bella terra et mari civilia externaque toto in orbe). Die 
Bürgerkriege und Seekriege aber erhalten nach der offiziellen Auf- 
fassung ihren Abschluß mit dem Sieg von Actium. Was die ersteren 
betrifft, so beweist das sowohl unser Monument selber durch den An- 
fang von c. 34 (VI 13) b[ella ubi civi]lia exstinzeram, wie auch Vel- 
leius II 89: finita vicesimo anno bella civilia!) und Sueton Aug. 9: 
bella civilia quinque gessit: Mutinense, Philippense, Perusinum, Sieu- 
lum, Actiacum. Da der mutinensische und philippensische Krieg in 
ce. 1 und 2 schon berührt sind, so bleiben für c. 3 noch die drei zuletzt 
genannten übrig. In diese letzten Bürgerkriege fallen zugleich auch 
die einzigen Seesiege Octavians. Die Erbeutung von 600 naves, die 
am Ende von e. 3 erwähnt wird, faßt alle Schiffsbeute des Herrschers 
bis Actium zusammen?) und erinnert jeden hauptstädtischen Leser an 
die Epoche der Seekriege mit ihren großen Schlägen gegen Sextus 
Pompeius (Mylae, Naulochos) und Antonius (Actium), durch die die 
überseeische Getreidezufuhr für Rom wieder sichergestellt wurde.’) Zu 
den bella externa vergleiche man noch einmal Velleius Il 89, wo es zum 
Jahre 29 v. Chr. heißt (s. o.): finita vicesimo anno bella civilia, sepulta 
externa, revocata paw. Die bella externa sind der Krieg gegen Dalma- 
tien und gegen Ägypten. Wenn Sueton in den Eingangsworten von 

: Aug. 20 weiter ausgreift (bella duo omnino per se gessit, Delmaticum 
adulescens adhuc et Antonio devicto Cantabricum ... reliqua per legatos 
aulministravit), so kam es ihm an dieser Stelle auf die Scheidung der 

_ augustischen Kriege in solche, die er selbst geführt, und solche, die er 


1) Ähnlich Tac. ann. III 28, Livius Epit. 183; dazu Mommsen, Res gestae ? 
S. 146, der die Zeitangabe des Velleius richtig auf 49—30 v. Chr. bezieht. 

2) Vgl. Mommsen, Bes gestae? 8. 9. 

3) Appian b. c. V 108 u. 119ff.,; Plut. Ant. 68. 


3. Das Urmonument 31 


dureh Legaten hat führen lässen, an. Daß die Worte vöctor — peperci, 
sowenig sie auch in Wirklichkeit mit den Tatsachen in Einklang stehen, 
sich „vorzugsweise auf die Zeit bis zur Schlacht bei Actium beziehen“, 
ist schon von anderer Seite betont worden.!) An unserer Stelle haben 
wir die offizielle Version vor Augen, die mit Rücksicht auf Octavians 
Benehmen nach der Schlacht bei Actium geprägt worden ist (Vel- 
leiusIl 86: victoria vero fwit clementissima nec quisgquam interemptus est?), 
die folgenden Worte sind verderbt), und die in der Verleihung der 
corona querna civica ob cives servatos vom Jahre 27 ihren Ausdruck 
gefunden hat.) Das Gegenstück zu der gegenüber den Bürgern be- 
tätigten Milde ist der im folgenden Satz des c. 3 stehende Hinweis auf 
die Schonung äußerer Feinde, wenn irgend die Staatsräson es erlaubte. 
Im allgemeinen handelt darüber auch Sueton (Aug. 21). Die beste Illu- 
stration gerade zu unserer Stelle bietet aber Appians Darstellung der 
illyrischen Kämpfe der Triumviralzeit (Illyr. 16ff.). Die Veteranen- 
versorgung, auf die dann angespielt wird, ist niemals in größerem Maß- 
stab vorgenommen worden, als nach den Schlachten von Philippi und 
Actium, zunächst ausschließlich mit Land, nach Actium zum Teil auch 
schon mit Geld.) Nach c. 15, II 17—19 waren im Jahre 29 v. Chr. 
in den Militärkolonien des Augustus schon 120000 Veteranen zur An- 
siedlung gebracht. Das Land, das im Jahre 30 an die Soldaten zur 
Verteilung kam, war, nach c. 16, III 22ff, vom Herrscher käuflich in 
Italien erworben und kostete ihn etwa 600 Mill. Sesterzen. Das Merk- 
würdigste an der Disposition des Kapitels ist aber, daß nach allem Vor- 
hergehenden im Schlußsatz des Kapitels die Zahl der erbeuteten Schiffe 
steht, also das Ergebnis der Seekriege, und zwar nur dieses eine Re- 
sultat erwähnt wird. Da diese Anordnung eine Folge der Anwendung 
des Gesetzes des Steigerung ist, sind die Bemerkungen zum Ende des 
nächsten Kapitels zu vergleichen. Doch geht daneben einher noch das 
Streben in diesem Punkt, den größten Seesieger der Vergangenheit, 
C. Duilius, zu übertrumpfen, an dessen Ehrung diejenige des Octa- 
vian nach der Besiegung des Sextus Pompeius im Jahre 36 erinnert, . 


1) W. Fürst, Suetons Verhältnis zu der Denkschrift des Augustus, Erlanger 
Diss., Ansbach 1904, S. 31. Hier sind die Stellen aus Sueton (Aug. 13 u. 15) 
und Cassius Dio (47, 49; 48, 14; 51, 2) zusammengestellt, die im Widerspruch 
zum Monumentum stehen; vgl. auch Mommsen, Res gestae? 8.6; Gardthausen 
-11 8. 394, II1 8. 207 A. 4. 
2) Die Velleiusstelle beweist, daß auch schon die Autobiographie im gleichen 
Sinne sich geäußert hatte; vgl. Blumenthal, Wien. Stud. XXXVI, 1914, 8.9. 
. 8). Vgl. Mon. Anc. c. 84, VI 18, Fast. Praenest. zum 13. Jan. CIL I? S. 281 
und eine Anzahl Münzen, über die Mommsen, Res gestae? S. 140ff. hanlelt, 
auch Ovid Trist. III 1, 47, Val. Max. II 8, 7, Cassius Dio 58, 16. 
4) Cassius Dio 51, 4; vgl. im allgemeinen Mommsen, Res gestae? S. 9. 
A 3* 


32 III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


nämlich wie es Appian (b. c. V 541) ausdrückt, &wl xlovog Ev dyood 
xoVosog Eoravaı uer& ayhuatog oüneo Eymv elonide, megızzınaevov 
to xlovı veßv EußöiAmv.!) Das Standbild auf der Säule aber trug 
die Inschrift: öre *rrv elgrivnv Eoraaızuevnv Ex noAlod Gvvedınde xarık 
ve yiv nal Iuiaocav’. 

Zum ersten Satz von c. 4 ist wieder Sueton heranzuziehen, Aug. 22: 
bis ovans ingressus est urbem, post Philippense et rursus post Siculum 
bellum. curulis triumphos tris egit, Delmaticum, Actiacum, Alexandri- 
num, continuo triduo omnes, also die beiden Ovationen vom Jahre 40 und 
36 v.Chr. und der große dreitägige Triumph vom 13.—15. August 
29 v.Chr.?) Dann folgt die Erwähnung der imperatorischen Akkla- 
mationen, der Zahl nach 21 bis zum Jahre 14 n. Chr. Daß die heute 
in unserem Text stehende Zahl von der zweiten Hand nach dem Tode 
stammt, ist oben wahrscheinlich gemacht worden.?) Im Jahre 29 war 
Oectavian zum siebenten Male Imperator.*) Von den imperatorischen 
Akklamationen kehrt der Text nun wieder zu den Triumphen zurück 
und stellt den angenommenen Triumphen die abgelehnten gegenüber. 
Diese seltsame Disposition erklärt sich am besten, wenn der neue Satz 
später nachgetragen ist. Die Ablehnung von Triumphen beginnt auch 
erst nach dem cantabrischen Krieg 25 v. Chr.) Zu der Niederlegung 
des Lorbeers auf dem Kapitol ist zu vergleichen, was Cassius Dio 
54,25 und 55, 5 zu den Jahren 13 und 8 v. Chr. zu berichten weiß.) 
Von vota soluta nach dem bellum Philippense (aedes Martis) und der 
expeditio Cantabrica (aedes Iovis tonantis) gibt Sueton (Aug. 29) Kunde. 
Die Neuerungen des Triumphalwesens nach der Weihung des Mars 
Ultor-Tempels im Jahre 2 v. Chr. (Sueton Aug. 29 und Cassius Dio 
55, 10) ignoriert unsere Stelle vollständig. Halten wir also die eben 
betrachteten zwei Sätze für einen späteren Nachtrag, so haben wir 
einen guten Fortgang der Darstellung von den Triumphen zu den 
imperatorischen Akklamationen, dann zu den Supplikationen, durch 


1) Die Säule kam auf dem Forum zur Aufstellung; vgl. die Darstellung 
auf einer Münze, abgebildet bei Gardthausen I1 8. 281. Auch nach Actium 
wurden die Schnäbel zerstörter feindlicher Schiffe als hervorragendste Beute 
betrachtet und verwertet, Gardthausen I 1 S. 390f. 

2) Kritische Behandlung der übrigen hierher gehörigen Stellen bei Momm- 
sen, Res gestae? 8.10; Gardtbausen I S. 471—481, II 8. 257—266; A. Stein, 
Untersuchungen zur Gesch. u. Verwaltung Ägyptens, Stuttgart 1915, S. 68f. 

3) S. oben 8. 20 u. 24. 

4) Mommsen, Res gestae S. 12. 

5) Cassius Dio 53, 26. Es folgen die Ablehnungen im Jabre 20 (Dio 5 54, 8 
hat hier fälschlich eine ovatio, vgl. Mommsen, Res gestae? 8. 19) und im Jahre 
8 v. Chr. (Dio 55, 6). 

6) Die Stellen sind ausgeschrieben bei Mommsen, Res gestae? 8. 20. 


8. Das Urmonument 33 


welch’ letztere vor allem der Gottheit die Ehre gegeben wurde. Nach 
den ersten Siegen im mutinensischen Krieg im Jahre 43 wurde 
gleich ein Dankfest von 50 Tagen beschlossen.!) Unter den weiteren 
Supplikationen der älteren Zeit sind diejenigen aus Anlaß der 
Übergabe des Heeres des Lepidus in Sizilien uns deshalb dem Tag 
nach (3. September) bekannt, weil sie nach dem Zeugnis der Kalen- 
der zum ständigen Jahresfest geworden sind.?) Über Dankfeste nach 
dem Sieg bei Actium handelt Cassius Dio 51,19. So ist nach den 
vielen Siegen Octavians in der Triumviralzeit schon eine stattliche 
Zahl von Supplikationen bis zum Jahre 29 anzunehmen. Daß dagegen 
die Gesamtzahlen sowohl der Supplikationen wie der einzelnen Dank- 
festtage, die heute im Monumentum stehen, nachgetragen sind, ist 
oben (8.25) wahrscheinlich gemacht worden. Nachdem so in c. 4 
über die Zahl der Triumphe, der imperatorischen Akklamationen und 
der Supplikationen berichtet war, kehrt der Schreiber im Schlußsatz 
zu den Triumphen zurück, um noch die Zahl der in demselben vor- 
geführten Könige und Königskinder zu geben. Diesen Satz erwartet 
man normalerweise am Anfang des Kapitels, wo von den Triumphen 
die Rede war. Die Umstellung an den Schluß ist aus demselben Grunde 
erfolgt, aus welchem auch im vorhergehenden Kapitel ganz unvermittelt 
die Erbeutung von 600 Schiffen am Schluß berichtet wird. Es zeigt 
sich deutlich das Streben des Verfassers, die für die große Masse wirk- 
samsten Gedanken ans Ende der Kapitel und Abschnitte zu stellen, 
wie er auch das ganze Dokument mit denjenigen Kapiteln hat schließen 
lassen, die „einen außerordentlich wirkungsvollen Abschluß des Gan- 
zen“®) bieten, mit anderen Worten: das Dokument berücksichtigt, etwa 
wie eine Rede, das Gesetz der Steigerung und läßt von massenpsycho- 
logischen Erwägungen sich leiten, was bei der Art der Aufstellung in 
einem jedermann zugänglichen öffentlichen Park (s. o. S. 18) leicht er- 
klärlich ist. Erfolge zur See und fremde Könige im Triumph: das 
war das Höchste, was ein römischer Imperator, zumal der republika- 
nischen Zeit, zu verzeichnen hatte. Die Hervorhebung der Könige und 
Königskinder sollte vielleicht zugleich ein letzter Schlag sein gegen 
die „Königspolitik“ des Antonius.*) 

1) Cie. Philipp. XIV 11, 29. 

2) Mommsen Ges. Schriften IV S. 261; Wissowa, Religion? S. 425; im Kom- 
mentar von Mommsen, Res gestae? 8. 22 nicht erwähnt. 

8) Worte von Wilcken, Hermes 38, 1903, 8.620. Ähnlich auch schon H. Nissen, 
Rhein. Mus. 41, 1886, 3.492: „Überaus wirksam hat der Verfasser sein höch- 
stes Verdienst für den Schluß aufgespart und durch Erklärung des Namens 
Augustus die Quintessenz seiner Politik der Versöhnung von Imperium und 


Republik in kurzen Worten ausgedrückt.“ 
4) Über diese Politik Kromayer, Hermes 33, 1898, 8. 38ff., 50f., 68. 


34. II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


Nach diesem wirkungsvollen Schluß folgte dann die Datierung 
des ersten Entwurfes in ganz schlichter republikanischer Weise mit 
consul eram ete. Die Datierung aber führt, wie wir oben sahen, in 
die Zeit vor 22 v.Chr. (S.29), am besten in ein Jahr, gleich nach 
den zuletzt erwähnten Ereignissen. Das große Ereignis, welches in 
ec. 4 im Mittelpunkt stehen soll, ist schon wegen der Erwähnung am 
Anfang und am Schluß der große dreitägige Triumph vom 13. bis 
15. August 29. Wenn wir nun in diesem Augenblick uns daran erinnern, 
daß das Mausoleum, dem die Urkunde ihre Entstehung verdankt, im 
Jahre 28 erbaut, d.h. genauer im-Bau fertiggestellt worden ist, was 
liegt da näher, als das Mausolenm und den ersten Entwurf der Res 
gestae als gleichzeitig entstanden zu denken? Es hätte also in diesem 
Falle im sechsten Konsulat (im Jahre 28) der erste Entwurf das Licht 
der Welt erblickt und wäre dementsprechend im letzten Satz ursprüng- 
lich datiert gewesen. Möglich wäre höchstens noch das Ende des fünf- 
ten Konsulats (nach dem 15. August), weil die Inschrift wohl schon 
gleich bei der Aufstellung der Pläne für das Gesamtbauwerk von Octa- 
vian entworfen wurde und weil noch keine der Taten aus dem so 
ereignisreichen Jahre 28 v. Chr. berücksichtigt wird. 

Auf Grund dieser Darlegungen bringen wir das „Urmonument“ 
zunächst zum Abdruck, um daran dann noch einige Bemerkungen an- 
zuschließen: 

Res gestae Caesaris. 

. Annos undeviginti natus exercitum privato consilio et privata im- 
pensa 

. comparavi,per quem rem publicam[do ]minatione factionis oppressam 

. in libertatem vindica[vi. Quas ob res sen]atus decretis honor[ifi]- 
eis in 

4. ordinem suum m[e adlegit C. Pansa A. Hirti]o consulibu[s, c]Jon[sula- 

5. rem locum s[ententiae dicendae tribuens?), et im]perium mihi dedit. 

6. Res publica n[e quid detrimenti caperet, me] pro praetore simul 

cum 

7. consulibus pro[videre iussit. Populus] autem eodem anno me 

8. consulem, cum [uterque in bello?) ceci]disset, et trium virum rei 
publi- 

. cae constituend[ae creavit]. 


I 


® 8 


© 


1) 2. 5 statt Gribuens vielleicht mihi dans. 

2) Die Ergänzung von Mommsen [cos. uterque bello cecijdisset ist unmög- 
lich wegen der Abkürzung cos. = consul. Auch im Griechischen ist Raum für 
Ev a]oikum, 


3. Das Urmonument ‚35 


10. Qui parentem meum [trucidaver]un[t, eo]s in exilium expuli iudi- 
ciis legi- 

11. timis ultus eorum [faJcin[us, e]t postea bellum inferentis rei publicae 

12. viei b[is alcie. 

13. Bjella terra et mari e[ivilia exterinaque toto in orbe terrarum 

s[aepe gessi 

14. vietorque omnibus [veniam petentibjus civibus peperci. Exte[rnas 

15. gentes, quibus tuto [ignosei potjui[t, co]nservare quam excidere 
m[alui. 

16. Millia eivium Roma[norum sub] diente meo fuerunt cireiter[... 

17. ..]. Ex quibus dedu[xi in lo aut remisi in municipia sua sti- 
pendis emeri- 

18. tis millia aliquant[o plura qu]am ... et iis omnibus agros a[dsignavi 

19. aut pecuniam pro p[raemiis milit]iae dedi. Naves cepi sescen[tas 
praeter 

20. eas, si quae minore[s quam trirjemes fuerunt. 

21. [Bis] ovans triumphaf[vi, tris egi cJurulis triumphos et appella[tus 
sum sep- 


22. bies] imperator ..........ce.0..- Ob res a [me aut per legatos 

23. meos auspicis meis terra m[ariquje pr[o]spere gestas........... 

24. .... decrevit senatus supp[licalndum esse dis immol[rtalibus. Dies 
igitur, | | 

25. pe]r quos ex senatus consulto [sJupplicatum est, fuerunt. .... In 
triumphis 


26. meis] ducti sunt ante currum m[eJum reges aut rfegJum lib[eri 
novem. [Consul] 
27. eram quintum [oder sextum], c[u]m [scripsi] haec. 

In diesem ältesten Teil ist jedes Wort überlegt; nach Inhalt, 
Form und Disposition ist kein späterer Abschnitt mit diesem Teil zu 
vergleichen. Hier spricht der Mann zu uns, der die großen Erfolge der 
Jahre 23—23 noch nicht hinter sich hatte. 

Zunächst ein paar Einzelbemerkungen zu dem Text: 

Der erste Satz von c. 1 gibt den Staatsstreich, mit dem Octavian 
seine Karriere begonnen hat, unumwunden zu, kleidet ihn aber im 
Hauptsatz in Worte Ciceros, im Nebensatz in solche Caesars. Cicero sagt 
Phil. III 5: Qua peste privato consilio rem publicam — neque enim 
fieri potuit aliter — Caesar liberavit. Qui nisi in hac republica natus 
essel, rem publicam scelere Antoni nullam haberemus, III 14: sceleratus 
Caesar, Brutus nefarius, qui contra consulem privato consilio exerei- 
tus comparaverunt; vgl. auch IV 2 und 4, V 3, VII 10, XI 20: impe- 
rium O. Caesari belli necessitas, fasces senatus dedit. Die Begründung für 


36 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


den Staatsstreich hatte einst Caesar schon gegeben im bell. civ. 122: se 
e provincia egressum .... ut se et populum Romanum paucorum factione 
oppressum in libertatem vindicaret, wobei er — bezeichnend für Cae- 
sar — seine Persönlichkeit dem römischen Volke voranstellte.!) 
Cicero hatte die Notwendigkeit von Octavians eigenmächtigem Vor- 
gehen gegen Antonius anerkannt (vgl. oben: neque enim fieri potuit 
aliter), und Caesar hatte in ähnlicher Lage sein Vorgehen mit der ur- 
alten Phrase aller Revolutionäre, daß er dem Staate die Freiheit ge- 
bracht habe, entschuldigt. Hinter beide verkriecht sich also der vor- 
sichtige neue Mann mit seiner ersten „Tat“. Erinnert wird man auch 
bei der Fassung des ersten Satzes an die Erzählung von dem Empor- 
kommen des Pompeius, der seine Karriere ebenfalls damit begann, daß 
er — ein 23jähriger amtloser Mann — im Jahre 83 in Picenum drei 
Legionen aufbrachte und die Landschaft für Sulla gewann, der ihn 
dafür als Imperator begrüßte.) Nach Reitzenstein®) hat auch Cicero 
im 6. Buch von de re publica das Verhalten des Staatsführers in 
diesem Falle schon behandelt. „Bei offener Gewalt oder Rechts- 
verletzung durch die Gegner wird er dem Staat auf jede Weise zu 
Hilfe kommen und selbst vor der Verwendung rechtswidriger Mittel 
nicht zurückscheuen. Dann tritt er auch als Privatmann kraft inneren 
Rechts an die Spitze des Staates, der sich in ihm gleichsam verkör- 
pert und durch ihn in Notwehr handelt.“*) Trifft Reitzenstein hier- 
mit das Richtige, so ist die Anlehnung an Cicero eine noch viel engere, 
als ich ursprünglich vermutete. 

Im zweiten Satz hat der leider durch den Krieg uns entrissene 
Fr. Blumenthal eine kleine Umstellung der Ehrungen nachgewiesen. ®) 
Die Verleihung des proprätorischen Imperiums geht den decreta honorifica 

1) Ebenso in dem Schreiben, das Curio am 1. Januar 49 im Senat zur 
Verlesung bringen ließ, worin Caesar seine Bereitwilligkeit aussprach, seine 
Stellung niederzulegen, wenn Pompeius das gleiche tue. Appian b. c. II 128 
gibt als Schluß des Schreibens den Satz: &gyovrog d’Erı Exslvov odre dnodnosoda 
vol rıungbv drinn ıj ve wargidı xal Eavro nark vdyos kylisches 
(hier also mit Nachstellung der eigenen Person); vgl. zu den Stellen auch Ed. 
Meyer, Caesars Monarchie, 2. Aufl. Stuttgart 1919, S. 282 Anm. 1. Nachträglich 
bemerke ich, daß auch schon R. Poehlmann, Aus Altertum und Gegenwart, N.F. 
8. 220f. auf Caes, bell. eiv. [22 hingewiesen hatte. Zum erstenmal aber habe 
ich auf die Stelle aufmerksam gemacht Klo III, 1903, S. 84. 

2) Plut. Pompeius 6; Cicero, Phil. V 43f. (hier Vergleich von Pompeius 
und Octavian); Mommsen, Röm. Gesch. II® 8. 321f.; Ed. Meyer a. a. O. S. 6. 

3) In dem ausgezeichneten Aufsatz Die Idee des Principats bei Cicero und 
Augustus in Nachr. d. Gött. Geselisch. der Wiss. 1917 8. 431. 

4) Vgl. auch ebenda $. 492 auf Grund von Ciceros Ausführungen in den 
Philippicae, z. B. XI 27: „Im Ausnahmezustand tritt der vir dignissimus ganz 
für den Staat ein und, was er auch immer tut, ist recht.“ 

5) Wien. Stud. 36, 1914, 8. 19. 


3. Das Urmonument 37 


zeitlich voraus!), während unser Dokument die umgekehrte Reihenfolge 
aufweist.?) Die Begründung, die Blumenthal dieser Umstellung gibt, 
vermag ich nicht anzunehmen. Blumenthal sagt: „In der Tat ist durch 
die Umstellung ein bestimmter Zweck erreicht. Wurde die Erteilung 
des Imperiums unmittelbar nach der Heereswerbung angeführt, so trat 
das Illegale seines Vorgehens allzudeutlich hervor. Am allerwenigsten 
konnte bei dieser Reihenfolge die nachträgliche Legitimation seiner 
Gewalt mit der Aufnahme in den Senat und den damit verknüpften 
Ehrungen unter die decreta honorifica zusammengefaßt werden oder 
dem Leser wenigstens nahegelegt werden, den Sachverhalt so aufzu- 
fassen. Daher hat also Augustus die Erteilung des Imperiums an den 
zweiten Platz gerückt.“ Ich kann nicht finden, daß durch die Erzäh- 
lung der Ereignisse in der richtigen zeitlichen Folge das Illegale des 
Vorgehens noch deutlicher geworden wäre, als es im ersten Satz zu- 
tage getreten war. Meines Erachtens ist vielmehr die Umstellung nur 
deshalb erfolgt, weil sich so das im dritten Satz mitgeteilte senatus 
consultum ultimum am einfachsten anschließen ließ. Auch in der 
Formulierung dieses Satzes hat sich Octavian eine Verschiebung des 
wirklichen Herganges erlaubt, indem er sich als zur Ausführung 
des genannten senatus consulltum mitbevollmächtigt bezeichnet. In 
Wirklichkeit liegt die Sache so, daß ein Dreifaches zu unter- 
scheiden ist, und zwar in der folgenden zeitlichen Ordnung, wie 
G. Plaumann?) dargelegt hat: 1. die Verleihung der imperium 
pro praetore an Octavian vor den decreia honorifica am 2. Januar 43 
(s. 0.); 2. der Beschluß (vor Rückkehr der Gesandten an Antonius), 
ut consul alter ambove ad bellum proficiscerentur und ferner dilectus 
haberi tota Italia sublatis vacationibus, um Ciceros Worte zu gebrauchen.) 


1) Ausschlaggebend ist die Tatsache, daß in Ciceros formuliertem An- 
trag der decreta honorifica Phil. V 46 Octavian schon als pro praetore bezeichnet 
wird: quod C. Caesar, Gai filius, pontifex, pro praetore, summo rei publicae 
tempore milites veteranos ad libertatem populi Romani cohortatus sit eosque con- 
scripserit quodque legio Martia atque quarta summo studio optimoque in rem publi- 
cam consensu C. Caesare duce et auctore rem publicam, libertatem populi Romani 
defendant defenderint, et quod O. Caesar pro praetore Galliae provinciae cum 
exercitu subsidio profectus sit... ob eas causas senatui placere C. Caesarem, Gai 
filium, pontificem, pro praetore, senatorem esse sententiamque loco praetorio 
dicere eiusque rationem, quemcumque magistratum petet, ita haberi, ut haberi 
per leges liceret, si anno superiore quaestor fuisse. Das Monumentum zeigt, 
daß Ciceros Antrag durch Beschluß des locus consularis übertrumpft wurde. 
Dagegen fehlt an unserer Stelle ein Hinweis auf die Verleihung des Alters- 
nachlasses bei der Ämterbewerbung. 

2) Ebenso allerdings auch Cassius Dio 46, 29, 5; dazu Plaumann, Klio 
XIII S. 832, ungenau auch Appian b. c. V 209. 

3) Klio XIII (1913) 8. 329—334. 4) Phil. VII 11—13, ad fam. XI 82. 


38 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


Mit Recht hat Plaumann!) hiermit Cassius Dio 46, 29, 5 kombiniert, 
woraus sich dann ergibt, daß bei dieser Gelegenheit Octavian aller- 
dings neben den Konsuln als Mitbeauftragter für den Kampf gegen 
Antonius genannt worden ist. 3. Nach der Rückkehr der Gesandten 
folgt dann offenbar die Verschärfung durch ein senatus consultum de 
republica defendenda, und hierfür erhalten nach Cassius Dio 46, 31, 2 
nur die Konsuln ein Mandat vom Senat.?) 

Wenn Dio also an der zweiten Stelle das Richtige gegeben hat, 
ertappen wir hier Octavian wieder auf einer Verschiebung der Sache 
zu seinen Gunsten: er war wohl gleich den Konsuln mit dem Krieg 
gegen Antonius betraut, aber bei dem Auftrag videant ne quid etc. 
nieht noch einmal genannt worden, während er sich hier noch für 
diese Verschärfung der Situation als mitbevollmächtigt bezeichnet. 
Doch bleibt immerhin zu bedenken, daß allein Dio der Gegenzeuge ist, 
der in der Darstellung der augustischen Regierung voll von Irr- 
tümern steckt.°) 

In c. 2110 mache ich auf die Worte parentem meum aufmerk- 
sam, während Caesar an allen anderen Stellen (c. 10 II 24, c. 15 III 7 
patris mei und c. 20 IV 14) als pater meus bezeichnet wird. Weiter 
ist hervorzuheben, daß Octavian hier die Siege von Philippi für sich 
in Anspruch nimmt, was nicht mit dem Lapidarstil des Dokuments 
erklärt werden darf, sondern Absicht ist.*) 

Was c. 3 betrifft, so ist oben schon bemerkt worden, daß das 
Thema der Veteranenversorgung in c. 16 nochmals aufgenommen 
wird, insofern Augustus an der zweiten Stelle die durch die Versor- 
gung entstandenen Kosten zusammenstellt. Die beiden Stellen ergänzen 
also einander, können daher sehr wohl zu verschiedener Zeit geschrie- 
ben sein. 

Und nun noch ein Wort über die erste Niederschrift als Ganzes. 
Unmittelbar nach dem großen dreitägigen Triumph vom 13., 14, 15. 
August 29, der die erste große kriegerische Epoche im Leben des neuen 
Mannes abschloß, ist Octavian noch nicht 35jährig an den Bau des 
Mausoleums gegangen und hat das bis dahin Erreichte für eine vor 
dem gewaltigen Bauwerk aufzustellende Inschrift in lapidarer Form 


1) a. a. 0. 8. 331. 

2) xal Toig Öndrog ıyV Yularıv züs wöhsng Enkrgenpan, Ensivo ÖN vd To 
Söyuerı moooyodnpantes, vd umdlv dm abınig dnoreıfiver. 

3) Das betont mit Recht v. Domaszewski, Die Consulate der röm. Kaiser, 
S.-Ber. der Heidelb. Akad. 1918 6. Abhandlg. (8. Juli 1918) S. 5 Anm. 2. 

4) So richtig Fr. Blumenthal, Wien. Stud. XXXV, 1913, 8. 145, der gleich- 
zeitig zu erweisen sucht, daß Octavian in der Autobiographie nicht anders ge- 

‘ urteilt habe. 


3. Das Urmonument - s 39 


zusammengefaßt. Er war einer jener Hypochonder, die fortgesetzt 
den Tod vor Augen sehen und doch alt werden. In diesem Augenblick 
war es vielleicht das Schicksal Alexanders d. Gr., das ihm vor der 
Seele stand und ihn trieb, sein Haus zu bestellen und sein Werk zu 
sichern. Dazu kam: Seit dem Ablauf des Triumvirats wer er durch 
den Staatsstreich vom Frühjahr 32 der absolute Herrscher des 
Westens, äußerlich der eine Konsul der Republik nur, aber als solcher 
seit 31 von Jahr zu Jahr wiedergewählt!) und seit dem Jahre 30 da- 
neben noch mit der tribunicia potestas ausgestattet.?) So versteht man 
es, daß er diesen ersten Entwurf der Inschrift abgestellt hat auf die 
vier großen Tugenden, die offenbar schon zu dem von Cicero aufge- 
stellten Idealbild des Prinzeps gehören°) und die zum Teil die Tugen- 
den waren, die sein Volk groß gemacht hatten.*) Er ist nach den 
vier Kapiteln, die den Entwurf ausmachen, der vir (c. 1) iustus (c. 2), 
clemens (ec. 3), pius (c. 4)°), der Mehrer des Reiches nach außen, der 
Beendiger der Bürgerkriege, Wohltäter der Soldaten, Erbeuter von 
600 naves und 9 reges, der höchsten Trophäen, die der republikanische 
Römer einbringen konnte, mit einem Worte der Mann, dem im Be- 
ginn des Jahres 27 der Ehrenname Augustus, die corona civica ob cives 
servatos und der goldene Ehrenschild mit der Inschrift virtutis, ele- 
mentiae, iustitiae, pietatis causa verliehen wurden (c. 34) und dem darob 
Horaz die Preislieder carm. III 1—6 gedichtet hat.) Jetzt wissen 
wir, von wem die Anregung zu alle dem ausgegangen ist. Wahr- 
scheinlich schon am Ende des Jahres 29 v. Chr. war die Inschrift auf 
. die vier Tugenden verfaßt, die dermaleinst vor dem im Jahre 28 fertig- 
gestellten Mausoleum ihren Platz finden sollte, zunächst natürlich, so- 


1) Tac. ann. [2 posito triumvirs nomine consulem se ferens et ad tuendam 
plebem tribunieio iure contentum. Die Auffassung dieser Stelle, die neuerdings 
F. Haverfield (Journal of Roman Stud. U, 1912. S. 195ff.) vorgetragen hat, ver- 
“ mag ich nicht zu teilen. 

2) Tac. ann. I 2 (s. d. vor. Anm.) und Cassius Dio 51, 19, 6; über diese 
Stelle vgl. meine Ausführungen unten 8. 49. 

8) Vgl. R. Reitzenstein a. a. O. 8. 429. 

4) Vgl. Dionys v. Hal. in der praefatio I c. 4 od dı’ edseßsıa» 08 xal 
Öıxaroodvnv nal viw Kllnv Kosrıv En) viw dndvrov Tyswovlav obv Xodvo 
m02AoVong. 

5). Die pietas ist allerdings eine doppelte, die eine im Verhältnis zum 
Vater, dessen Tod er gerächt hat, und die andere adversus deos; vgl. darüber 
G. Wissowa, Religion? 8. 331f. 

6) Mommsen in der Festrede vom 24. Jan. 1889, Reden und Aufsätze 
8. 168ff.; v. Domaszewski, Der Festgesang des Horaz auf die Begründung des 
Prinzipates, Rhein. Mus. 69 8. 302ff. = Abhandlungen zur Röm. Religion 1909 
S. 11lff. v. Domaszewski hat nachgewiesen, daß Horaz zum Preise der feier- 
lichen Aufrichtung des Ehrenschildes in der curia. Iulia sein Festlied ge- 
dichtet hat. . 


40 III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


lange sie so kurz war, auf einer Stele. Die betrachteten vier Ka- 
pitel sind recht eigentlich die res gestae Caesaris oder der index rerum 
gestarum. Nur auf diesen Teil paßt genau dieser Titel, der demnach 
wohl schon damals zur Bezeichnung der Inschrift geprägt worden ist, 
wahrscheinlich in Anlehnung an die kleine Schrift, die Octavian 
schon im Jahre 36, r& &oya xal mv noAırelav Eauvrod umfassend, 
herausgegeben hatte.!) 


4. DIE ENTSTEHUNG DER GESAMTINSCHRIFT 

Was mich veranlaßte, mit der Abfassung des ersten Entwurfes 
womöglich noch ins Ende des Jahres 29 hinaufzugehen, war vor allem 
der Umstand, daß von den großen Maßnahmen zur Neuaufrichtung des 
Reiches in den Jahren 28 und 27 v. Chr. darin noch gar keine Rede 
ist, daß vielmehr erst c. 34, beginnend mit den Worten: In consulatu 
sexto et septimo, uns hiervon Kunde gibt. Wenn wir jetzt das Jahr er- 
mitteln wollen, in welchem der größere Rahmen des Gesamtdokuments 
gespannt worden ist, so müssen wir von zwei Tatsachen ausgehen, ein- 
mal von der seltsamen Lücke in der zeitlichen Aneinanderreihung der 
Ereignisse, die zwischen c. 4 und 5 klafft, wo wir vom Jahre 29 (c.4) 
plötzlich ins Jahr 22 (c. 5) versetzt werden, und zum zweiten von dem 
Umstand, daß das soweit hinten stehende c. 34 erst die ungemein be- 
deutungsvollen Ehrungen des Jahres 27, darunter die Erhebung zum 
Augustus, bringt, endigend in dem Satze: Post id tem[pus praestiti om- 
nibus dignitate, potest]atis auliem n]ihilo ampliu[s habui quam qui 
fuerunt mJihi quoque in malgis]tra[t]u conlegae. Dieser Satz war 
längere Zeit, wie wir noch sehen werden, der Schlußsatz des Ganzen 
und feiert den neuen Augustus als primus inter pares, genauer als prin- 
ceps civium, ohne diese Bezeichnung, der sich durchaus im Rahmen 
der republikanischen?) Verfassung hält, aber trotzdem zunächst kein 
offizieller Titel war, zu gebrauchen 

Einander gegenübergestellt werden in dem Satz die Begriffe di- 
gnitas und potestas. Das letztere ist die Amtsgewalt, was aber will 
dignitas andeuten, äußere oder innere Würdigkeit? Der griechische 
Text übersetzt dignitate wörtlich mit d£i@uerı, das Wort kehrt nur 
gr. IV 3 (e.7) in dem Satze: zg&rov dEiwuerog Tomov &ayov rüg Ovv- 
»Antov #rA. wieder. Danach dürfen wir wohl auch dignitas auf die 
äußere Würde, das Ansehen, die Rangstellung im Staate beziehen, 


1) Appian bell. civ. V 589: zig d’dmiovong abrög EßovAnyöenoe re xal 
&önunydenoe, z& Eoya nal ryv wolırslav davrod riv dm’ dogs Es .r6re 
norallyav' nal vü eionufve ovyyodnas rd Bıßliov EEldmxe; s. Exkurs IV. 

2) So richtig M.Gelzer, Die Nobilität der röm. Republik, Leipzig 1912, 8. 88. 


4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 41 


aber hier ist es eine solche, die durch den inneren Wert erhöht wird. 
Die beiden Stellen ergänzen einander und gehören, wie wir nachher 
sehen werden, beide dem ersten Entwurf des Gesamtdokuments an. 
Der erlauchte Schreiber hebt jedesmal nur seinen hohen Rang hervor, 
das erstemal inter senatores, das zweitemal inter cives. Ohne den Titel 
selber zu gebrauchen, will sich Augustus als princeps senatus bzw. 
' als princeps civium kennzeichnen.) Es ist das Charakteristische der 
älteren Teile des Schriftstücks, daß die später gebrauchte?) Bezeich- 
nung princeps für den neuen Staatsleiter, obwohl die Anwendung, 
wie gesagt, gegen den republikanischen Brauch nicht verstoßen hätte, 
darin noch vermieden, dagegen principes viri für die Senatoren, selbst 
in den jüngeren Teilen, angewendet wird.®) So hatte ich 1914 meine 
Ansicht formuliert. Ich habe mit Absicht den Text stehen gelassen, 
um darzutun, daß ich schon damals die Interpretation des Wortes d&- 
gmitas für besonders wichtig erachtet habe. Nun hat R. Reitzen- 
stein in seiner Untersuchung, die ich schon mehrmals zitiert habe, 
die Bedeutung von dignitas auf breiterer Materialgrundlage noch ein- 
gehender beleuchtet. Ich stimme ihm vollkommen zu, wenn er aus- 
führt: „Man kann geradezu sagen, daß sich nur aus ihm die Idee des 
Prinzipates und der Begriff princeps erklärt (häufig die Verbindung 
princeps dignitate).““) Ebenso hat er den Inhalt des Begriffs dignitas 
richtig definiert in den Worten: „Wohl entspricht äußerlich gefaßt die 
dignitas der Rangstufe in der Amtslaufbahn und ist daher auf der 
gleichen Stufe für alle gleich (daher die gradus dignitatis), aber inner- 
lich gefaßt ist sie nach Leistung und Ehrung des einzelnen verschie- 
den, und jede neue Leistung oder Ehrung gibt weiteren Anspruch und 
führt von selbst zu dem Streben, den größten Anspruch und damit 
den entscheidenden Einfluß im Staate zu haben.“5) Und speziell von 
unserer Stelle sagt Reitzenstein: „Mit voller Schärfe scheint mir hier 
ausgesprochen, daß der Prinzipat als solcher zunächst kein Amt ist 


1) Es ist daher falsch, wenn Mommesen c. 7 I 44 ergänzt: princeps se- 
natus fui. Im griechischen Text steht, wie oben angegeben, ganz anders, und 
dazu stimmt, wenn Mommsen, Staatsr. II® 8. 895, sagt: „Wie die Zugehörigkeit 
zum senatorischen Stande nur ausnahmsweise hervortritt, so haben auch die 
Kaiser die Bezeichnungsweise princeps senatus regelmäßig vermieden.“ 

2) c. 18 IT 45 und c. 82 VI 6 me principe, c. 30 V 44 ante me princi- 
pem. Augustus wird in dieser Beziehung freier, seitdem der Thronfolger den 
offiziellen Titel princeps iuventutis = Erster der ritterlichen Jungmannschaft 
erhalten hatte, wie c. 14 III 4f. berichtet wird. 

8) c. 12 II 85, über die Stelle vgl. meine Ausführungen unten 8. 70. 
Interessant ist die Anwendung des Ausdrucks auf die „Ersten“ (ol xewro: in 
der Übersetzung) der Parther und Meder c. 33 VI 9. 

4) a. &. OÖ. 8. 480. 5) S. 431. 


423 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichta 


und keinerlei rechtliche Befugnisse gibt. Nur Nebenämter gebemr 
sie; er selbst gründet sich auf die Rücksicht, die dem öffentlich von 
den berufenen Stellen anerkannten höchsten Verdienst gezollt werden 
muß.“!) Augustus „will nachweisen, daß nie ein Römer eine ähnliche 
dignitas erworben hat“.?) Seine ganze Darstellung bewegt sich also 
auch hier noch vollkommen im Banne der ciceronianischen, von Pa- 
naitios entlehnten Theorie vom Prinzipat, die unabhängig voneinander 
Th. Birt?), R. Reitzenstein“) und E. Meyer®) in den letzten Jahren 
nachgewiesen haben. „Die Anerkennung der dignitas des princeps 
schließt nach der aristokratischen Auffassung die Existenz der Repu- 
blik nicht aus, sondern sichert sie und krönt das Gebäude.“®) Wenn 
Cicero (Phil. I 34) den Großvater des Antonius libertaie parem celeris, 
principem dignitate nennt, so erscheinen diese Worte wie das Motto 
zu den Ausführungen des Augustus an dieser Stelle.) Das Ideal, der 
optimus status reipublicae, wovon dieser selbst einmal in einem Edikt 
gesprochen hat®), ist erreicht. 

Wann aber sind die Worte des c. 34, von denen wir ausgegangen 
sind, geschrieben? Augustus hat zweimal ?n magistratu conlegae ge- 
habt, im früheren Stadium seiner Laufbahn als consul annuus et per- 
peluus bis zum Jahre 23 v. Chr. und später als Inhaber der tribunicia 
potestas, in welcher er fünfmal (ec. 6 am Ende, gr. III 20—23) Amts- 
genossen sich zugesellt hat, und zwar vom Jahre 18 ab, zweimal für 
je ein Quinquennium den Agrippa und dreimal den Tiberius, den 
letzteren ebenfalls zunächst auf ein Quinquennium, dann zweimal für 
je ein Dezennium.?) Aber diese zweite Kollegialmagistratur setzt erst 
im Jahre 18 ein und wird zweimal durch Wegfall der Kollegen unter- 
brochen, zuerst nach dem Tode des Agrippa und dann nach der frei- 
willigen Selbstverbannung des Tiberius nach Rhodos. Ist es überhaupt 
glaubhaft, daß Augustus an dieser Stelle an die beiden dem Kaiser am 
nächsten stehenden Männer gedacht hat? Wenn ja, ist der Satz, auf die 
tribunicia potestas. der Mitregenten Agrippa und Tiberius angewendet, 
überhaupt richtig? Mommsen sagt mit Recht’): „es bedarf keines Be- 
weises, daß die Kollegialität in der tribunizischen Gewalt zwischen dem 
Prinzeps und dem Mitregenten eine ungleiche ebenso sehr und noch mehr 
gewesen sein muß als die in der prokonsularischen, wenn dies auch 
nirgends ausdrücklich gesagt wird“, und an einer zweiten Stelle?!): „es er- 
mangelt also die sekundäre tribunizische Gewalt in noch höherem Grade 

1) S. 485. 2) S. 486. 

83) Röm. Charakterköpfe, 2. Aufl., 1916, S. 187, 206f. und 210 Anm. 1. 
4) 2.9. 0. 8.399 ff. 6) a. a. O. 8. 176ff, 6) Reitzenstein, a. a. O. 3.489. 


7) Birt, a.2.0.8.207. 8)Suet. Aug.c.28,2. 9) Mommsen, Res gestae 8.30f. 
10) Röm. Staatsr. IL 2° S. 1161. 11) Ebenda 8. 1163 . 





4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 43 


als die sekundäre prokonsularische einer unmittelbaren Kompetenz und 
sie ist wesentlich die titulare Mitregentschaft“; sie ist zugleich seit der 
späteren augustischen Zeit „durchaus die rechtliche Anbahnung der 
Nachfolge“. Wenn also die Kollegen in der tribunicia potestas schon 
aus Gründen, die in der offenbaren Inferiorität ihre Stellung gegen- 
über dem Prinzeps zu suchen sind, hier nicht gemeint sein können, so 
werden sie streng genommen auch durch die Zeitangabe am Anfang 
des Satzes: post id tempus, d.h. „nach dem Jahre 27“, ausgeschlossen. 
Nach diesem Jahr gab es für Augustus nur Kollegen im Konsulat, und 
zwar nur in der Zeit bis Mitte des Jahres 23. Daraus folgt, daß der 
Satz geschrieben sein muß vor der Niederlegung des consulatus annuus, 
also zwischen den Jahren 27 und 23 v. Chr. Dazu paßt aber vorzüg- 
lich die große zeitliche Lücke zwischen c. 4 und c. 5, wo, wie wir 
sahen, der Sprung vom Jahre 29 zum Jahre 22 gemacht wird. Mit 
anderen Worten: Augustus hat nach den ereignisreichen Jahren 28 
und 27, in denen der Prinzipat in der älteren (konsularischen) Form 
aufgerichtet worden war, das Dokument wesentlich erweitert, ja ihm 
schon damals, vorausgesetzt, daß c. 34 gleich an der Stelle gestanden 
hat, an der es bei seinem Tode sich befand, diejenige Gestalt gegeben, 
die es dann behalten hat. Nur durch eine Betrachtung derjenigen Er- 
eignisse, die zwischen 29 und 23 bzw. vor das Jahr 29 fallen und die 
möglicherweise vor 23 aufgezeichnet sein können, vermögen wir den 
Zeitpunkt genauer festzulegen, in welchem der erste Entwurf des Ge- 
samtdokuments hergestellt worden ist. 
Daß das mit c. 4 schließende „Urmonument“ ursprünglich nicht 
mit dem jetzigen c. 5 fortgeführt worden ist, dafür haben wir oben 
(S. 40) schon auf die zwischen beiden Kapiteln klaffende Lücke von 
6 Jahren, und zwar den entscheidenden Jahren im politischen Leben 
des Augustus, hingewiesen. Ebenso wie c. 5 handelt c. 6 von ab- 
gelehnten Ämtern. Am Schluß dieses Kapitels wird wie am Schluß 
von c. 4 die tribunicia potestas erwähnt, ohne daß die Übernahme 
dieses Amtes, von der wir erst in c. 10 II 21—23 hören, berichtet 
wurde. Normalerweise gehört der Anfang von c 10 zeitlich vor die Er- 
wähnungen der tribunicia potestas am Ende von c.4 und am Eude von 
c. 6. Und in Wirklichkeit ist es auch so gewesen, da, wie wir sahen, 
die Datierung nach der tribunicia potestas an der ersten Stelle ein 
später Zusatz ist und die cc. 5 und 6, wie wir jetzt wahrscheinlich 
zu machen suchen, ein Einschiebsel sind. Das merkt man noch deut- 
licher, wenn man unmittelbar nach der Lektüre von e. 4 die cc. 7 und 8 
liest. Die beiden zuletztgenannten Kapitel schließen sich lückenlos 
an den Schluß von c. 4 an. Die heutige Fassung des Textes dagegen, 


44 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


wie sie seit der Einschiebung der cc. 5 und 6 entstanden ist, macht 
die Erwähnung der zehnjährigen Dauer des Triumvirats am Eingang 
von c. 7 ganz unverständlich. 

C. 7 umfaßt, abgesehen vom Konsulat, das am Ende von c. 4 ge- 
nannt war, die honores des Kaisers bis zum Jahr 28 herunter, während 
diejenigen des Jahres 27 in c. 34, dem Schlußkapitel dieses Entwurfs, 
erwähnt werden. Wie am Ende von c. 1 folgt auch hier auf das 
Konsulat noch einmal das Triumvirat. Wie dort die Wahl zum ersten 
Konsulat und dann ins Triumvirat nebeneinanderstehen, so folgt 
auch hier ursprünglich nach der Erwähnung des fünften Konsulats 
(s. 0.) die Gesamtdauer des Triumvirats. Zu der eigenartigen Formu- 
lierung, daß Octavian zehn Jahre hintereinander Triumvir gewesen 
sei, vgl.man Sueton Aug. 27: triumviratum rei publicae constituendae per 
decem annos administravit. Sie steht mit anderen Nachrichten, 
die ganz offenbar aus der Autobiographie stammen, in Widerspruch, 
dagegen im Einklang mit dem unter Augustus’ Einfluß abgefaßten 
Fasti consulares!), die zum 1. Januar 37 die Iteration des ursprüng- 
lich quinquennalen Amtes?) und damit das Ende des zweiten Quin- 
quenniums zum 31. Dezember 33 berichten, also ebenfalls ein ge- 
schlossenes dezennales Triumvirat voraussetzen. ?) 

Die Erhebung zum princeps senatus, bzw., wie es der allein er- 
haltene griechische Text richtig ausdrückt, das Recht, „seinen Namen 
in der Mitgliederliste des Senats an erster Stelle führen zu lassen“*), 
erhielt Octavian im Jahre 28 im Verlaufe seines ersten Census.d) Die 
in dem Satz dann hervorgehobene Tatsache, daß er volle 40 Jahre 
lang dieses Recht gehabt habe, führt auf den Sommer 14 n. Chr.; wir 
haben also eine Zahl vor uns, die nachträglich durch Tiberius einge- 
setzt worden ist. Auf die Änderung der Zahl deutet auch das Tempus, 
[serip]seram statt scripsi, hin. 

Die am Schluß des Kapitels folgende Aufzählung der Priester- 
ämter des Augustus erfolgt, wie es scheint, in chronologischer Reihen- 
folge, unter der Voraussetzung, daß am Anfang ursprünglich nicht 


1) CIL I! p. 28; Mommsen, Staatsr. II® S.718; Kolbe, Hermes 49, 1914, 
8. 275f. 

2) Fasti Colot. zum Jahre 48 CIL I? p. 64: [M. Aljemilius M. Antonius 
imp. Caesar III vir r. p. c. ex a. d. V. K. Dec. ad pr. K. Ian. sext(as), also 
bis zum 81. Dezember 38. 

3) Über das Problem des Ablaufes des Triumvirats vgl. den Exkurs V. 

4) Mommsen, Staatsr. II® 8. 894. 

5) Cassius Dio 53, 1, 3: xl &v «öraig (dem Censuslisten vom Jahre 28) 
moQ6xgLToS zig yegovoiag Enrenindn, Bomee Ev ch dxpıßel Önuorngarix Everduuoro. 
Mommsen (Staatsr. II? S. 895 Anm. 1) betont auch hier wieder ausdrücklich: 
„als princeps senatus im eigentlichen Sinn darf er nicht betrachtet werden“, 





4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 45 


Goxıegeög (pontifer maximus), sondern nur legevg (pontifex) gestanden 
hat.!) In das Pontifikalkollegium wurde Octavian schon im Jahre 48 
nach der Schlacht bei Pharsalus aufgenommen?), Augur wurde er im 
Jahre 41 oder 40, Quindecimvir zwischen 37 und 34, Fetial war er 
nachweislich beim Ausbruch des Krieges gegen Antonius und Kleo- 
patra im Jahre 32. Es darf bei dieser Sachlage wohl angenommen 
werden, daß er unter die septemviri epulones, die fratres arvales und 
die sodales Titii auch schon vor 32 v. Chr.), zum mindesten aber vor 
dem Jahre 29 v. Chr.*) aufgenommen wurde. Damit aber fügt sich 
das ganze Kapitel, abgesehen von der Zahl guadraginta, dem Entwurf, 
der zwischen den Jahren 29 und 23 entstanden sein soll, ein. 


Hatte c. 7 diehonores des Augustus bis zum Jahre 28 herunter ge- 
boten, so folgen in e. 8 seine „Taten“ aus den Jahren 29 und 28 in 
chronologischer Fortführung des index rerum gestarum, wie er in denı Ur- 
monument geboten war, zunächst auf dem Gebiete der inneren Politik. 
Die Erwähnung des fünften Konsulats gleich im ersten Satz dürfte als 
weitere Stütze für meine oben (S. 34) geäußerte Ansicht aufzufassen sein, 
daß in I 29 ursprünglich auch consul quintum gestanden hat. Die Patri- 
ziervermehrung, von der zunächst gehandelt wird, erfolgte iussu populi et 
senatus, d. h. auf Grund der lex Saenia vom Ende des Jahres 30°), mit 
Zustimmung des Senates im Jahre 29°) und war eine Nachahmung des 
schon durch die lex Cassia dem Diktator Caesar verliehenen „alten 
Königsrechts“.”) 


1) Die Annahme wird dadurch gerechtfertigt, daß die Übernahme des 
Oberpontifikates nach dem Tode des Lepidus in c. 10 II 28—28 nochmals und 
eingehend berichtet wird. 

2) Nachweise hierzu und zum folgenden bei Mommsen, Res gestae? 8. 32 ff. 
Pontifex wurde Octavian gleich nach Anlegung der toga virilis an Stelle des 
L. Domitius Ahenobarbus, der bei Pharsalus gefallen war, Nic. Damasc. Bios 
Kaloapog c. 4. 

3) Eine Münze des Jahres 16/6 v. Chr. (Mommsen, Res gestae? 8. 83) be- 
weist, daß er damals sicher allen vier sacerdotum amplissima collegia angehört 
hat. Die Neugründung der fratres arvales durch Octavian erfolgte zwischen 
36 und 21 v.Chr. (E. Bormann, Benndorf-Festschr., 1898, 8. 283f.; Wissowa, 
Religion? S. 561), wahrscheinlich näher dem Anfang als dem Ende dieses Zeit- 
abschnittes. 

4) Diesen spätesten möglichen Terminus ante quem entnehme ich der 
‚Notiz des Cassius Dio 51, 20, 8, wonach Octavian im Jahre 29 das Recht erhält, 
öffentliche Priester, auch über die gesetzliche Zahl hinaus, zu ernennen, Gardt- 
hausen 1 8. 867, II S. 508 A. 6. Daraus ist wohl zu schließen, daß er damals 
selber Mitglied aller Priesterkollegien war. 

5) Tac. ann. XI 25. L. Saenius war consul suffectus in den letzten zwei 
Monaten des Jahres 30, Prosopogr. III p. 156, 40. 

6) Cassius Dio 52, 42; zur Sache vgl. Mommsen, Res gestae? 8. 34. 

7) Tac. ann. XI 25, dazu Ed. Meyer, Caesars Monarchie? S. 464. 


Kornemann, Mausoleum des Augustus 4 


46 III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


Die folgenden Sätze von der Senatsergänzung und dem Census 
vom Jahre 28 haben ursprünglich zusammengehört, wie das aus dem 
ersten Entwurf stehen gebliebene et verrät.!) Denn zunächst hat nur 
die erste senatus lectio vom Jahre 28?) dagestanden und war durch et 
mit dem Census des gleichen Jahres verbunden, etwa senatumque legi 
et in consulatu sexto censum populi usw. Mit der Angabe der Bürger- 
zahl des ersten Census schließt möglicherweise der erste Entwurf 
dieses Kapitels. Vielleicht hat aber auch der letzte Satz des Kapitels: 
Legibus novi[s perlatis multa e|rempla usw. schon von Anfang an hier 
gestanden, weil die Sittengesetzgebung .Octavians im Jahre 28 bereits 
einsetzt. °) 

Angeschlossen hieran ist der Inhalt des c. 9 II 15ff. von den 
vota, ludi und sacrificia pro salute Octavians, die schon ins Kapitel Herr- 
scherkult gehören und uns beweisen, wie früh Augustus sich auch 
im Westen diesen sakralen Ehrungen geneigt gezeigt hat. Der Senats- 
beschluß bezüglich der vota, der die ludi, die alle vier Jahre pro salute 
Caesaris gefeiert werden sollten, zur Folge gehabt hat‘), gehört nach 
Cassius Dio 51,19, 2 ins Jahr 30. Die erste Feier erfolgte im Jahre 28, und 
zwar durch die Konsuln des Jahres, Octavian selber und Agrippa, worüber 
wieder CassiusDio (53, 1,4) berichtet, der hinzufügt (53,2,1),daß Octavian 
selber die Kosten der Festlichkeit bestritt. Nun besteht aber eine inter- 
essante Divergenz zwischen der Angabe im Mon. Anc. und Cassius Dio. 
Während nach dem ersteren die Konsuln und die Priester der vier großen 
Kollegien in der Ausrichtung der Spiele abwechselten, geschah diesnach 
Dio (53, 1,5), abgesehen von der Feier des Jahres 28, nur durch die Prie- 
ster. Und die Untersuchung Mommsens hat wahrscheinlich gemacht), daß 


1) So schon richtig Wilcken, Hermes 38 8. 627. 

2) Nur die erste lectio senatus fiel mit einem Census zusammen bzw. geht 
ihm im Jahre 29 voraus, wie Cassius Dio 52, 42,1 zum genannten Jabre be- 
richtet, die späteren lectiones dagegen nicht mehr, wie Ed. Meyer, Kl. Schr. 
8.475 A. ı und Fr. Blumenthal, Klio IX, 1909, 8. 494 ff. gegen Mommsen er- 
wiesen haben. E. Diehl, Res gestae® 8. 11f. steht heute noch auf dem Momm- 
senschen Standpunkt; vgl. auch Abele, Der Senat unter Augustus in Studien 
zur Gesch. u. Kultur des Altertums 12 8. 12. 

3) Ich halte heute diesen Schlußsatz des c. 8 unbedingt für einen Teil des 
ersten Entwurfs, nachdem ich Reitzensteins Hinweis (S. 486) auf die Nachwir- 
kung der stoisch-ciceronianischen Idee auf diesen Abschnitt gelesen habe. Vor 
allem die Betonung der Erneuerung des alten Väterbrauchs und die Heraus- 
stellung der eigenen Persönlichkeit als Vorbild paßt vorzüglich zu dem im 
Banne der genannten Theorie stehenden Entwurf. 

4) Vgl. Joseph Wilhelm, Das röm. Sakralwesen unter Augustus. Straßb. 
Diss. 1915 S. 23; als Iudi pro salute Caesaris erscheinen die Spiele im SC. de 
ludis saecularibus vom J. 17 v.Chr. CIL VI877 a 4 und bei Plinius N. H, VII 158, 
dazu Wilhelm a. a. O. S. 25; H. Heinen, Klio XI 8. 144 Anm. 1. 

5) Mommsen, Res gestae* 8. a1ff. 


4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 47 


der dionische Bericht dem historischen Tatbestand eher entspricht, 
zumal die Spiele bei Sueton Aug. 44, 3 direkt ludi pontificales genannt 
werden. Dann erhalten wir folgende Tabelle für die Spiele: 


126/28: 5 Spielleiter die Konsuln: Dio 53, 1,4. 


730/24: m die pontifices. 

734/20: r die augures. 

738/16: 5 XV viri: Dio 54, 19, 8; CILVI 877. 
742/12: 5 epulones. 


146/8: 5 pontifices. 
750/4: en augures. 
754/1: er XV viri. 
158/5: " epulones. 


762/9: A pontifices: Plin. N. H. VII 48, 158. 

766/13: = augures.!) 
Wenn nun unser Kapitel vor dem Jahre 746/8 geschrieben ist, in wel- 
chem Jahre die Konsuln eigentlich wieder als Spielleiter an der Reihe 
waren, ist die Fassung des Textes eher zu entschuldigen, mit der An- 
nahme etwa, daß im Senatsbeschluß ‚vom Jahre 30 tatsächlich die 
Konsuln im Turnus vorgesehen waren, später bei der Ausführung aber 
aus irgendwelchen Gründen ausgelassen wurden. An den Worten vivo 
me des zweiten Satzes haben die meisten Erklärer Anstoß genommen.?) 
Wohl ist richtig, daß nach dem Tode des Augustus diese Spiele nicht 
mehr gefeiert worden sind; dies konnte aber der Schreiber nicht vor- 
her wissen. Wenn also die Worte kein späterer Zusatz des Tiberius 
sind, können sie nur so aufgefaßt werden, wie ich es früher getan 
habe?), nämlich im Hinblick auf den Diktator Caesar. Für diesen waren 
einstmals ähnliche penteterische Spiele beschlossen worden, aber zur 
Feier war es bei dessen Lebzeiten nicht mehr gekommen, vielmehr 
war erst dem Divus Iulius gelegentlich der Einweihung seines Tem- 
pels auf dem Forum diese Ehre zuteil geworden. 


“Der im Text folgende Satz, der wohl mit Bormann am besten 
folgendermaßen zu ergänzen ist: [Privat]im etiam et municipatim uni- 


‘ 


1) Die Gesamtliste der Spiele, wie sie sich aus unserer Stelle im Mon. 
Anc. ergeben würde, bietet dagegen H. Heinen a. a. O. S, 144 Anm. 1 u. Jos. 
Wilhelm a. a. O. 8. 26. 

2) Vgl. die Zusammenstellung der verschiedenen Ansichten der Neueren, 
Klio III S. 83f.; dazu jetzt Wilhelm a. a. O. S. 26, der meine Deutung über- 
sehen hat. 

3) Klio III 8. 84; hier auch die Belege zu dem im Text bezüglich Caesar 
Ausgeführten. s 

4* 


48 III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


versi [cives sacrificia concordite]r!) apud omnia pulvinaria?) pro vale- 
[fudine mea fecerunt], kann sehr wohl auch schon dem ersten Entwurf 
angehören, da der Inhalt mit den für Octavian nach Actium beginnen- 
den Ehrungen sich deckt.?) 
Das Thema, welches in c. 9 angeschlagen worden war, wird in 
c. 10 in sachlicher und chronologischer Hinsicht fortgesetzt. Die Auf- 
nahme des Namens in das Salierlied gehört in das Jahr 29.) Das 
Folgende ist dem Griechischen entsprechend in einem neuen Satz so 
zu fassen: Et sacrosan|ctus ut essem in perpetuum?) et q]uoa[d] viverem, 
tribunicia potestas mihi [esset, lege sanctum est]. Die Stelle ist für meine 
Auffassung entscheidend. Ein Zwiefaches wird hier als gesetzlich fest- 
gelegt uns vor Augen geführt: 1. die Verleihung der sacrosanctitas in 
verpetuum, 2. die Übertragung der tribunicia potestas auf Lebenszeit. 
Ist meine Ansicht richtig, daß wir hier einen chronologisch geordne- 
ten Überblick über die frühere Zeit vor Augen haben, so können nur 
die auf die tribunicia potestas Octavians bezüglichen Akte vom Jahre 36 
und 30 in Betracht kommen. Ein Vergleich der Stelle mit Cassius 
Dio bestätigt diese Auffassung. Die Verleihung der sacrosanctitas im 
Jahre 36 schildert der Historiker 49,15,5f. mit den Worten: &unpioavro 
. wire &oyo wire Adyo rı Gfgigeotai' el Ö& un, Toig abroig vov 
towürd rı Ögdoavre Eveysoha olonsp Eni To Önudoyo Ereiraxto (d. i.. 
die Verleihung der sacrosanctitas). xal yap Ext av abräv Badonv 
ovyaadeteodel oyıoıv &Außs. Daß die Worte in perpetuum im Gesetz 
standen, zeigen Appian (b. c. V 132, 548: &p’ oig adrdv sbpnuoüvreg 
eilovro Önunpyov Es del, Öınvensi üpe Korn moorgemovres ng 
zgoreoag (dem Triumvirat) dmoorijveı. 5 Ö: &öskaro ubv xal rivde.) 
und Orosius (VI 18, 34: ovans urbem ingressus ut in perpetuum tribu- 
niciae potestatis esset, a senatu decrefum est). Es ist dieselbe Ehrung, 


1) Griech. öuodvunddr. 

2) Diese Worte hat der griechische Text nicht; statt dessen steht hier 
das farblose Wort ovvsyös. 

8) Vgl. Cassius Dio 51, 19, 7 unter den Beschlüssen des Senats im Jahre 30: 
?v rois ovooırloıg oby Orı voig xoıvolg dAAk nal volg ldloıs ndvrag abrh onevdsn, 
Sueton Aug. 59: provinciarum pleraeque super templa et aras ludos quoque quin- 
quennales paene oppidatim constituerunt. 

4) Cassius Dio 51, 20, 1: Beschluß des Senats: #5 rs roüg Üuvovg abror 
€& loov roig HFeois Eoypdpeodaı. 

6) Diese Ergänzung, die noch Mommsen, weil er u£ vor quoad unnötiger- 
weise wiederholte, als zu lang für die Lücke ablehnte, ist die einzig mögliche 
und der Ausfall im Griechischen leicht dadurch erklärlich, daß der Übersetzer 
sowohl in perpetuum (8.1110), wie quoad viverem durch dı« Blov hätte wieder- 
geben müssen, vgl. E. Diehl, Res gestae? S. 14 zu der Stelle Daß in perpe- 
tuum auch sachlich durch die Parallelstellen gefordert wird, ergibt sich aus 
den Darlegungen oben im Text. 


4, Die Entstehung der Gesamtinschrift 49 


die einst schon Caesar zuteil geworden “er: ‚ von wo auch die For- 
mel in perpetuum stammt.?) 

Die Verleihung der tribunicia potestas auf Lebenszeit im Jahre 
30 steht fast mit denselben Worten bei Cassius Dio 51,19, 6 zov 
Keisapa vv te &ovalav rw Tüv Önudoyav dıd Blov &ysıv; aller- 
dings kann man auch die Worte desselben Historikers zum Jahre 23 
(53,32, 5) heranziehen (f yegovol« Öruagy6v ve adrov dia Biov slvaı 
&umpleuro). Doch geht aus den ferneren Worten Dios an der ersten 
- Stelle (xel roig Enxıßomusvors abrov xal Evrög Tod nounolov xal EEw 
uexgis 5yddov Nursradlov (= 1km) duvvewv, 5 undevi tüv Inuagyodv- 
zov &fv) klar hervor, daß schon im Jahre 30 die Übertragung der 
tribunicia potestas in räumlich erweiterter und damit entscheidender 
Form erfolgte®), während im Jahre 23 nach niedergelegtem Konsulat die 
seitherige potestas perpetua nur noch zu einer annua gemacht wurde.) 
Daher sagt auch Tacitus (ann. 12): posito triumviri nomine consu- 
lem se ferens et ad tuendam plebem tribunicio iure contentum 
und Mommsen fügt erklärend hinzu: „Hätte er dabei an den Akt vom 
Jahre 23 und nicht an den vom Jahre 36 (muß heißen: vom Jahre 30) 
gedacht, so hätte er deinde oder mox statt et setzen müssen.“5) Es ist 
also ganz verfehlt, wenn die Forschung nach Mommsen die Bedeutung 
des Aktes vom Jahre 30 dadurch hat abschwächen zu müssen geglaubt, 
daß sie darin nur eine Übertragung des ius ausilii „als Sonderrecht“ 


1) Cassius Dio 42, 20, 44, 4 u. 5, Appian b. c. 11 106, 442, dazu Mommsen 
Staatsr. II? S. 872; Ed. Meyer, Caesars Monarchie? 8. B1Bf. 

2) Livius Per. 116: et cum »plurimi maximique honores a senatu deoreti 
essent, inter quos, ut parens patriae appellaretur et sacrosanctus ac dictator 
in perpetuum esset; Cassius Dio 42, 20, 3. 

8) Vgl. Mommsen, Staatsr. 1° 70 A. 2: „Auch daß die tribunicische Ge- 
walt des Princeps, nachdem sie ausdrücklich auf die Bannmeile erstreckt war, 
damit angesehen ward als anwendbar im ganzen Reich, ist danach begreiflich. 
Nach republikanischem Recht brach sie die Amtsgewalt domi, wich aber der- 
jenigen militiae. Mit der Festsetzung, daß Augustus sie bis zum ersten Meilen- 
stein auch dann gebrauchen dürfe, wenn ihm dort ein Beamter mit voller 
Amtegewalt militiae entgegentrat, war sie auch dieser gegenüber anerkannt; 
und daraus konnte zwar nicht Labeo, wohl aber Capito folgern, daß damit die 
tribunicische Gewalt des Princeps überhaupt anerkannt sei als dem Amtsbefehl 
nach Kriegsrecht überlegen.‘ 

4) Ganz richtig daher Mommsen (Staatsr. 11? S. 878 A. 1) zu Dio 58, 82: 
„wo die damals allerdings eingeführte Annuität der Gewalt mit der Gewalt 
selbst verwechselt wird‘; richtig in diesem Punkt auch H. Dieckmann, KlioXV, 
1918, 8. 846 A. 1. 

ö) Vgl. auch schon ebenda 8. 872 Anm. 6: „Taeitus meint nicht die im 
Jahre 23 beschlossene, an die Stelle des Konsulats tretende Ordnung, sondern 
die frühere neben diesem herlaufende.“ Die abweichende Auffassung der Ta- 
eitus-Stelle durch F. Haverfield habe ich schon oben 8. 39 Anm. 1 abgelehnt 


50 III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichte 


gesehen hat.!) Wenn meine Interpretation der eben behandelten Stelle 
des Mon. Ancyr. und ihre Beziehung auf Cassius Dio 51, 19 richtig 
ist, dann haben wir hier die offizielle Bestätigung, daß Octavian selber 
dem Jahre 30 die entscheidende Bedeutung beigelegt hat. Wenn Kro- 
mayer endlich die Worte lege sanctum est nur in bezug auf die Ver- 
leihung vom Jahre 23 berechtigt findet?) und betont, daß unsere Quellen 
sonst nur von Senatsbeschlüssen, nicht von leges reden, so gilt dieser 
Einwand auch gegenüber Dios drittem Bericht zum Jahre 23. Auch 


hier hat Mommsen richtig gesehen, wenn er hervorhebt, daß mit Rück- 


sicht auf die Tatsachen, daß bei alle späteren Prinzipes die Übertragung 
der irib. pot. durch Volksbeschluß erfolgte (comitia tribuniciae potesta- 
tis), dies auch für Augustus angenommen werden muß, genau wie es 
ungere Stelle gibt, während die Schriftsteller nur den a 
Senatsbeschluß der Erwähnung wert gefunden haben.?) 

Vom zweiten Teil des c. 10, der sich auf Augustus’ Verhältnis 
zu Lepidus und die schließliche Übernahme des Oberpontifikats nach 
dessen Tod bezieht, gehört nur der erste Satz zum ersten Entwurf. 
Der Inhalt desselben umfaßt das Ereignis des Jahres 36, die Ableh- 
nung der vom Volke ihm angebotenen Würde des Pontifex maximus, 
da Octavian die Beseitigung des seitherigen Kollegen im Triumvirat 
aus dieser hohen Stellung, obwohl er das Amt zu Unrecht besaß), 
als unmöglich bezeichnete), ein Ereignis, das der Verfasser hier an- 
gehängt hat, weil er auch im vorhergehenden Satz auf das Jahr 36 
zurückgegriffen hatte. Nun berichtet aber Cassius Dio®) zum Jahre 18, 
daß dem Octavian nicht nur einmal, sondern mehrmals, teils von ein- 
zelnen, teils öffentlich, das Oberpriesteramt angeboten worden ist, 
während an unserer Stelle ganz ausdrücklich nur von dem Angebot 
des Jahres 36 die Rede ist. Auch dieser Tatbestand vereinigt sich am 
besten mit einer möglichst frühzeitigen Niederschrift des Kapitels, als 
weitere Anerbietungen noch nicht erfolgt, also auch noch nicht zu be- 
richten waren. 


1) Kromayer, ‚Die rechtliche Begründung des Prinzipates S. 40; O. Th. Schulz, 
Das Wesen des römischen Kaisertums, 1916, S.68. Auf die Worte des Tacitus 
ad tuendam plebem darf sich diese Auffassung nicht berufen. Mit Recht sagt 
Mommsen (Staatsr. II® 8. 880), die Worte gehen „gewiß auf Erklärungen des 
Inhalts zurück, die Augustus selbst über seine tribunicische Gewalt gab". 

2) Kromayer 2.2.0. 8.40 A.1; Klio II 8.157 A. 1 bin ich noch Kro- 
mayer gefolgt. 

8) Staatsr. II? S. 874 ff. (Material S. 875 Anm. 2). 

4) Darüber E. Meyer, Caesars Monarchie? 8. 525 Anm. 1. 

5) Ebenso Appian b. e. V 131, 543 und Cassius Dio 49, 15, 8; Sueton 
Aug. 31, 1. 

6) "Cassius Dio 54, 15,8. 





4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 51 


Der Rest von c. 10 sowie e. 11 und 12 gehören nicht zum ersten . 
Entwurf. Dagegen ist dies kaum zweifelhaft bei c. 13, allerdings nicht 
in der Form, die das Kapitel jetzt aufweist--_Die erste Schließung des 
Ianus erfolgte bekanntlich im Jahre 29°), ein Ereignis, 
von Octavian selber wie von den Zeitgenossen sehr hoch eingeschätzt 
wurde?), die zweite im Jahre 25 nach dem cantabrischen Krieg?). 
Wenn nun in diesem Kapitel zunächst nur die erste oder höchstens 
die beiden ersten Schließungen des Ianus erwähnt waren, muß ursprüng- 
lich der Vergleich mit den beiden früheren, vor Augustus liegenden 
Schließungen, da erst durch die Dreizahl eine Übertrumpfung der 
maiores ermöglicht wurde, gefehlt haben, d.h. es müßten die Worte 
cum ... memoriae und me principe anfangs nicht da gestanden haben 
und für ter entweder bis oder nichts. Dann würden aber zwei An- 
stöße eine Erklärung finden, die der heutige Text bietet: daß II42 
claussum und II44 dausum zu lesen steht und daß hier schon 
me principe vorkommt, was erst c. 32 (VI 6) wieder begegnet; vgl. 
auch c. 30 (V 44) ante me principem. Beides gehörte bei dieser Auf- 
fassung des Kapitels in den Zusatz zu dem ursprünglichen Entwurf. 
Eine Stütze für diese Auffassung, daß das Kapitel schon nach der 
zweiten Schließung des Ianusbogens erstmalig niedergeschrieben wor- 
den ist, bietet auch v. Domaszewskis feinsinnige Deutung der Reliefs 
an einem der Silberbecher von Boscoreale.“) Hier erscheint Augustus 
in der einen Szene als Friedensfürst, in der anderen als Mehrer des 
Reiches, in letzterer Hinsicht mit deutlicher Beziehung auf den spa- 
nischen Krieg gegen die Cantabrer, Asturer und Callaecer, und der 
Heidelberger Forscher hat mit Recht schon auf unser c. 13 als „das 
einigende Band, das beide Szenen verknüpft“, hingewiesen. Doch ist 
es nicht das Kapitel in seiner heutigen Gestalt, sondern das oben von 
uns erschlossene, welches den Hintergrund für die Darstellung des 
Künstlers bildet. 

Mit c. 15 beginnt dann der neue Abschnitt von den smpensae. 
Ich folge heute, was diesen und den folgenden Abschnitt betrifft, den 
Aufstellungen Wilckens°), der nachgewiesen hat, daß der erste Ent- 
wurf die Grundlage auch dieser Abschnitte gelegt hat. Die ersten 
vier Spenden an die plebs Romana (III 7—12), die später (III 16) 
als plebs urbana und am Schluß (III 20) als plebs, quae tum frumen- 


1) Cassius Dio 51, 20, 4. 
2) Livius [1 19,8; Voll Il 38, 3; sonstige Stellen bei | Mommsen, Res gestae? 
8. 50. 
3) Cassius Dio 58, 26, 5; Orosius VI 21, 11. 
4) S.-Ber. d. Heidelb. Akad. 1910, 4. Abh. S. 3ff. 
6) Hermes 88 8. 621. 


52 Il. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


tum publicum accipiebat, bezeichnet wird, gehören in die Jahre 44, 29, 
24 und 23 v. Chr.; bei den drei ersten Spenden allein wird für sester- 
tius das Zeichen HS gebra=eckt, das im ganzen Dokument nur noch 
zweimal, nämlich e. 17 III38 in dem späten Bericht über das aerarium 
militare vom Jahre 6 n. Chr. und c. 21 IV 26 vorkommt, während in 
e. 15 bei der fünften Spende (vom Jahre 12: III 12/3), ebenso bei der 
Gabe an die Soldaten der octavianischen Kolonien vom Jahre 29 
(UI 17—19) nummus statt sestertius angewendet wird, bei den Spen- 
den vom Jahre 5 (III 15—18) und 2 v.Chr. (II 19—21) aber die 
Denarrechnung?), endlich in c. 16 und 17 (abgesehen von dem einen 
oben angeführten Fall) das Wort sestertius (III 24, 32, 34). Dieser Zu- 
stand der in Frage stehenden Kapitel, vor allem des c. 15, zeigt 
deutlich, daß die Entstehung nicht auf einmal erfolgt ist, zumal wenn 
man dazunimmt, daß III 12 tribunicia potestate, dagegen III 15 tri- 
buniciae potestatis steht, die Datierung an der zweiten Stelle zudem 
noch durch den Zusatz consul XII geschieht, während III 19/20 nur 
consul tertium decimum (die Zahl hier nicht durch die Ziffer) ohne 
Angabe der trib. pot. zu lesen ist, die Spenden der Jahre 5 und 2 (die. 
beide nach Denaren rechnen), endlich durch die Dazwischenschiebung 
der Gabe an die Soldaten der Kolonien vom Jahre 29 in höchst auf- 
fälliger Weise auseinandergerissen sind. Um die ältesten Teile heraus- 
zuschälen, muß das Kapitel hier schon in seiner Gesamtheit betrachtet 
werden. Es ist deutlich, daß der Schlußsatz ein späterer Nachtrag ist, 
der nicht mehr an die Stelle gesetzt worden ist, an die er eigentlich 
gehört. Denn das Kapitel teilte sich ursprünglich in zwei ungleiche 
Teile: 1. Spenden an die stadtrömische Plebs vom Jahre 44 ab, 2. die 
Spende an die Soldaten der octavianischen Kolonien vom Jahre 29. 
Aber schon der erste Teil ist nicht auf einmal niedergeschrieben. Die 
sechste Spende, die zum ersten Male nach Denaren rechnet und den 
beschenkten Bevölkerungsteil plebs urbana statt plebs Romana im 
Anfang des Kapitels nennt, ist ein Nachtrag. Schwieriger liegt die 
Frage bezüglich der fünften Spende vom Jahre 12 v. Chr. Diese halte 
ich ebenfalls schon für einen Nachtrag, während der dann folgende 
Satz zum ersten Entwurf gehört, weil plötzlich nummos statt HS an- 
gewendet wird. Der erste Entwurf ging, abgesehen von den Worten 
et tribunicia potestate ... viritim dedi, bis zum Ende von III 14 et du- 
centa. Dann folgte ursprünglich die Gabe an die Soldaten III 17—19 
vom Jahre 29. Wir haben demnach in dem Kapitel einen ältesten Grund- 
stock, der frühestens im Jahre 23 geschrieben sein kann, und drei 


1) Wodurch die Denarrechnung bereingekommen ist, hat O. Hirschfeld 
erklärt; siehe seine Ausführungen in meinem Aufsatz Klio IV, 1904, S. 90. 





4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 53 


Nachträge, frühestens im Jahre 12, im Jahre 5 und im Jahre 2 hin- 
zugekommen. Das Kapitel gibt somit als Termin des ältesten Ent- 
wurfes den letzten nach unseren früheren Auseinandersetzungen mög- 
lichen an, nämlich das Jahr 23, und läßt uns gleichzeitig die späteren 
Redaktionen bzw. Erweiterungen des ersten Entwurfes erkennen, in 
oder nach dem Jahre 12, in oder nach dem Jahre 5 bzw. dem Jahre 2. 
Das Kapitel ist, wie schon Mommsen gesehen hat!), für die Frage nach 
der Entstehung des Gesamtdokuments von entscheidender Bedeutung. 
- Wenn ursprünglich e. 15 mit der Spende an die Soldaten im 

Jahre 29 endete, so schließt sich auch lückenlos c. 16 an. Von diesem 
gehört der erste Satz mit Ausnahme der Worte et postea ... augure 
dem ersten Entwurf an und dem entsprechend auch die betreffenden 
Teile des zweiten und dritten Satzes. Die Kosten, die die Ansiedlung 
von Soldaten in Italien im Jahre 30 Octavian bereitet hatte, waren in 
dem Kapitel ursprünglich allein dargestellt. Die ausführlichste Dar- 
stellung der Sache steht bei Cassius Dio 51, 3 u. 4. Während in der 
Triumviralzeit die zu verteilenden Ländereien den seitherigen Besitzern 
in der Regel einfach ohne Entschädigung weggenommen worden waren, 
erfolgte diesmal eine, wenn auch den Wert nicht vollständig ersetzende 
Zahlung.) Dies war ein Novum und erklärt die Fassung des dritten 
Satzes des Kapitels, der ursprünglich nur auf Italien bezogen war. 

Von den vier Unterstützungen, die Augustus nach ce. 17 Anf. der 
Staatskasse zuteil werden ließ, wurde die erste im Jahre 28 gegeben?), 
eine zweite vielleicht schon im Jahre 27°), weshalb also sehr wohl 
schon im ersten Entwurf etwas Derartiges gestanden haben kann. 

An diese Ausführungen über Geld-, Getreide- und Landspenden 
sowie Zahlungen aller Art, die Octavian geleistet hat, schloß sich von 
e. 19 ab eine Übersicht über die umfangreiche Bautätigkeit des neuen 
Machthabers an. Auch diese Kapitel (19—21) weisen einen alten 
Grundstock auf. Er ist wie alle Reste des ersten Entwurfs, in welchen 
sachlich Zusammengehöriges aufgezählt wird (siehe oben zu ce. 7 
und c. 15), streng chronologisch geordnet. Wie Mommsen gesehen 
hat, erfolgt die Aufzählung offenbar nicht nach dem Jahr der Dedi- 
kation, sondern nach dem Jahr der Vollendung des betreffenden Bau- 
werks.’) Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über den Inhalt 
des ersten Entwurfs: 


1) Res gestae? 8.2 u. 8. 59. 

2) Mommsen, Res gestae? S. 63ff.; Joh. Kromayer, N.Jbb. f. d. klass. Altert. 
33, 1914, 8. 162 Anm. 1. 

8) Cassius Dio 58, 2,1. 4) Cassius Dio 58, 22. 

5) Mommsen, R. g.? S. 80. 


54 
























HI. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


des Baues 






Beschluß 3) Bauzeit bzw. 
1) Bauwerk HERD Vollendung | 4) Dedikation Quellenbelege 


des Baues 


curia Julia |43 v. Chr.| 42v.Chr. | 29 nach dem | 2) Cassius Dio 44, 5; 
15. Ang. 45, 17 
3) CassiusDio 47, 19 
4) Cassius Dio 51, 22 
Chalecidicum ? ? 29 nach dem | Cassius Dio 51, 22 
15. Aug. 
templum ? 36 v.Chr. (Be-| 28 9. Okt. | 8) Cass. Dio 49, 15; 
Apollinis in ginn des Baues) Vell. II 81 
Palatio 4) Cass, Dio 53, 1; 
CIL I? p. 881 
aedes Divi | 42 v. Chr. |35—34 v. Chr. | 29 18. Aug. | 2) Cass. Dio 47, 14 
Iuli i 8) Eckhel D. N. VI 
11, 75 
4) Cass. Dio 51, 22, 
vgl.19; CIL 1?p.825 
Lupercal ? ? wohlauchbald | 4) Dionys132,4;79,8 
nach 30 v.Chr. CIL VI 31200b 9 
porticus ad ? nach 88 v. Chr. ? 8) Appian Illyr. 28; 
eircum Fla- niedergebrannt Festus p. 178 
minium Oc- und wieder auf- ö 
tavia gebaut 
pulvinar ad ? nach demBrand ? 3) Cassius Dio 60, 10 
eircum ma- vomJ.31erbaut 
ximum 
aedes in Ca- ? ca. 31 v. Chr. ? 3) Nepos Attic. 20; 
pitolio Iovis Liv. IV 20 
Feretrii 
aedes in Ca- | 26/5 gelobt ca. 24/3 1. Sept. 22 | 2) Suet. Aug. 29 
pitolio Iovis | im Canta- 4) Cassius Dio 54, 4; 
Tonantis | brerkrieg CIL 1? p. 328 


Auf die Kapitel von den Neubauten folgte aus c. 20 der Satz von 


der Wiederherstellung vorhandener Tempel im Jahre 28!), dann der 
Schlußsatz desselben Kapitels mit der Erwähnung des Neubaus der 
via Flaminia von Rom bis Ariminum im Jahre 27?), wieder in chrono- 
logischer Folge mit genauer Angabe der Jahre vermittels des Konsu- 
lats, wie wir das für den ersten Entwurf gewohnt sind. Unsicher 
bleibt es, ob nicht auch der erste Satz von c. 20 dem ersten Entwurf 


1) Cassius Dio 53, 2, 4; Suet. Aug. 30; Liv. IV 20; Hor. carm. III 6; 
Ovid. fast. II 29. 
2) Cassius Dio 53, 22, 1; Suet. Aug. 30; CIL XI 365, 867. 


4. Die Entstehung der Gesamtinschrift . 55 


angehört. Wir haben aber nicht die Möglichkeit, die Wiederherstel- 
lungsarbeit@n am kapitolinischen Jupitertempel und am Pompeius- 
theater sicher zu datieren. Für frühe Entstehung spricht der Hinweis 
auf die großen Aufwendungen und den Verzicht auf eine neue In- 
schrift. Andererseits spricht das Fehlen einer genauen Datierung, 
wie sie die beiden letzten Sätze des Kapitels aufweisen, für einen spä- 
teren Zusatz. Auch ist im Auge zu behalten, daß die einzige Nachricht 
von einer Beschädigung des kapitolinischen Tempels (durch Blitz- 
schlag) ins Jahr 9 v. Chr. gehört (Cassius Dio 55, 1) und daß die 
Wiederherstellung vielleicht doch mit diesem Ereignis zusammen- 
hängt; darüber unten 8. 71. 

Nicht klar auf den ersten Blick ist auch, was in c. 21 dem Grund- 
stock des Dokuments angehört: sicher der Satz auri coronari .. . remisi 
IV 26—28, der durch consul quintum ins Jahr 29 datiert ist. Er 
schließt sich, da er von den Munizipien und Kolonien Italiens han- 
delt, gut an den letzten Satz von c. 20 an, in welchem der Neubau der 
Hauptheeresstraße Italiens erwähnt worden war. Trotzdem glaube 
ich, daß auch der vorhergehende Satz von der Wirkung der dona ex 
manibiis wenigstens teilweise aus dem ersten Entwurfe herrührt, da 
auch schon in c. 15 Spenden ex manibiis erwähnt werden.!) Die Ka- 
pitel 21 und 24 haben ursprünglich zusammengehört und erst nachträg- 
lich sind die ganz jungen Kapitel 22 und 23 dazwischengeschoben wor- 
den.?) Die Gedankenfolge wird gekennzeichnet durch den Ausgang von 
den dona ex manibiis, die in Tempeln der Stadt Rom geweiht worden 
sind, von wo der Übergang zu der Ablehnung des aurum coronarium 
der Munizipien und Kolonien Italiens, weiter zur Wiederverleihung 
der von Antonius den Tempeln der Provinz Asia geraubten Gegen- 
stände sehr leicht ist. Wenn dies richtig ist, braucht natürlich nicht 
der gesamte Satz von den dona er manibüs alt zu sein, zum mindesten 
müssen die Worte ei in templo Martis Ultoris ein Zusatz gelegentlich 
der Erweiterung des Dokumentes aus dem Jahre 2 v. Chr. sein, viel- 
leicht auch die unmittelbar vorhergehenden Tempelnamen, zum min- 
desten der der Vesta, deren Name auch unten im Bautenkapitel fehlt. 
Denn Cassius Dio erwähnt an der Parallelstelle®) nur die Kurie, die 
aedes Divi Iuli und den kapitolinischen Tempel als beschenkte Heilig- 
tümer. Daraus erkennen wir, daß der Kreis derjenigen Institute, die mit 
Beutegeldern bedacht wurden, größer ist, als hier angegeben wird.*) 
Daß auch beim italischen Straßenbau Beutegelder verwendet wurden, 
sagt Suet. Aug. 30. Dies ist eine weitere Stütze für meine oben ge- 


1) Vgl. lat. III 8 und III 17. 2) Siehe unten S. 76. 
3) Cassius Dio 51, 22, 2f. 4) Vgl. dazu Cassius Dio 51, 17, 8. 


56 III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichte 


äußerte Ansicht, daß die dona ex manibiis im ersten Entwurf auf die 
Notiz bezüglich der Wiederherstellung der via Flaminia gefolgt sind. 
Weiter beachte man, daß die Beutegelder, das aurum coronarium und 
die Rückgabe der ornamenta templorum der Provinz Asien in gleicher 
Weise Folgen des Sieges von Actium sind, also sehr wohl gleichzeitig 
und im Zusammenhang geschildert sein können. Die Ablehnung des 
aurum coronarium der italischen Städte ist die Antwort auf die Annahme 
dieses Krongeldes durch L. Antonius im Jahre 41 v. Chr.!) Ob der 
Zusatz et postea u. s. w. IV 28 gleich im ersten Entwurf dazugesetzt 
worden ist, bleibe dahingestellt. Zu dem Inhalt des dann ursprünglich 
folgenden c. 24 (1. Satz) vgl. man Cassius Dio 51, 17, 6ff; Plin. 
N. H. 34, 58; Strabo XIII p. 595, XIV p. 637. Der dann angereihte 
Satz von der Einschmelzung der Statuen und der Verwendung des 
Metalls zu Weihgeschenken im Apollo-Heiligtum gehört m. E. nicht 
dem ersten Entwurf an, da er sonst sicher vor die auf die Provinz 
Asien bezüglichen Bemerkungen gestellt wäre. Cassius53, 22,3 berichtet 
allerdings zum Jahre 27 schon von einem solchen Einschmelzen von 
Bildsäulen, aber ausdrücklich zum Zwecke der Münzprägung; auch 
bezieht sich die Notiz nicht wie unsere ausschließlich auf stadtrömische 
Denkmäler. Die einzige Parallelstelle zum Texte des Mon. Anc. steht 
bei Sueton Aug. 52 und hier ist von statuae olim positae die Rede, . 
so daß man den Eindruck hat, daß diese Maßregel nicht in den An- 
fang der octavianischen Alleinherrschaft gehört. Die Nachricht Dios 
54, 35, 2 zum Jahre 10, daß Augustus keine neuen Statuen sich mehr 
errichten ließ, läßt vielleicht den Schluß zu, daß das Einschmelzen vor 
diesem Jahre stattgefunden hat.?) 

Mit c. 25 beginnt ein neuer Abschnitt, in welchem der Verfasser 
auch als Mehrer des Reiches nach außen sich hinzustellen sucht. Ich 
bin mit Wilcken heute der Ansicht, daß gewisse Teile dieses Ab- 
schnittes ebenfalls dem ersten Entwurf des Gesamtdokuments ange- 
hören. Es wird darin auf die Zeit vor Actium noch einmal zurück- 
gegriffen, so daß man den Eindruck gewinnt, daß der kurze Satz in 
c. 3 von dem Siege in den bella civilia externaque Augustus selber jetzt 
nicht mehr genügte. Es werden nun noch außer den erbeuteten Schiffen, 
auf deren Angabe sich c. 3 beschränkt hatte, auch die Befriedung des 
Meeres, der wichtigsten Provinzen des Reiches, die Neuerwerbung bzw. 
Wiedererwerbung von Provinzen aufgezählt, es wird also die auswär- 


1) Vgl. Cassius Dio 51, 21, 4, den Parallelbericht zu unserer Stelle und 
dazu ebenda 48, 4 über L. Antonius; Näheres bei Mommsen, R. g.? 8. 89. 

2) Über die seltsame Zahlenbildung XXC für achtzig, wahrscheinlich eine 
nachträgliche Veränderung, ist oben S. 26 gehandelt worden. 


4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 57 


tige Politik in ganz anderer Weise in den Vordergrund gestellt wie 
früher, gleichzeitig aber werden auch Tatsachen der inneren Politik von 
der Niederlegung des Triumvirats (die c. 7 berichtet hatte) bis zum 
entscheidenden Jahre 27 in neue Beleuchtung gerückt. 

Zusammen gehören in dem neuen Abschnitt die cc.25—27; es 
gilt jetzt die ältesten Bestandteile aus ihnen herauszulösen. Das ganze 
e. 25 gehört dem ersten Entwurf an, da darin Ereignisse der 
Jahre 36 und 32 behandelt werden. Aus dem Seekrieg gegen Sextus 
Pompeius werden zwei Tatsachen hervorgehoben, 1. daß das Meer von 
den Seeräubern befreit worden ist, und 2. daß ungefähr 30000 ent- 
laufene Sklaven ihren Herren zur Bestrafung zurückgegeben wurden'); 
aus diesem Grunde wird der Krieg am Schluß von c. 27 (V 34) direkt 
als bellum servile bezeichnet. Vom Seekrieg gegen Sextus Pompeius 
wird zum actischen Krieg übergegangen und hier nur aus der Vor- 
geschichte des Krieges der Eidschwur (coniuratio) vom Jahre 32. zu- 
nächst Italiens?), dann der westlichen Provinzen®) berührt. Seine Auf- 
nahme in den Bericht ist die Folge der in ec. 7 gegebenen Notiz über 
das Ende des Triumvirats nach 10 Jahren: beide Stellen ergänzen ein- 
ander. Die Summe der Senatoren, die unter Octavians Fahnen damals 
gestanden haben, sowie die Summen der aus ihrer Reihe vorher oder 
nachher zum Konsulat oder zum Priestertum höheren Ranges empor- 
gestiegenen Männer sind natürlich auf die beim Tode des Verfassers 
zutreffenden Zahlen gebracht, wie oben*) schon bemerkt worden ist. 
Die Stelle beweist, daß Augustus auch in diesem ersten Entwurf des 
Gesamtdokuments auf die Hervorhebung des Senates und die Billigung 
seiner Politik durch denselben großen Wert gelegt hat. 

Das Kapitel war von der Säuberung und Befriedung des Meeres 
auf Italien, von hier auf die Provinzen des Westens, die Augustus 
für Actium den Treueid geschworen hatten, zu sprechen gekommen. 
Die nun folgenden cc. 26 und 27 sind ausschließlich den Pro- 
vinzen gewidmet, wie gleich der Anfang des ersten Satzes von c. 26 
zu erkennen gibt. Erweiterung aller Grenzprovinzen — omnium pro- 


1) Appian b. c. V 131, 544f.; Cassius Dio 49, 12; Orosius VI 18, 33. 
Orosius bietet ebenfalls die Zahl von 30000 zurückgegebenen Sklaven, bemerkt 
aber außerdem: sex milia, quorum domini non exstabant, in crucem egit. Dies 
verschweigt Augustus. 

2) Sueton Aug. 17, 2: Bononiensibus quoque publice, quod in Antoniorum 
clientela antiquitus erant, gratiam fecit coniurandi cum tota Italia pro parti- 
dus suis. 

3) Cassius Dio 50, 6, 4 gibt dieselben Provinzen fast in derselben Reihen- 
folge, nur bietet er hinter Spanien noch Illyricum; dazu Mommsen, Res gestae* 
8. 98f. 

4) Siehe oben $. 26. 


58 III. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


vinciarum populi Romani; man beachte den Zusatz populi Romani, 
ebenso im Anfang von c. 27: imperio populi Romani, hier sogar ge- 
legentlich der Notiz von der Erwerbung Ägyptens — und Befriedung 
der Innenprovinzen ist der Inhalt von c. 26, Neuerwerbung bzw. 
Wiedererwerbung verlorener Provinzen der Inhalt von c. 27, wodurch 
wir an die Disposition. in den Bautenkapiteln erinnert werden. Der 
erste Satz von c. 26 kann von Augustus im ersten Entwurf, wenn wir 
diesen um 23 v. Chr. entstanden denken, so schon formuliert sein.") 
Dann folgte ein kurzer Satz ursprünglich über Gallien und Spanien, 
etwa nur: Gallias et Hispanias pacavi?), womit die Kämpfe in Gallien 
in den Jahren 28 und 27 berührt werden°), während natürlich für Spa- 
nien in erster Linie der cantabrische Krieg 27,5 hier in Betracht 
kommt‘), so daß wir ‘auch hier wieder eine streng chronologische Ord- 
nung vor Augen haben, während die dann folgende geographische 
Notiz a Gadibus ad ostium Albis eine Voranstellung von Spanien er- 
fordert hätte.°) Dann sind aus c. 26 der Zeit nach nur noch möglich 
für den ersten Entwurf die Bemerkungen über die Feldzüge nach 
Athiopien und Arabien V 18ff. Die Frage, ob sie dem ersten Entwurf 
angehören, ist nicht leicht zu beantworten. Ich habe sie früher®) als 
einen späten Nachtrag angesehen, hervorgerufen durch den Zusatz der 
Flottenexpedition des Tiberius usque ad fines Cimbrorum V 15, der 
Augustus etwas Ähnliches an die Seite setzen wollte. Es paßt zu dieser 
Auffassung die Vernachlässigung der Chronologie, insofern die Expe- 
dition des Gallus nach Arabien vor der äthiopischen des Petronius 
hätte erzählt werden müssen, weiter die Hervorhebung der eigenen 
Person im Eingang des Stückes: meo iussu et auspicio, die vage Formel 
eodem fere tempore V 19, endlich der Umstand, daß die Erweiterung 
der Provinz Ägypten vor der Einverleibung derselben ins Römerreich 
gegeben wäre. Man kann andererseits aber auch sagen, daß die Sätze 
in ein Kapitel, das die Erweiterung der Grenzprovinzen als Haupt- 
inhalt hat, sehr wohl passen und daß die chronologische Folge gegen- 
über dem Satz, der von Spanien und Gallien handelt, gut gewahrt ist, 





1) Vgl. die Zusammenstellungen von Mommsen, R. g.? 8. 102f. 

2) Daß die Worte et Germaniam etc. ein späterer Zusatz sind, hat 
Wilcken (Hermes 38 8. 624f.) durch die Bemerkung, „daß die Reihenfolge der 
drei Länder im Widerspruch steht zu der geographischen Voranstellung a Gadi- 
bus ad ostium Albis‘ erwiesen; daß provicias (sic!), das im griechischen Text 
ganz fehlt, vielleicht erst durch Tiberius hereingekommen ist, habe ich früher 
vermutet (Klo II, 1902, 8. 154); vgl. auch unten Exkurs VI. 

3) Gardthausen I S. 659 f. 4) Gardthausen ebenda I 8. 679 ff. 

. 5) Sie sind ein späterer Zusatz, als Germanien hereingekommen war, 
siehe oben Anm. 2. 
6) Klio IV, 1904, 8. 93. 





4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 59 


sowie daß auch am Ende von c. 27 die Betrachtung chronologisch 
rückwärts schreitet. Die Frage, ob dieser Teil dem ersten Entwurf 
angehört oder nicht, muß also unentschieden bleiben. 

Kap. 27 beginnt mit der Erzählung der Einverleibung Ägyptens, 
also einem Ereignis des Jahres 30.1) Dann muß im ersten Entwurf 
gleich der Schlußsatz gefolgt sein, die Neuordnung der Provinzen des 
Ostens und Kyrenes, die durch Antonius zum Teil an einheimische 
Fürsten und an Cleopatra bzw. ihre Nachkommenschaft (man beachte 
hier wieder die Worte regibus eas possidentibus, die an den Schlußsatz 
von c. 4 erinnern) vergeben worden waren.?) Als Anhang ist ge- 
wissermaßen damit verbunden die Erwähnung der Wiedergewinnung 
von Sizilien (a. 36) und Sardinien (a. 38) im bellum servile. Damit ist 
die Erörterung gewissermaßen zum Ausgangspunkt im Anfang von 
c. 25 zurückgekehrt, und es sind alle Provinzen, die als Teilnehmer 
an dem Eidschwur vom Jahre 32 V 5—6 genannt worden waren, 
noch einmal in derselben Reihenfolge (Gallien, Spanien, Afrika, dies- 
mal vertreten durch Ägypten und Kyrene, Sizilien, Sardinien) an un- 
serem Auge vorübergezogen: ein Beweis mehr für die Zugehörigkeit 
dieser Teile zu demselben Entwurf. 

Ob und in welchem Umfang das dann folgende Kapitel von den 
Koloniegründungen im ersten Entwurf gestanden hat, ist nicht mehr 
auszumachen. Das Fehlen von Illyrieum auch hier wie in c. 25 und 
die Erwähnung von ufraque Hispania statt der durch die Verselb- 
ständigung von Lusitanien später an die Stelle getretenen Dreiteilung®) 
lassen auf eine Abfassung in der ersten Hälfte der octavianischen Re- 
gierung schließen; man braucht aber deshalb noch nicht bis zum ersten 
Entwurf hinaufzugehen, zumal viele der augustischen Kolonien in den 
Provinzen erst nach dem Jahre 23 gegründet sind.‘) Auch die Worte 
vivo me im folgenden Satze sprechen für eine spätere Abfassung, in- 
sofern doch diese Worte hier wie ein Rückblick auf die Erfahrungen 
eines längeren Lebens sich ausnehmen. 

Ich glaube, daß sich ursprünglich an die Wiedergewinnung der 
verlorenen Provinzen in c. 27 die Wiedergewinnung der römischen 


1) Cassius Dio 51, 17. 

2) Cassius Dio 51, 18; vgl. Mommsen, R. g.? 8.118; Gardthausen I 
8. 460 ff. 

3) Vgl. meinen Aufsatz Die Entstehung der Provins Lusitanien in der 
Hirschfeld-Festschrift 3. 221 ff. 

4) Für Spanien und Gallien berichtet Cassius Dio 54, 23, 7 von der Be- 
gründung von Kolonien zum Jahre 15 v. Chr. Vgl. auch meinen Kolonien- 
Katalog bei Pauly-Wissowa-Kroll, R-E., besonders für die Narbonensis Sp. 542, 
für den Osten 549ff. und F. Bleckmann, Klio XVII (1920) 8.109. 


60 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


Feldzeichen, soweit sie im ersten Satz von c. 29 geschildert wird, 
direkt angeschlossen hat. Wir wissen zwar nur durch Appian Ill. 28 
Genaueres über die von den Dalmatern im Jahre 33 abgelieferten 
römischen Feldzeichen!), dürfen aber mit Mommsen?) und Gardt- 
hausen®) vermuten, daß bei Spanien und Gallien nur Ereignisse des 
ceantabrischen Krieges und der vorher in Gallien sich abspielenden 
Kämpfe in Betracht kommen. Für die frühe Abfassung spricht auch 
der Wechsel von Land- und Volksnamen; Dalmatien war, als die Stelle 
geschrieben wurde, noch nicht Provinz.. Unerklärt aber bleibt, wes- 
halb Gallien und Spanien hier im Singular stehen, während in den 
Kap. 25 und 26 jedesmal der Plural gebraucht wird. 

Was von den folgenden Kapiteln bis c. 33 noch dem ersten Ent- 
wurf angehört, ist schwer zu sagen, c. 30 sicher nicht, da hier sofort 
von den Taten des Tiberius gegen Pannonien in den Jahren 12—9 die 
Rede ist, dagegen nichts von den Erfolgen des Octavian in den Jahren 
35—33, nichts von dem Feldzug des Licinius Crassus gegen die Bastarner 
und Daker in den Jahren 29 und 28 erwähnt wird. Die anschließen- 
den ce. 31—33 bilden eine Einheit. Von den indischen Gesandt- 
schaften gehört die erste in die Zeit des spanischen Kriegest), die 
zweite, die Hauptgesandtschaft, die Freundschaftsverträge anbot, aber 
schon ins Jahr 20 v. Chr.’) Die weiteren Gesandtschaften der Bastar- 
ner, Skythen usw. fallen ebenfalls, zum Teil wenigstens, sicher in die 
Zeit gleich nach Actium.®) Bei dieser Sachlage wäre nur unter der 
Annahme, daß ursprünglich nur eine Gesandtschaft der Inder erwähnt 
war, das Kapitel dem ersten Entwurf zuzuweisen. Ich trage Beden- 
ken, dies zu tun und möchte vorziehen, das Kapitel frühestens erst der 
zweiten Redaktion zuzuweisen, geschrieben mit Rücksicht auf den Be- 
such der Inder bei Augustus in Samos, der, wie Dios Bericht beweist”), 
großen Eindruck gemacht hat. Dagegen gehört der erste Satz von c.32 
bis zu der Lücke vor den Worten [Sugambr]orum Maelo vielleicht dem 
ersten Entwurf an, mit Ausnahme der Worte [e? postea] Phraifes] 
regis Phrati[s filius], die den Nachtrag eines Ereignisses des Jahres 
4 .n. Chr., der schon durch den Zusatz des Vatersnamens kenntlich ist, 


1) Die zurückgewonnenen Feldzeichen wurden in der porticus Octavia 
aufgestellt, vgl. Jordan-Huelsen, Topogr. I 3 S. 489. Anm. 51. 

2) R. g.* 8. 124. 

3) Augustus I 8. 679,.II S. 353 Anm. 9. 

. 4) Orosius VI 21, 19. 

5) Cassius Dio 54, 9, 8ff. 

6) Mommsen, R. g.? S. 134. 

7) Vgl. oben Anm. 5. 


4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 61 


darstellen.') Abgesehen von diesen Worten haben wir einen chrono- 
logisch geordneten Abschnitt vor uns. Tiridates und Artavasdes flohen 
zu Octavian im Jahre 30 bzw. 29°), die britannischen Könige bei 
Octavian gehören doch so gut wie sicher in die Jahre 27 oder 26 
v. Chr., als römischerseits eine Expedition gegen die Nordinsel erwogen 
wurde.) Da die Aufzählung auch weiterhin den zeitlichen Verlauf be- 
rücksichtigt, dürfen wir die uns unbekannte Flucht des Adiabener- 
königs wohl zwischen 29 und 27 setzen. So gewinnen wir auch für 
diesen Entwurf einen. Schlußabschnitt, der uns feindliche Könige 
hilfeflehend (swpplices) vor Augustus zeigt, und wir werden an den 
Schluß des Urmonuments mit dem reges vor dem Triumphwagen des 
Octavian erinnert.‘) C. 33 ist sicher späteren Ursprungs, da der Inhalt 
nicht chronologisch geordnet ist’); außerdem fällt die Breite der Dar- 
stellung auf, vgl. per legatos principes earum gentium und die An- 
gabe des Vaters- und Großvatersnamens bei den Königen, jedesmal 
mit dem Zusatz regis.®) 

Nachdem mit dem Ende von c. 33 die Darlegung über die aus- 
wärtige Politik beendigt ist, kehrt der Entwurf zu der inneren Politik 
zurück und stellt in c. 34 die wichtigsten Ereignisse der entscheiden- 
den Jahre 28 und 27 zusammen: 

1. Rückgabe der im Jahre 32 auf allgemeinen Wunsch übernommenen 
: höchsten Gewalt an Volk und Senat nach Beendigung der Bürger- 
kriege: Cassius Dio 53, 2f£.?) 


1) Denn wahrscheinlich ist hier mit Bormann Phraatakes, der Sohn des 
Phraates IV. und der Sklavin Thea Musa, gemeint, der als Phraates V. etwa 
2 v. Chr. den Thron bestieg und ungefähr 4 n. Chr., durch einen Aufstand ver- 
trieben, als Schutzflehender bei den Römern Zuflucht suchen mußte, gegen 
Mommsen, R. g.? S. 1387 vgl. Gardthausen 13 8. 1141. 

2) Cassius Dio 51, 18, 2 (über Tiridates), 51, 16, 2 (Artavasdes), vgl. Mommsen, 
R. g.? 8. 186 u. 111. j 

3) Cassius Dio 58, 22 u. 25; Strabo IV 5, 3 p. 200 berichtet von Gesandt- 
schaften der Britannier unter Augustus, allerdings ohne Jahresangabe; vgl. 
Mommsen, R. 9.” S. 188. 

4) Ob der zusammenfassende Satz am Schluß von c. 32 ebenfalls dem 
ersten Entwurf angehört, halte ich nicht für wahrscheinlich. Denn der ablativus 
absol. me principe paßt nicht, wie wir oben sahen, für die erste Niederschrift, 
ebenso nicht die Abkürzung p. R. für populi Romans. 

5) Vonones ist 4 n. Chr., Ariobarzanes 20 v. Chr. auf den Thron gesetzt 
worden, vgl. Gardthausen I 8 8. 1141f. bzw. 12 $. 825. 

6) Man beachte auch die Schreibung Artavasdes gegenüber Artavasdes 
in c. 27 V 26 u. 30; in c. 32 VI1 ist. der Name leider nicht erhalten. C. 27 V 29 
steht die Namensform Artabazus (zi), welche in der griech. Übersetzung zu 
unserer Stelle (gr. XVII 16: 'Agraßdfov vidv), außerdem natürlich auch zu V 29 
gr. XV9f. wiederkehrt, während die Übersetzung von V 26 u. 30 Aeraovdodov 
bzw. ’Aeroovdodn lautet; vgl. Mommsen, R. g.* Index p. 204. 

7) Vgl. über die Stelle Reitzenstein a. a. O. S. 489. 

Kornemann, Mausoleum des Augustus 5 


62 IH. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


2. Verleihung des Ehrennamens Augustus!) zum Dank dafür durch 
Senatsbeschluß: Cassius Dio 53, 16, 6. 

3. Schmückung der Türpfosten des Palastes mit Lorbeer und Anbrin- 
gung der Bürgerkrone über der Pforte des Hauses: Cassius Dio 
ebenda $ 4. 

4. Aufstellung des goldenen Ehrenschildes in der curia Iulia mit der 
Inschrift: senatus populusque virtutis, clementiae, iustitiae, pietatis 
causa. 

Damit sind die Gedanken, die die Disposition des Urmonuments 
nur hatte erraten lassen, ausgesprochen, und wir verstehen, weshalb 
der Verfasser des Ganzen die Darstellung der eigenen honores in dieser 
Weise auseinandergerissen hat (Anfang in c. 7, Schluß in c. 34). Die 
Ehrungen, die in c. 34 zusammengestellt sind, betrachtete Augustus 
als die höchsten, ehe er später den Ehrennamen pater patriae erhielt. 
Ihnen zuliebe ist dann der oben (S. 40ff.) schon betrachtete Schlußsatz 
von c. 34 geprägt worden, in welchem er, obwohl ein Magistrat wie die 
anderen, vermöge seiner dignitas als princeps civitatis sich kennzeichnet. 

Nach dem Gesagten sah der erste Entwurf des Gesamtdokuments 
folgendermaßen aus. Im Anschluß an die vier Kapitel, an deren Ende 
die Worte consul quintum etwa in consul undecimum geändert zu wer- 
den brauchten, fahr der Verfasser fort: 

[Triumvir rei publicae constituendae fueram per annos decem con- 

tinuos. 
Primum dignitatis locum in senatu usque ad eum diem, quo scripsi 
haec, 
habui per annos quinque (?). Pontifex, augur, quindeeimvirujm sa- 
cris [faciundis, 
septemvirum epulonum, frater arvalis, sodalis Titius, fetiali]s fui. 

Patriciorum numerum auxi consul quintum iussu populi et senatus sena- 
tumque legi. Et in consulatu sexto censum populi conlega M. Agrip- 

pa egi. 

_ Lustrum post annum alterum et quadragensimum fec[i]. Quo lustro ci- 
vium Romanorum censa sunt capita quadragiens centum millia et sexa- 
glilnta tria millia, 

Legibus novif[s perlatis?) multa e]xempla maiorum exolescentia 





1) Reitzenstein a. a.0. 8. 488 äußert neuerdings, um das Dunkel, welches 
über der Herkunft des Namens Augustus liegt, aufzuhellen, daß vielleicht durch 
die stoisch-eiceronianische Theorie vom Staatsleiter, der auch hier, anknüpfend 
an die stoische Lehre vom Weisen, in eine höhere Sphäre erhoben ist, die Wahl 
dieses Beinamens bestimmt worden ist. 

2) Die Lesung perlatis bat einer meiner Tübinger Schüler, Herr Runge, 
im Seminar vorgeschlagen. Die Lücke ist aber auch damit noch nicht ausgefüllt. 


4. Die. Entstehung der Gesamtinschrift 63 


iam ex nost[ro usu revocavi et ipse] multarum rerum exempla imi- 
tanda pos[teris proposui]. 

Vota pro salute mea ut fierent?!) per consjules et sacerdotes qu[into 
quoque anno senatus decrevit. Quibus ex] votis s[ae]pe?) fecerunt vivo 
me [ludos aliquotiens sacerdotulm quattuor amplissima colle- 
gia, aliquotiens consules. Privatjim etiam et munieipatim universi 
cives sacrificia concorditelr apud omnia pulvinaria pro vale- 
[tudine mea fecerunt]. 

Nomen meum senatus consulto EN est in saliare carmen. Et 

sacrosan- 
ctus ut essem in perpetuum et q]Juoa[d] viverem, tribunicia potestas 
mihi 
esset, lege sanctum est. Pontif]ex maximus ne fierem in vivi [c]onle- 
gae locum, populo id sace]rdotium deferente mihi, quod pater meus 
habuerat, recusavi]. 

Ianum] Quirinfum, quem cljaussum ess[e maiores nostri voluer]unt, 

eum pjer totum ilmperium po]puli Romani terra marique es]set 
parta vic- 
torii]s pax, bis [senat]us claudendum esse censuilt]. 

Plebei Romanae viritim HS trecenos numeravi ex testamento patris 

- mei, et nomine meo HS quadringenos ex bellorum manibiis consul 
quintum dedi, iterum autem in consulatu decimo ex [p]atrimonio 
meo HS quadringenos congiari viritim .pernumer[a]vi et consul 
undeeimum duodeeim frumentationes frumento pr[ilvatim coempto 
EMEHBUS SUM. „nenn ceeneeen Quae mea congiaria p[e]rvenerunt 
ad [homijnum millia nunquam minus quinguaginta et ducenta. 

In eolon[i]s militum meorum consul quintum ex manibiis viritim 
millia nummum singula dedi; acceperunt id triumphale congiarium 
in colo[n]is hominum eirciter centum et viginti millia. 

Pecuniam [pro] agris, quos in consulatu meo quarto .....,........ 
EEE ESSEN adsignavi militibus, solvi municipis. Ea 
[s]u[mma sest]ertium circiter sexsiens milliens fuit, quam [p]ro Italicis 
praed[is] numeravi. Id primus et [s]olus omnium, qui [djeduxerunt 
colonias militum in Italia ........... ‚ ad memorlilam aetatis 
meae feci. 

Curiam et continens ei chaleidicum, templumque Apollinis in 
Palatio cum portieibus, aedem divi Iuli, Lupercal, porticum ad eir- 
cum Flaminium, quam sum appellari passus ex nomine eius qui pri- 


1) Ergänzung von H. Heinen, Klio XI, 1911, 8. 144 Anm. 1. 
2) saepe hat vielleicht ursprünglich gefehlt, 
5* 


64 Ill. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


orem eodem in solo fecerat Octaviam, pulvinar ad circum maximum, 
aedes in Capitolio Iovis feretri et Iovis tonantis (?) ........ feci. 

Duo et octoginta templa deum in urbe consul sext[um ex decreto] 
senatus refeci, nullo praetermisso quod e[o] temp[ore refici debebat. 
Con[s]ul septimum viam Flaminiam a[b urbe] Ari[minum feci et pontes 
omnes praeter Mulvium et Minucium. 

Don[a e]x manibiis in Oapitolio et in aede divi Iuli et in aede Apollinis 
N ER consacravi, quae mihi consti- 
terunt HS eireiter ........- Auri coronari pondo triginta et quin- 
que millia municipiis et colonis Italiae conferentibus ad triumphol[s] 
meos quintum consul remisi. 

In templis omnium civitatium pr[ovincilae Asise vietor orna- 
menta reposui, quae spoliatis tem[plis is] cum quo bellum gesseram 
privatim possederat. 

Mare pacavi a praedonibus. Eo bello servorum qui fugerant a dominis 
suis et arma contra rem publicam ceperant, triginta fere millia capta 
dominis ad supplicium sumendum tradidi. Iuravit in mea verba tota 
Italia sponte sua et me be[lli], quo vici ad Actium, ducem depopos- 

eit. Iura- 
verunt in eadem ver[ba provi]nciae Galliae Hispaniae Africa Sicilia Sar- 
dinia. Qui sub [signis meis tum] militaverint, fuerunt senatores plures 
quam DCC, in ii[s qui vel antea vel pos]tea consules facti sunt ad 
eum diem 
quo scripta su[nt haec, ...., sacerdojtes circiter .... 

Omnium prov[inciarum populi Romani] ‚ quibus finitimae fuerunt 

gentes quae n[on parerent imperio nos]tro, fines auxi. al et 
Hispa- 
War [pacavi].!) 

Aegyptum imperio populi [Ro]mani adieci. ............... Pro- 
vincias omnis, quae trans Hadrianum mare vergun[t a]d orientem Cyre- 
nasque, iam ex parte magna regibus eas possidentibus, e[t] antea 

Siciliam et 
Sardiniam occupatas bello servili reciperavi. 
Signa militaria complur[a per] alios d[uJces ami[ssa] devicti[s hostibu]s 
re[cipe]ravi 
ex Hispania et G[allia et a Dalm]ateis.?) 


BD) Vielleicht folgte hier schon im ersten Entwurf der Schluß des Kapitels: 
Meo iussu et auspicio usw. Vgl. darüber oben S. 58. 

2) Nicht unmöglich, daß auch c. 31 teilweise dem ersten Entwurf ange- 
hört; siehe oben S. 60. 


4. Die Entstehung der Gesamtinschrift 65 


Ad me supplices confug[erunt] reges Parthorum Tiridaltes...... les 
DE NEN ; Medorum [Artavasdes; Adiabenorum A]rtaxa- 
res; Britann[o]rum Dumnobellau[nus] et Tim....... H 


In consulatu sexto et septimo, bfella ubi eivillia exstinxeram 
per consensum universorum [potitus rerum omn]ium, rem publicam 
ex mea potestate in senat[us populique Romani] arbitrium transtuli. 
Quo pro merito senatu[s consulto Augustusappe]llatus sum et laureis 
postes aedium mearum vlestiti sunt publice coronaq]ue eivica super 
ianuam meam fixa est [elupeusque aureu]s in [eJuria Iulia posi- 
tus, quem mihi senatum [populumque Romanu]m dare virtutis cle- 
mf[entia]e iustitia[e pietatis causa testatum] est pe[r ejius clupei 
inscription]em. Post id tem[pus praestiti omnibus dignitate, potes- 
tjatis auftem n]ihilo ampliu[s habui quam qui fuerunt m]ihi quo- 
que in malgis]tra[t]u conlegae. 

Vielleicht folgte dann schon damals der spätere Schlußsatz von 
e. 35, etwa in der Form: 

Cum scri]psi haec, annum agebam quadragensimum. 

Überblicken wir das Ganze noch einmal, so ist auch in diesem 
ersten Entwurf des Gesamtdokuments wie im Urmonument die chro- 
nologische Ordnung der Darstellung eingehalten, allerdings das Ganze 
gleichzeitig nach einzelnen Rubriken geordnet. Ebenso ist, wie im 
Urmonument, die Vorführung der Ergebnisse der inneren Politik des 
Machthabers in den Vordergrund geschoben, und zwar hier in erhöhtem 
Maße dadurch, daß die Hauptergebnisse der entscheidenden Jahre im 
Schlußkapitel zusammengestellt sind und im Schlußsatz dieses Kapi- 
tels kulminieren. Fallen gelassen ist die alte Auffassung, daß die 
außerordentliche Triumviralgewalt im Jahre 32 die Quelle der Macht- 
stellung des Herrschers gewesen sei, vielmehr ist an die Stelle das 
Notstandskommando von 32 getreten, das auf dem consensus omnium 
basierte, ganz so wie Kromayer neuerdings die Entwicklung aufgefaßt 
hat. Dies ist die in den Jahren 28 und 27 niedergelegte Machtbefug- 
nis gewesen, die natürlich tatsächlich die alte Triumviralgewalt nur 
unter neuem Namen darstellt (s. unten im Exkurs V). Eingeschoben 
sind die Kapitel von den Aufwendungen für Volk und Soldaten, die 
Schilderung der Bauten des Herrschers, die Verwendung der mani- 
biae nach Actium zugunsten einiger Tempel sowie die Rückgabe der 
von Antonius geraubten ornamenta der asiatischen Tempel, also Taten, 
die Octavians pietas gegenüber den Göttern von neuem beleuchten, 
endlich eine Anzahl Tatsachen, die ihn als Mehrer und restitutor des 


1) Betreffs des Schlußsatzes von c. 32 vgl. oben S. 61 Anm. 4. 


. 66 _ II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


Reiches in helleres Licht setzen, endend in dem Satze von den supplices 
reges, die bei ihm Schutz gesucht hatten, wie das Urmonument. mit 
der Schilderung der reges im Triumphe des Jahres 29 geendigt hatte. 
‚Wieder ein in sich geschlossenes Ganzes, an dessen Schluß die In- 
schrift von Senat und Volk auf dem goldenen Ehrenschild in der curia 
Julia zitiert war. Wie einst das Urmonument auf die vier Kardinal- 
tugenden des neuen Mannes gestellt war, so jetzt das vergrößerte Do- 
kument auf die Schlagworte Freiheit, Friede, Brot und Arbeit 
(letztere durch die Bauten): das Ganze durchzogen von Gedanken der 
Rückkehr zu den guten Sitten der Altvorderen!) über die traurige 
Zeit der Bürgerkriege hinweg, die man nun glücklich dank der Tüch- 
‚tigkeit, Mäßigung, Gerechtigkeit und Pflichttreue des Prinzeps hinter 
sich gelegt hatte, der zugleich ein kräftiger Mehrer des Reiches ge- 
worden war. Es ist der Augustus, wie ihn die Reliefs der beiden Sil- 
berbecher von Boscoreale darstellen, die uns v. Domaszewski so ver- 
ständnisvoll gedeutet hat?) mit dem kühnen Versuch, ein toreutisches 
Werk als Vorlage festzulegen, nämlich den Schmuck des Wagens des 
Triumphators Augustus auf den Quadrigae seines Forums. 3 

. Zugleich aber ist es der Prinzeps, der mit dem von Panaitios und 
Cicero gezeichneten Ideal übereinstimmt, wie neuerdings Reitzenstein 
so schön nachgewiesen hat.?) 

Was die Zeit der Abfassung betrifft, so sehen wir, daß wir bis 
zum Jahre 23, und zwar in die erste Hälfte des Jahres, als Augustus noch 
Konsul war, heruntergehen müssen. In diese Zeit fällt die schwere 
Erkrankung des Prinzeps, in der er wieder einmal sein Ende nähe 
fühlte und auch das Volk offenbar an seinem Aufkommen zweifelte.t) 
Schon damals sind die Dokumente vorhanden gewesen, mit denen zu- 
sammen später unsere Inschrift bei den Vestalinnen deponiert war: 
das Testament) und ein Verzeichnis der Heeresmacht und der Staats- 
einkünfte, welch’ letzteres er dem Mitkonsul Piso übergab.°) Liegt es 
da nicht nahe anzunehmen, daß damals auch unser Dokument auf die- 
jenige Fassung gebracht worden ist, die wir im vorhergehenden kon- 
struiert haben und die gerade für diese Zeit ausgezeichnet paßt? 

1) Man lese hintereinander die Stellen c. 8 II 12—14, c. 13 II 42—44, 
c. 19 IV 3—4. 

2) S.-Ber. Heidelb. Ak. 1904, 4. Abh. 8. ff. 

8) A.a. 0. 8. 486f. Wenn R. dabei auch die Überschrift der Ancyraner 
Kopie als von Augustus berrührend behandelt und einen Widerspruch mit dem 
Inhalt des Monuments selber konstatieren muß, so rächt sich hier bitter, daß 
die neuere Forschung an der Frage nach der Entstehung des Schriftstücks und 
der Kopie achtlos vorübergegangen ist. . 


4) Cassius Dio 53, 80, 1. 5) Cassius Dio 53, 31, 1. 
6) Derselbe 53, 30, 2. - 


5. Die Zusätze des Augustus nach dem Jahre 23 v. Chr. 67 


Das Jahr 23 forderte in seinem weiteren Verlauf dann nicht das 
Leben des Prinzeps, sondern dasjenige des Marcellus, seines Schwieger- 
sohns und Neffen, der als Gemahl von Augustus’ einziger Tochter 
zum Nachfolger ausersehen war.!) Als erster hielt er seinen Einzug 
in das Mausoleum auf dem Marsfeld, für das, wie wir durch diese 
Ausführungen nun erfahren haben, damals Schön die Res gesiae aueh 
in dem größeren Rahmen vorhanden waren. 


5. DIE ZUSÄTZE DES AUGUSTUS NACH DEM JAHRE 
23 v. Chr. 


Wenn man die Jahre feststellen will, in denen Augustus das Do- 
kument wieder zur Hand genommen hat, muß man von c. 15 ausgehen. 
Wir sahen oben (3.52), daß jede der späteren, nach dem Jahre 23 
erfolgten Spenden eine oder mehrere sprachliche oder sachliche Ab- 
weichungen gegenüber der vorhergehenden aufzuweisen hat. Der heu- 
"tige Zustand des Kapitels wird daher am besten durch die Annahme er- 
klärt, daß die drei noch nicht besprochenen Spenden (vom Jahre 12,5 
und 2 v. Chr.) sukzessive nachgetragen sind, die erste also zwischen 
12 und 5 v. Chr., die zweite zwischen 5 und 2, die dritte nach dem 
Jahre 2 v. Chr, so daß wir damit drei Redaktionen nach der grund- 
legenden vom Jahre 23 in Betracht zu ziehen hätten. 

Wir wenden uns zu der ersten Erweiterung des ursprünglichen 
Entwurfes. Unsere Aufgabe ist, festzustellen, einmal ob der Inhalt 
des Dokuments einem Ausbau zwischen 12 und 5 v. Chr. günstig ist, 
und zweitens, in welchem der genannten Jahre wohl am wahrschein- 
lichsten die ersten Zusätze gemacht sind. Eine allgemeine Betrach- 
tung, die der Inhalt der Zusätze, wie wir sehen werden, unterstützt, 
führt uns dahin, möglichst in oder an das Jahr 12 v. Chr. heranzu- 
gehen. Das Jahr bedeutet im Leben des Augustus einen tiefen Ein- 
schnitt. Der Tod des Lepidus, des letzten noch lebenden Teilhabers 
am Triumvirat, und der Tod des Agrippa, des treuen Waffengefährten 
und seit dem Ableben des Marcellus auch Schwiegersohnes, bringen 
den ersten Abschnitt im Leben des nun über fünfzigjährigen Macht- 
habers zu Ende. Der Tod des Lepidus ermöglicht ihm die Übernahme 
‚des Oberpontifikats (6. März) und der Tod des Agrippa unmittelbar 
danach macht die Bahn frei für die militärische Betätigung der Stief- 
söhne Tiberius und Drusus an der Nordgrenze des Reiches. Damit 
aber zieht eine neue kriegerische Epoche herauf. Die eingehende 
Schilderung der Wahl zum Oberpontifex in c. 10 II 23—28 mit der 


1) Gardthausen I 2 8. 732. 


68 IIL. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


abermaligen Hervorhebung des consensus universorum (wie in c. 25 und 
c. 34) und die Betonung alles dessen, was zur Verherrlichung des 
Friedens bis dahin geschehen ist (außer ec. 13 noch e. 12 II 37—41) 
paßt vorzüglich in dieses Jahr. Daß dem großen Hypochonder auf 
dem Throne nach dem Begräbnis des Genossen und seiner Aufnahme 
ins Mausoleum wieder Todesgedanken gekommen sein mögen, ist nur 
allzu natürlich. Dies aber führte zur Weiterarbeit am Monument, und 
zwar in sehr vorsichtiger Form. Wenn je, so war jetzt der Fortbestand 
des Prinzipates für den Fall, daß auch Augustus etwas Menschliches 
passieren sollte, gefährdet. Die beiden Söhne des Agrippa und der 
Julia, die Enkel des Prinzeps, die er im Jahre 17 adoptiert hatte!), 
standen noch in jugendlichem Alter. Tiberius und Drusus, Livias 
Söhne, waren die einzigen erwachsenen Mitglieder des Herrscherhauses, 
und von ihnen wurde Tiberius offenbar unter Berücksichtigung dieser 
Verhältnisse Ende des Jahres 11 v. Chr. mit Julia vermählt.?) Wenn 
Augustus bald oder wenigstens früher starb, als bis sein ältester Adop- 
tivsohn regierungsfähig wurde, mußte eine Art Regentschaft für ihn 
eintreten. Ob das bei Livias Ehrgeiz ohne Kämpfe abgehen würde, 
ob dabei der kaum errichtete Prinzipat nicht durch die republikanische 
Gegnerschaft wieder ganz beseitigt werden würde, war mehr als frag- 
lich. Auf alle Fälle mochte jetzt Augustus mit schweren Sorgen in 
die Zukunft schauen. In die Jahre 12 oder 11 paßt also von allge- 
meinen Gesichtspunkten aus die Weiterarbeit in einer Form, die alles 
Unrepublikanische vermied. So erklärt es sich vielleicht, was bisher 
noch niemand zu erklären vermocht hat, weshalb die großen Neue- 
rungen in der Ordnung der obersten Gewalt vom Jahre 23°) mit keinem 
Wort in dem Dokument erwähnt werden, obwohl auf der damaligen 
Regelung der Stellung des Prinzeps eigentlich erst die Alleinherr- 
schaft ruht. 


Statt uns von der Neuordnung des verflossenen Jahrzehnts zu er- 
zählen, beginnt die Weiterarbeit in engster Anlehnung an den letzten 
Satz des ersten Entwurfes (Schluß von c. 34), in welchem sich Au- 
gustus als primus inter pares vorgestellt hatte, mit der Schilderung 
alles dessen, was Augustus in der Zwischenzeit, weil es zaga r& ndroıa 
&9n war, abgelehnt hat: c. 5 und 6 sind angefüllt mit Aufzählung 
der in der Zeit von 22—11 v. Chr. abgelehnten Ämter, allen voran 
der Diktatur, und gleichzeitig ist wohl auch das vorhergehende c. 4 


1) Cassius Dio 54, 18, 1. 
2) Ebenda 54, 85, 4. 
3) Cassius Dio 53, 82, 5. 


5. Die Zusätze des Augustus nach dem Jahre 23 v.Chr. 69 


um die Sätze von den abgelehnten Triumphen vergrößert worden.!) 
Blumenthal hat hierin mit Recht den unausgesprochenen Vergleich 
mit Caesar erblickt?), der alles das, was hier abgelehnt wird, ange- 
nommen hat.?) Dem an der höchsten Stelle des Staates einsam ge- 
wordenen Manne steigt noch einmal das Gespenst der Iden des März 44 
auf. Keine Diktatur, weder dem Namen noch der Sache nach, ist auf- 
gerichtet worden, so sehr auch Volk und Senat danach verlangten. 
Statt der Triumphe wurden den Göttern nur die Gelübde gelöst, und 
statt der Diktatur wurde nur die cura annonae übernommen, wie sie 
einst im Jahre 57 schon Pompeius innegehabt hatte“), und das Volk wie 
damals von der Hungersnot befreit. Alle weiteren Versuche, außerordent- 
- liche höchste Gewalten zu schaffen, wurden durch den Hinweis, daß die 
tribunizische Gewalt zur Erledigung der betreffenden Aufgaben genüge, 
von der Hand gewiesen. Für die tribunicia potestas selber aber wird 
am Schluß von c. 6 hervorgehoben, daß Augustus auch hier Kollegen 
im Amt sich erbeten habe. Daß die beiden Kapitel später verfaßt und 
dann eingeschoben sind, ergibt sich aus der Tatsache, daß im schließ- 
lichen Text des Dokuments die Verleihung der tribunizischen Gewalt 
erst in c. 10 erzählt wird, in c. 6 aber ihre Anwendung im speziellen 
Fall und die Ausdehnung der Kollegialität auf sie hervorgehoben wird, 
während man bei Entstehung zu gleicher Zeit die umgekehrte Anord- 
nung erwarten sollte. Bemerkt sei noch, daß, wenn, wie wir oben an- 
nahmen, die Einlage schon im Jahre 12 v. Chr. gemacht ist, die 
Worte I 37f. et tertium Paullo Fabio Maximo et Q. Tuberone nach- 
getragen sein müssen, sowie daß in dem Schlußsatz des Kapitels statt 
wevrdxıg ursprünglich Öfs gestanden haben müßte. 

Ein weiterer Nachtrag aus dieser Zeit sind der Rest von c. 10 
sowie die cc. 11 und 12. Das große Ereignis des Jahres 12, die 
Wahl zum Oberpontifex durch das Gesamtvolk von Italien am 6. März 
des genannten Jahres, ist an den schon vorhandenen Inhalt des c. 10 
angeschlossen, und als besonders hervorhebenswert wird betont, daß bei 
den Wahlen am 6. März eine Menschenmenge in Rom sich zusammen- 
gefunden habe wie nie zuvor, so daß Poehlmann mit Recht hierin 
„eine Art Plebiszit für das Kaiserreich“ gesehen hat.) Die Kapitel 11 
und 12, die Erzählung von der Weihung der zwei Altäre für den heim- 


1) Vgl. den Text der Stelle mit neuen Ergänzungen bei v. Domaszewski, 
2.2. 0.8.5. 2) Wien. Stud. 36, 1914, 8. 20. 

3) Vgl. Pauly-Wissowa, R.-E. Artikel Iulius Caesar X S. 244ff.; zur cura 
morum auch Ed. Meyer, Caesars Monarchie? 3. 420 Anm. 2. 

4) Vgl. darüber Ed. Meyer, a. a. O. S. 115ff. 


6) R. v. Poehlmann, Römische Kaiserzeit in v. Pflugk-Harttungs Well : 1 


geschichte, Altertum 8. 513. 


70 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


kehrenden Augustus durch den Senat sind wieder streng chronologisch 
geordnet, nur ist die Verteilung auf die beiden Kapitel insofern seltsam, 
als nicht etwa die Ereignisse des Jahres 19 in c. 11 und diejenigen von 
13 in c. 12 gegeben sind, sondern die Ereignisse des erstgenannten 
Jahres über beide Kapitel sich erstrecken und innerhalb des c. 12 
dann der Sprung auf das Jahr 13 vollzogen wird. Als Grund hierfür 
kann wohl nur angeführt werden, daß die Benennung des 12. Ok- 
tober als Augustalia als das Wirksamste ans Kapitelende gestellt 
werden sollte. Durch das nachträgliche Einschieben dieser Kapitel 
in den vorhandenen Text ist auch hier, ähnlich wie bei der irib. 
vpotestas, die seltsame Anordnung entstanden, daß an dieser Stelle 
schon von Augustalia und Pax Augusta die Rede ist, während die 
‚Verleihung des Augustusnamens erst in c. 34 erzählt wird. Wie sehr 
Augustus es darauf ankam, bei diesem Nachtrag als Günstling der 
römischen Aristokratie zu erscheinen, zeigt vor allem die Erzählung 
(Anfang des c. 12) von der Gesandtschaft des Senates nach Kampanien, 
die, obwohl sie nach Cassius Dio einen ganz bestimmten Zweck ver- 
folgte‘), hier als reine Ehren- und Begrüßungs-Gesandtschaft der prin- 
cipes viri dargestellt wird, mit dem Zusatz, daß etwas Derartiges nie- 
mandem vor ihm zuteil geworden sei.?) Dagegen vermissen wir den 
Hinweis auf die Iudi, die am 12. Oktober des Jahres 11 v. Chr. auf 
Beschluß des Senates an den Augustalia zum erstenmal gefeiert wur- 
den°), was gerade hier, wo alles so ausführlich geschildert wird, ganz 
besonders auffällt. Erklärlich wird die Sache, wenn, wie wir oben 
schon annahmen, die Zusätze vor dem Jahre 11 v. Chr. gemacht sind. 


Der Abschnitt von den impensae hat damals folgende Zusätze er- 
halten: ec. 15 die Spende vom Jahre 12 III 12—14 = Cassius Dio 
54,29,4; CILIX 5289, c. 16 die Vergebung von provinzialem Kolonial- 
land an die Veteranen im Jahre 14 = Cassius Dio 54, 23, 7 zum Jahre 15 
allerdings. Der erste Satz von c. 17 ist, da im Jahre 16 ein erneuter 


1) Cassius Dio 54, 10, 2. 

2) Durch die seltsame Formulierung pars praetorum et tribunorum cum 
consule Q. Lucretio et principibus viris hat Augustus wenigstens angedeutet, 
daß Q. Lucretius, der erst von Augustus in Campanien zum Konsulat befördert 
.wurde, beim Abgang der Gesandtschaft noch nicht Konsul, sondern einer der 
principes viri, d.h. der Senatoren höchster Rangklasse (vgl. die griechische 
‚Übersetzung: ol r&g ueyiorag deyas &efarre[s]) war; vgl. zu der Stelle M. Gelzer, 
Die Nobilität der römischen Republik, Leipzig 1912, S. 38. Die dem republi- 
kanischen Brauch entsprechende Bezeichnung principes viri, während der Herr- 
scher selber noch deu Titel princeps vermeidet, ist, wie wir oben (8. 41) sahen, 
. charakteristisch für die älteren Teile des Dokuments und gehört in das Kapitel 


-::.9on der ehrenden Behandlung des Senates und der Senatoren. 


8) Cassius Dio 54, 34, 2, Wilhelm a. a. O. 8. 32. 


5. Die Zusätze des Augustus nach dem Jahre 23 v. Chr. 711 


(der dritte?) Zuschuß an das Ärarium gemeldet wird!), im Jahre 12 
- vielleicht schon der vierte?), entweder erst gelegentlich dieser Re- 
daktion geschrieben oder zum mindesten erweitert worden. C. 18 ist 
damals ganz eingeschoben worden. Es berichtet vom Eingreifen des 
Herrschers gelegentlich der Schwierigkeiten bei den ordentlichen Ge- 
treideverteilungen vom Jahre 18 ab.°) Man bemerkt in diesen Ka- 
piteln das Bestreben des Augustus, die Leistungen aus dem eigenen 
Vermögen für das Volk möglichst in den Vordergrund zu schieben, 
etwas, was auch in die oben geschilderte Situation des Prinzipates nach 
dem Tode des Agrippa vorzüglich paßt. 


Die mit c. 19 beginnenden Bautenkapitel sind mehr durch Hin- 

. zufügung von Einzelheiten vervollständigt. Der Tempel des Quirinus 
(e. 19 IV 5) wurde im Jahre 16 v. Chr. eingeweiht), der Tempel der 

Iuventas im gleichen Jahre durch Feuer zerstört), so daß sein Neu- 

bau, wie der der unmittelbar vorher genannten Tempel nach dem 

Jahre 16 v. Chr. angenommen werden muß. Genaueres über den Zeit- 

punkt ist nicht zu sagen®), so daß auch nicht entschieden werden 

kann, wie weit in c. 19 diese Redaktion sich erstreckt hat. Ebenso 

unsicher sind wir bezüglich der Angaben im ersten und dritten Satz 

von c. 20. Auffällig ist, daß die Wiederherstellung des Pompeius- 

theaters in c. 20 berichtet wird, der Bau des Marcellustheaters dagegen 

in-c. 21. Diese seltsame Anordnung des Stoffes erklärt sich noch am 

ehesten aus der Niederschrift zu verschiedenen Zeiten. Der erste Satz 

von c. 20 ist vielleieht erst zusammen mit dem zweiten, der von den 

Wasserleitungen handelt, gelegentlich der Redaktion nach dem Jahre 5, 

verfaßt. Denn die Wiederherstellung des Kapitoliums erfolgte doch 

wohl, wie oben (8.55) schon bemerkt, erst nach dem Brand vom Jahre 9 

v. Chr., wobei auch der Tempel des Iupiter Capitolinus beschädigt 

wurde.’) Vollendet und eingeweiht?) wurde der Bau des Marcellus- 

theaters am 4. Mai 11 v. Chr. Wenn die Notiz noch bei dieser Re- 


1) Vgl. die Münze Cohen I? $. 94ff. Nr. 542; Gardthausen II 2 S. 338 
Anm. 29 für Wegbauten. 

2) Cassius Dio 54, 80, 3 zugunsten der Provinz Asien, die infolge eines 
Erdbebens die Steuern nicht aufbringen konnte. 

8) Das Verständnis der Stelle haben uns erst Rostowzew, Klio III, Bei- 
heft 8. 12f. m. Anm. 4 und Hirschfeld, Verwaltungsbeamte* S. 232f. erschlossen. 

4) Cassius 54, 19, 4. 5) Cassius Dio 54, 19, 7. 

6) Joseph Wilhelm a. a.O. 8. 26f. nimmt sowohl für die aedes Larum wie 
für die aedes deum Penatium Entstehung im Jahre 12 v. Chr., allerdings mit 
unzureichenden Gründen, an. 

7) Cassius Dio 55, 1, 1, dazu Joseph Wilhelm a. a. O. 8. 43f. 

8) Cassius Dio 54, 26, 1 schon zum Jahre 18; Plinius N. H. VIII 66; 
Suet. Aug. 29, 4; vgl. auch CIL VI 32323 2. 156f. 


12 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


daktion aufgenommen wurde, müssen wir mit derselben in die erste 
Hälfte dieses Jahres heruntergehen. 

Aus dem folgenden glaube ich, daß nur noch der Schlußsatz von 
c. 24 frühestens dieser Redaktion angehört, da er deutlich als ein 
Nachtrag zu dem ganzen Abschnitt sich kennzeichnet, insofern er, auf 
Rom bezüglich, der Darstellung, die unterdessen über Italien (c. 21) 
zu den Provinzen (erster Satz von c. 24) gelangt war, in offenbarer 
Weise nachhinkt. 

In dem dritten Abschnitt (von c. 25 an) ist der Anfang der 
Schilderung der armenischen Dinge in ce. 27 bis zu den Worten pri- 
vignus erat (V 24—27) sicher dieser Redaktion zuzuweisen. Auf frühe 
Abfassung weist der Hinweis auf das exemplum maiorum (V 25—26) 
hin (vgl. c. 6 gr. II 18, c. 8 lat. II 12). In dem Nebensatz qus tum mihi 
privignus erat ist tum ein späterer Zusatz aus der Zeit, als Tiberius 
adoptiert war. Von c. 28 ist mindestens der erste Satz, der von den 
Koloniengründungen in den Provinzen handelt, damals geschrieben.) 

In c. 29 gehört der zweite Satz über die Rückgabe der von den Par- 
thern erbeuteten römischen Feldzeichen hierher, da er die Ergänzung 
zu der Regelung der armenischen Verhältnisse in c. 27 bildet. Man 
beachte hier die Worte: amicitiam populi Romani im Gegensatz zu 
amicitiam meam et populi Romani in dem späten Nachtrag des c. 26 
V 17—18.?) Der Schlußsatz von c. 29 (Aufstellung der Feldzeichen 
im Innern des Mars Ultor-Tempels) gehört dagegen erst der Redaktion 
nach dem Jahre 2 v. Chr. an. 

C. 30 zeigt deutlich zwei zu verschiedenen Zeiten entstandene 
Teile, insofern V 44 populi Romani exercitus, dagegen am Schluß 
V48 exercitus meus steht.) Mit et postea ist hier wieder, wie so oft, ein 
Nachtrag zu dem schon vorhandenen Kapitel gegeben. Es fragt sich, 
wann der größere Teil des Kapitels, der die Kämpfe des Tiberius gegen 
Pannonier und Daker in den Jahren 12—9 berührt, geschrieben ist. 
Da die Kämpfe bei unserer Annahme einer Niederschrift spätestens im 
Jahre 11 v. Chr. noch nicht abgeschlossen waren, auch die Formel 


1) Vgl. oben 8. 59. 

2) Darüber unten 8. 79. Wie c. 26 V 17—18 auch Sueton Aug. 21, 3: 
Indos etiam ac Scythas auditu modo cognitos pellexit ad amicitiam suam popu- 
tique Romani. E. Täubler, Imperium Romanum I 8. 186f., macht darauf auf- 
merksam, daß amicitiam populi Romani der korrektere Ausdruck ist. „Träger 
der Souveränität ist das Volk, aber die Rechte des Volkes vertritt der Prin- 
zeps. Es ist nicht der alte Feldherrnvertrag, welcher sich im Kaiservertrag 
fortsetzt, sondern der alte Volksvertrag.‘ 

3) Im ersten Teil steht (V 46) imperio populi Romani subieci wie c. 27 
V 24 = griech. Ayeuovl« djuov Pouelov; allerdings am Schlusse auch im[peria 
populi Romani]) = griech. zeoordyucra druov Poueiov. 


5. Die Zusätze des Augustus nach dem Jahre 23 v. Chr. 73 


ante me principem gebraucht ist, glaube ich erst an eine Niederschrift 
frühestens bei der Redaktion nach dem Jahre 5 v. Chr. Die Erwäh- 
nung von IUyricum hier zum erstenmal!) gegenüber Dalmateis in c. 29 
und die Form Dan[u]i, die mit exercitum statt exereituum in c. 29 V 40 
in Parallele zu stellen ist, sind auch mit einer früheren Abfassung 
vereinbar. Der Nachtrag am Schluß gehört zu den letzten Zusätzen, 
die Augustus selber gemacht hat. 

Mit dem Hauptteil von c. 30 gleichzeitig entstanden sind wohl 
auch c. 31 und 32, soweit sie nach meinen früheren Ausführungen 
nicht schon vorhanden waren. Die Hervorhebung der eigenen Per- 
sönlichkeit (vgl. das dreimalige ad me V 50, V 54 und VI3, die Formel 
me principe in VI6—7 und R[omanorum du]cem V 51) 3owie die Worte 
nostram amicitiam V 51 und VI5, endlich die offenbare Gleichstellung 
mit Alexanders Empfang fremder Gesandtschaften in Babylon?) weisen 
auf spätere Niederschrift hin. Ebendahin führt die rein sachliche und 
unchronologische Anordnung von c. 33. 

Fassen wir das Ergebnis der seitherigen Ausführungen zusammen, 
so haben wir in den herausgehobenen Teilen eine Weiterarbeit am 
Dokument vor Augen, die der durch den Tod des Agrippa und die 
Unsicherheit in der Vererbung des Prinzipats entstandenen Situation 
entspricht und wohl am ehesten ins Jahr 12 oder 11 v. Chr. zu 
setzen ist. Nach Cassius Dio 54,25,5 ließ Augustus nach der Rück- 
kehr aus dem Westen im Jahre 13 im Senate durch den Quästor 
ein Schriftstück (ßıßAlov) verlesen, in welchem er seine Taten (rd 
Te mengeyusva ol) aufzählte und den Kriegsdienst der Bürger sowie 

die bei der Entlassung an Stelle der Landversorgung von jetzt an zu 
zahlende Geldentschädigung regelte. Dies ist das letzte derartige Do- 
kument, von welchem wir in der Literatur Kenntnis haben.) Im An- 
schluß daran sind vielleicht nach dem Tode des Agrippa die Nachträge 
in unserem Tatenbericht gemacht. Augustus legt in diesen Nachträgen 
besonderen Wert auf seine Wahl zum pontifex maximus“), unterstreicht 
seine Tätigkeit im Sinne des mos maiorum sowie zugunsten des Welt- 
friedens, endlich im Dienste der zivilen und militärischen Plebs so- 


1) Über Illyricum als Provinz vgl. Gardthausen I 3 $. 1069. 

2) Arrian Anab. VII 15, 4—6. 3) Siehe dazu unten Exkurs IV. 

4) Man muß sich hüten, die Bedeutung der Übernahme des Oberpontifikats 
durch Augustus zu unterschätzen. Dadurch trat er rechtlich an die Spitze des 
ganzen Sakralwesens: Joseph Wilhelm, Das römische Sakralwesen unter Augu- 
stus als pontifex maximus, Straßb. Diss. 1915, S. 7, vgl. auch H. Nissen, Rhein. 
Mus. 41, 1886, S. 489, der mit Recht auf die Inschriften der Cenotaphia Pi- 
sana aufmerksam macht, CIL XI 1420 und 1421 = Dessau I 139 und 140, 
wo in der ersten L. Caesar als Augusti Caesaris patris patriae pontificis ma- 


74 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


wie für die Wiederherstellung der Ehre des römischen Volkes (Ar- 
menien, Rückgabe der verlorenen römischen Feldzeichen von seiten 
des parthischen Erbfeindes). Auch im letzteren Punkte wird die früher 
im Anschluß an Blumenthal festgestellte Vergleichung mit Caesar 
herausgefordert. Das Thema von der respublica restituta, das die erste 
Ausarbeitung des Gesamtdokuments beherrscht hatte, wird nach dem 
Tode des großen Mitarbeiters noch einmal in verstärktem Maße an- 
geschlagen. Es ist der erfolgreiche restitutor orbis Romani, der uns 
hier vor Augen gestellt wird, genau so, wie ihn der Künstler der 
Statue von Primaporta, die dieser selben Zeit angehört, auf dem Panzer- 
schmuck!) verherrlicht hat. 

War es vom Standpunkte der erstrebten Erbmonarchie eine Zeit des 
Tiefstandes für den Prinzipat, in welchem die Redaktion von 12/1 erfolgte, 
so sind es Höhepunkte im Leben des Augustus, denen die Zusätze nach. 
den Jahren 5 und 2, die wir aus c. 15 erschließen durften, ihre Ent- 
stehung verdanken. Worauf der unterdessen alt gewordene Prinzeps 
seit Jahren hingearbeitet hatte, schien in Erfüllung zu gehen: die 
Aussicht auf die Möglichkeit der Vererbung der gewonnenen Herrscher- 
stellung. Noch einmal, ausnahmsweise, in der Würde des Konsuls 
(zum zwölftenmal) nahm Augustus selber im Jahre 5 die deductio in 
forum des ältesten Enkels und Adoptivsohnes Gaius vor. DasKapitel 14 
des Dokuments ist damals zunächst allein in bezug auf Gaius konzi- 
piert worden und zugleich ist die Spende desselben Jahres aus diesem 
Anlaß in c. 15 (III 15—16) zugesetzt worden?), vielleicht auch die 
Abschnitte, welche Ereignisse von großer Bedeutung aus der Zwischen- 
zeit seit der letzten Redaktion berühren, wie die Darstellung des 
zweiten Census vom Jahre 8 v. Chr. in c. 811 5—8, die Besiegung der 
Alpenvölker in den Jahren 16-14 in c. 26 (V 12—14)?), die Ergeb- 


zimi tribuniciae potestatis XXV filius, in der zweiten C. Caesar als Augusti 
patris patriae pontificis maxsumi custodis imperi Romani totiusque orbis terra- 
rum praesidis filius bezeichnet wird. Hier sind nur die höchsten Auszeich- 
nungen des Vaters zusammengestellt, und das sind: Augustus, pater patriae und 
pontifex maximus. 

1) v. Domaszewski, Abhandlungen zur röm. Religion, 1909, 8. 53ff. und 
A. Dieterich, Mutter Erde, 2. Aufl. 1918, 8.81. _ 

2) Die doppelte Jahresbezeichnung mit trib. pot. und Konsulat hat Sig- 
wart, Klio III 8. 549 durch späteren Einschub von consul XII (man beachte 
die Ziffer!) gelegentlich der Redaktion vom Jahre 2 (III 19—20: consul tertium 
decimum) erklärt, „weil der Schreiber eine gleichartige Zeitbestimmung rich- 
tiger fand“. 

3) Die Worte nulli genti bello per iniuriam inlato (vgl. Suet. Aug. 21, 2), 
welche an Panaitios’ Lehre vom gerechten Krieg erinnern (Beitzenstein 2.8.0. 
S. 486), gehören vielleicht schon dem ersten Entwurf an, wo sie am Ende des 
ersten Satzes standen. 


5. Die Zusätze des Augustus nach dem Jahre 28 v. Chr. 75 


nisse der großen Kriege des Drusus und Tiberius im Norden des 
Reiches in den Jahren 12—9 v. Chr., wie sie c. 26 (V 11—12) und 
c. 30 bis zu den Worten profligatus est (V 44—-48) in stolzen Worten: 
zur Darstellung bringen.!) Die oft behandelten Worte: [et Germani- 
am, qua inclu]dit oceanus a Gadibus ad ostium Albis flum[inis pacavi] 
passen allein in diese Zeit?) und vielleicht auch die Schlußredaktion von 
c. 13 mit der nunmehr wohl zum drittenmal vollzogenen Schließung 
des Ianus Quirinus?), so daß die Worte cum prlius, quam] nascerer [a 
condita] u[rb]e bis omnino clausum [f wisse prodatur m[emori]ae, ter me 
principe jetzt entstanden sind. Nachdem der älteste Sohn zum prin- 
ceps iuventutis von der Ritterschaft des Reiches ernannt worden war 
(III 4—-6), tritt Augustus selber jetzt mit der Benennung princeps für 
seine Person auch in dem Dokument offen hervor. Der Prinzipat als 
neue Regierungsform war so gefestigt und für die Ankunft gesichert, 
daß er offiziell in die Erscheinung treten durfte. 

Was so im Jahre 5 begonnen worden war, kam im Jahre 2 auf 
den Höhepunkt. Die Vererbung des Prinzipats war nach der deductio 
des zweiten Sohnes Lucius auf vier Augen gestellt, Augustus, zum 
dreizehntenmal Konsul, hatte auch diesmal den weihevollen Akt voll- 
zogen, Senat und Volk hatten ihm zu Ehren (III 1: honoris mei caussa) 
dem Lucius dieselben Ehrungen beschlossen wie im Jahre 5 dem 
Gaius, die Ritterschaft den zweiten princeps iuwventutis sich erwählt. 
Aber nicht nur das: Augustus selber war im gleichen Jahr, am 
5. Februar, von Senat, Ritterschaft und Gesamtvolk zum pater patriae 
ernannt worden. Damit stand er auf dem Höhepunkt seines Lebens.*) 
Das Kapitel 14 ist damals auf die Ehrung beider Söhne ausgedehnt 
worden, in e. 15 ist die Spende des Jahres 2 am Schlusse angehängt 
worden (III 19—21). Die zweite Hälfte von c. 16 von ei positea ab 
(II 28—33) ist damals geschrieben worden. Was in den Kapiteln 
von den Bauten (e. 19—21) noch fehlte, ist zum größten Teil jetzt 
hinzugefügt worden, namentlich der Beginn des Neubaues der basilica 
Iulia sub titulo nominis filiorum (IV 15) sowie die Weihung des Mars 

1) Der Dakereinfall (V 47, 48) ist derjenige vom Jahre 10 v. Chr. Cassius 
Dio 64, 36, 2. 2) Siehe unten Exkurs VI. 

3) Mommsen, R. 9.” 8.50, Jos. Wilhelm a. a. O. 8. 38f. Das Jahr der 
dritten Schließung iet uns nicht bekannt. Der Versuch, die dritte Schließung 
als nicht erfolgt zu bezeichnen, und zwar durch den Hinweis, daß nur ein drei- 
maliger Beschluß der Schließung überliefert sei (Fitzler-Seeck, R.-E. X 
Sp. 360), ist abzulehnen. Die Stelle im Monumentum mit ihrer Gegenüber- 
stellung der zwei Schließungen der älteren Zeit und der drei unter Augustus 
wäre eine grobe Fälschung, wenn die dritte Schließung nicht wirklich er- 


folgt wäre. 
4) Suet. Aug. 58, 1—2, Cassius Dio 55,10, dazu Jos. Wilhelm a. a. 0. S. 68f. 


16 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


Ultor-Tempels und des glänzenden forum Augustum (c.21 IV 21—22). 
Spiele, wie sie Rom bis dahin noch nie gesehen hatte, sind gerade im 
Jahre 2 v. Chr. aus diesen Anlässen gefeiert worden mit dem Höhe- 
punkt in jener Naumachie im Gebiete von Trastevere (c.23 IV 43—48). 
Diese Feste haben den alten Herrscher veranlaßt, damals die beiden 
Kapitel von den Spielen auf einmal in aller Kürze in den vorhandenen 
Text noch einzuschieben‘), zumal die Nennung der filü, in deren 
Namen diese Spiele vor allem gegeben worden waren, dadurch häufig 
ermöglicht wurde. Dem Volke nicht nur panem, sondern auch cir- 
censes, „Brot umsonst und ewiges Volksfest“, ist seitdem die Losung 
der Kaiser geworden. Das Kapitel über Armenien (c. 27) ist damals 
um den Abschnitt, der die Taten des Gaius verherrlichte (V 28—30), 
erweitert worden, c. 29 um den Schlußsatz mit der Aufstellung der von 
den Feinden wiedergewonnenen römischen Feldzeichen im Mars Ultor- 
Tempel. Die Kapitel 31 und 32, die zum Vergleiche mit Alexander 
herausfordern (s. o. S. 73) sind vielleicht erst damals zu Ende gebracht 
worden. Vor allem aber ist damals dem ganzen Dokument ein neuer 
Abschluß gegeben worden durch Hinzufügung des c. 35, in welchem 
die Ernennung zum »pater patriae durch Senat, Ritterschaft und Ge- 
samtvolk und die drei Inschriften mit diesem Ehrentitel, i% vestibulo 
aedium mearum et in curia et in foro Aug. sub quadrigis, quae mihi ex 
s. c. positae sunt, erwähnt werden. Der Augustus vom Jahre 27 und 
der damals durch den goldenen Ehrenschild der curia Iulia gefeierte 
Prinzeps war zum „Vater des Vaterlandes“ erklärt worden, und zwar 
einstimmig von allen Teilen des populus Romanus, was selbst einem 
Caesar nur durch Senatsbeschluß, und zwar erst ganz am Ende seines 
Lebens?), dagegen in gleicher Weise nur dem Romulus zuteil ge- 
worden war.”) Das Dokument, das in seinen einzelnen Teilen und 
in seiner Gesamtheit nach dem Gesetz der Steigerung aufgebaut ist, 
hat damit seinen wirkungsvollsten Abschluß bekommen. 

1) Die späte Entstehung der Kapitel von den Spielen hat Sigwart, Klio II 
8. 549 erwiesen. Über conlegium statt collegium und collega statt conlega IV 36, 
37 8.0. 8. 24. Für die Notwendigkeit der Raumersparnis spricht die häufige Ver- 
kürzung von Worten gerade in diesem Abschnitt: spectaclum IV 34 und 48, 
saeclares IV 87, cos IV 37, s. c. IV 39, auffällig auch guinquens statt quinquiens 
IV 31 und ducenti statt ducentos IV 45. 

2) Liv. per. 116. Der Senatsbeschluß war nicht einmal einstimmig ge- 
faßt, Ed. Meyer, Caesars Monarchie? 8. 516 und 526. . 

3) Dadurch ward Augustus erst in vollem Umfang zum zweiten Romulus, 
vgl. Liv. 1 16, 3 und V 49, 7 über parens patriae als Beiname des Romulus, 
dazu Ovid. fast. II 119f., Mommsen, Staatsr. II® S. 779 Anm. 2, Jos. Wilhelm 
a. 8. 0. S. 70; zur Gleichsetzung des Augustus mit Romulus im allgemeinen 


auch A. v. Domaszewski, S.-Ber. der Heidelb. Ak. 1918, 6. Abh. S.4, und 
A. v. Premerstein, Das Troiaspiel, Benndorf-Festschrift, 1898, S. 266. 


5. Die Zusätze des Augustus nach dem Jahre 23 v. Chr. 177 


Die beiden Redaktionen von 5 und 2 gehören nach allem Ge- 
sagten eng zueinander. Sie unterscheiden sich beide von den vorher- 
gehenden dadurch, daß jetzt die Ehrungen der filü, der principes iu- 
ventutis, neben diejenigen des alten princeps treten. Wäre das Doku- 
ment im alten Stil fortgesetzt worden, so hätte Augustus auch alle 
Ehrenbeschlüsse des Jahres 8 v. Chr. zu seinen Gunsten erwähnt, wie 
denjenigen, daß der Geburtstag des Herrschers für alle Zeiten durch 
ein Wagenrennen gefeiert werden solle!), weiter die Umnennung des 
Monats Sextilis in Augustus?), vielleicht auch die ludi pro reditu Au- 
gusti vom Jahre 7 v. Chr.°) Statt dessen sind die Ehrungen der fiki 
in den Vordergrund gedrängt. Sie werden nicht weniger als viermal 
zusammen in diesen beiden Redaktionen genannt‘), Gaius außerdem 
noch ein fünftes Mal allein.) Man sieht deutlich: jetzt dient das Schrift- 
stück der Zukunft der neuen Herrschaftsform‘ Auf den vier Augen 
der filii ruhte der Prinzipat; sie sollten von nun ab im Dokument 
neben dem alten Prinzeps dominieren. Außer Tiberius, der wirklich 
der Nachfolger des Augustus wurde, werden unter Hervorhebung des 
Verwandtschaftsverhältnisses zum Herrscher im ganzen Schriftstück 
nur mit Namen genannt: Marcellus als Schwiegersohn‘) und Gaius 
und Lucius Caesar als Söhne”), und zwar an der Hauptstelle in c. 14 
(II 46) mit dem nachträglichen Zusatz: quos iuvenes mihi eripuis for- 
tuna®), die in dem letzten Testament des Augustus wiederkehren, 
welches er schließlich zugunsten des Tiberius, nachdem alle anderen 
Hoffnungen zu Grabe, getragen waren, aufgesetzt hat. Es begann nach 

.Sueton vita Tib. 23 mit den Worten: Quoniam atrox fortuna Gaium 


1) Cassius Dio 55, 6, 6. Feriae für den 23. Sept. hatte der Senat schon 
im Jahre 30 v. Chr. beschlossen (Cassius Dio 51, 19,2), und freiwillig waren Spiele 
auch schon vorher fast alljährlich abgehalten worden, Mommsen, CIL I? 
S. 330, Jos. Wilhelm a. a. O. S. 17ff. 
2) Cassius Dio 55, 6,6; Sueton Aug. 31,2; Censorinus, de die natali 22, 16. 
Der Senatsbeschluß steht bei Macrob. Sat. I 12, 35 mit der Schlußbemerkung: 
item plebiscitum factum ob eandem rem, Sexto Pacubio tribuno plebem rogante. 
Die Sache war also mindestens ebenso wichtig wie die Aufnahme des Namens 
des Herrschers in das saliare carmen, wovon c. 10 II 21 zu berichten weiß; 
zur Sache vgl. J. Wilhelm a. a. O. S. 54ff. und Fitzler-Seeck, R.-E. X Sp. 348 
mit dem Versuch, das Ereignis 'schon ins Jahr 27 hinaufzudatieren. 
3) Cassius Dio 55, 8, 3, CIL VI 385 u. 386, vgl. VI 80751, dazu Wilhelm 
& 8. 0. 8. 58f. 
j 4) c. 14 II 46, 20 IV 15, 22 IV 31 und 40; an allen diesen Stellen: 
Alii, dagegen in dem Nachtrag zu c. 23 IV 44. heißen sie Oaesares, darüber 
unten S. 79. j 
6) c. 27 V 28—29: per Gaium filium meum. 
6) c.21 IV 28 gelegentlich der Einweihung des Marcellus-Theaters: quod 
. sub nomine M. Marcelli generi mei esset. 
7) Stellen oben Anm. 4. 


Kornemann, Mausoleum des Augustus 6 


18 II. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 
et Lucium filios mihi eripuit, Tiberius Caesar mihi ex parte dimidia et 
sextante heres este. Wenn die Fassung des Nebensatzes im Monumen- 
tum durch Weglassung des Wortes atror auch etwas gemildert ist, so 
ist durch seine Voranstellung (vor Nennung der Namen der Söhne, 
anders der griechische Text!) auf die Sache besonders hingewiesen. 
Auf alle Fälle ist es die einzige Stelle des ganzen Schriftstücks, wo 
statt des Staatsmanns der Mensch Augustus zu uns spricht. _ 

Wann aber hat der alte und kalte Herrscher diese Worte, die 
allein uns in sein Gefühlsleben hineinschauen lassen, geschrieben? Der 
früheste Termin, der für die Abfassung in Frage kommt, ist der Todes- 
tag des Gaius, der 21. Februar 4 n. Chr.; heruntergehen darf man 
vielleicht auch noch unter den 26. Juni desselben Jahres, den Tag der 
Adoption des Tiberius und Agrippa Postumus. Denn damals frühestens 
ist das Testament begonnen worden, das nach dem Bericht des Sue- 
ton?) am 3. April 13 n. Chr. abgeschlossen und bei den Vestalinnen 
deponiert wurde.°) Wahrscheinlich sind nämlich die oben zitierten 
Worte über den Tod des Gaius und Lucius Caesar zuerst im Testa- 
ment angewendet und von hier in unser Schriftstück übernommen 
worden. Andererseits bekommen wir durch die Ausführungen oben 
über die manus Tiberii einen terminus ante quem, nämlich vor 13, 
wahrscheinlich schon vor 12 v. Chr., vorausgesetzt, daß überhaupt 
nur noch eine Überarbeitung des ganzen Dokuments durch Augu- 
stus stattgefunden hat. Diese Frage wie die genauere Festlegung des 
Zeitpunktes kann nur erledigt werden durch eine Betrachtung der- 
jenigen Teile des Monumentum, die als die zuletzt niedergeschriebenen 
schon durch die Ereignisse selber sich darbieten. Zu ihrer Betrach- 
tung im einzelnen wenden wir uns jetzt, indem wir die Zusätze der 
Reihe nach aufzählen: 

1. ec. 14 II 46 der eben betrachtete Nebensatz quos iuvenes mihi 
eripuit fortuna. j 

2. c. 17 III 35—39 die Schilderung der Begründung des aera- 
rarium militare im Jahre 6 n. Chr. Beachtenswert ist die Einleitung 
des nachgetragenen Satzes mit Z# und darauffolgenden Konsulnamen 


1) Im griech. Text: Tiodg uov Taıov xal Asöxıov Kais[a]ous, obs veawing 
&vnonacev A voyn (Apoll. röynı). 

2) Aug. 101, 1; vgl. dazu oben S. 22f. 

3) Daß das Testament damals nicht erst abgefaßt, sondern abgeschlossen 
wurde, betont Gardthausen I 3 8. 1264 mit Recht. Um so anffallender ist es, 
wenn derselbe Forscher ebenda $. 1146 die Eingangsworte des Testaments, die 
uns oben beschäftigen, im Jahre 13 sich geschrieben denkt: „und noch kurz 
vor seinem Tode, als er sein Testament aufsetzte, begann er mit den Worten: 
Da ein grausames Schicksal usw.“ 


4. Die Zusätze des Augustus nach dem Jahre 23 v. Chr. 19 


zur Datierung des Ereignisses, wie wir anderswo auch bei Nachträgen 
gern Et postea verwendet sahen. Auffällig ist, daB hier wie in den 
ältesten Teilen für Sesterz wieder die Abkürzung HS verwendet ist.') 
3. In cc.22—23, den spät eingeschobenen Kapiteln von den Spielen, 
sind manche Zahlen auf den neuesten Stand gebracht worden, so 
IV 31 wohl guinquens (sic) und IV 38—39 der Relativsatz quos post 
id tempus deinceps insequentibus annis [s. c. mecum?) fecerunt co]n[su]les. 
Die Zahl der venationes (IV 41) stammt wahrscheinlich, da Ger- 
manicus im Jahre 12 v. Chr. noch eine solche gab, ergt von der Hand 
des Tiberius. Aus c. 23 erweist sich der Zusatz 43—44: in quo loco 
nunc nemus est Caesarum durch das Wörtchen nunc wohl als Nachtrag. 
4. In c. 26 ist die Schilderung der Flottenexpedition des Tiberius 
vom Jahre 5 n. Chr. und ihrer Folgen in Gestalt der Gesandtschaften 
der Kimbern, Charuden und Semnonen (V 14—18) ein Einschub. Auf 
die Worte amicitiam meam et populi Romani gegenüber den früher 
geschriebenen amicitiam populi Romani in c:29 V 41 ist oben (8. 72) 
schon hingewiesen worden. Ebenso zeigen den späten Ursprung die 
ersten Worte classis mea (V 14), wozu die Worte exercitus meus in 
c.30 (V48) aus derselben Redaktion zu stellen sind?) gegenüber populi 
Romani exercitus im Anfang desselben Kapitels (V 44). Auch würde 
man die Erzählung von den Gesandtschaften, wenn sie kein Nachtrag 
wäre, in c. 31, das ausschließlich von Gesandtschaften handelt, erwarten. 
5. In c. 27 ist der Schluß der Darstellung der armenischen Ver- 
hältnisse ein Nachtrag‘), der letzte Satz, falls Tigranes IV. wirklich 
um 11 n.Chr. auf den armenischen Thron gelangte®), erst von der 
Hand des Tiberius. 
6. In c.28 stammt vielleicht der zweite Satz, der die Gesamt- 
zahl der italischen Kolonien enthält, erst aus der letzten Überarbeitung 


1) Über die möglicherweise von Tiberius zugesetzten Worte aut plura 1II 38 
ist oben S. 27 gehandelt worden. 

2) Ergänzung von Richard Wirtz, Vorschläge zum Mon. Ancyr., Progr. 
Trier 1912, 8. 5. 

8) Wenn wir unter Berücksichtigung dieser die eigene Person gegen früher 
ganz anders in den Vordergrund drängenden Ausdrucksweise den Schluß von 
c. 26 V 18—23 (Bericht über die Expeditionen gegen Äthiopien nnd Ara- 
bien) noch einmal ins Auge fassen, bleibt wegen der Eingangsworte sehr viel 
Wahrscheinlichkeit für meine oben (8. 58) schon berührte frühere Auffassung 
(Klio IV, 1904, 8. 98), daß diese Expeditionen, die für den Orient das Gegen- 
stück zu derjenigen des Tiberius im Occident vom Jahre 5 n. Chr. darstellen, 
bei der letzten Redaktion erst nachgetragen worden sind, um der Großtat des 
Tiberius etwas Eigenes gleicher Art an die Seite stellen zu können. 

4) Vgl. darüber Fitzler-Seeck, R. E. X, Sp. 367f. 

5) So Mommsen, R. g.* 8. 116f. und Gardthausen II 8 8. 764 Anm. 40. 

6* 


80 ll. Die Entstehungsgeschichte des Tatenberichts 


durch Augustus. Die Erwähnung von Italien an dieser Stelle ist gerade- 
so auffällig, wie die Erwähnung der Einschmelzung der Statuen is 
urbe in c. 24, nachdem vorher von den Tempeln der Provinz Asien die 
Rede war. Die Worte vivo me deuten, wie schon bemerkt (s. 0.8.59), 
ebenfalls auf eine späte Abfassung hin, ebenso die Partikel autem, 
die geradeso in c.29 V 42 bei dem Nachtrag vom Jahre 2 auftritt. 

7. In c. 30 ist mit ei postea der Zug gegen die Daker ins trans- 
danuvianische Gebiet nachgetragen, der wohl mit Mommsen ins Jahr 6 
oder 7 n. Chr. zu setzen ist.’) 

8. Nachtrag ist endlich das ganze c.33; denn es ist, wie früher (8.61) 
schon bemerkt, nicht chronologisch (der Partherthron ist 4/5 n. Chr., 
derjenige von Medien dagegen 20 v. Chr. besetzt worden), en 
nach sachlichen oder geographischen Gesichtspunkten (1. Parther, 
2. Meder) angelegt. Auffällig ist die Form Artavazdis an dieser Stelle 
gegenüber Artavasdis V 26 u. 30 und Artabasi V 29.2) Daß der Nach- 
trag gerade hierher gestellt worden ist, liegt daran, daß die Einsetzung 
von Königen bei den alten Erbfeinden auf Bitten der fremden Gesandten, 
der principes earum gentium, eine Steigerung darstellt gegenüber dem- 
jenigen, was in c. 31 und 32 berichtet worden war. 

Diese Aufzählung der spätesten Zusätze läßt nun die Frage, ob 
Augustus nur noch einmal an dem Berichte gearbeitet hat, und den 
Zeitpunkt dieser letzten Ergänzung, annähernd beantworten. Abge- 
sehen vom letzten Ereignis der armenischen Geschichte (c. 27) handelt 
es sich um Zusätze, die Taten aus den Jahren 4—7 n. Chr. betreffen. 
Danach ist eine ganz auffällige Lücke, die sich am besten wohl da- 
durch erklärt, daß Augustus nach dem Jahre 7 an dem Dokumente 
nicht mehr weitergearbeitet, vielmehr die Schlußredaktion dem Nach- 
folger überlassen hat, der dieallerwichtigsten Ereignisse aus den letzten 
Jahren nachgetragen und die Zahlen auf den neuesten Stand gebracht 
hat. Hierfür spricht auch — ohne als vollwertiger Beweis gelten zu 
wollen — der Schluß aus dem Schweigen des Schreibers über die 
Vorkommnisse aus den Jahren nach dem Jahre 7. Am auffälligsten 
ist das vollständige Übergehen des siegreichen Schlußkampfes gegen 
Pannonien in den Jahren 6—9°), sowie das Fehlen irgendeiner An- 
gabe über den Neubau und die Weihung des Concordiatempels durch 


1) Res gestae? 8. 181f. Cn. Lentulus ist der Sieger (Florus II 28 u. 29), 
der dafür die Triumphalinsignien davontrug (Tac. ann. IV 44); die Zeit wird 
festgelegt durch Cassius Dio 55, 30, anders v. Premerstein, Jahreshefte des öst. 
arch. Instituts I, 1898, Beibl. 8. 166f.,; unbestimmt Gardthausen I 3, 8. 1181f. 

2) Vgl. oben 8. 61, 6. 

-,8) Vgl. Wilcken, Hermes 38, 1908, 8; 619. 


IV. Der literarische Charakter der Inschrift 8 


Tiberius am 16. Januar 10 n. Chr. und anderes mehr.!) Schon über 
die Ereignisse des Jahres 6 wird nicht in vollem Umfang berichtet?). 
Nach dem Dakerfeldzug in das transdanuvianische Gebiet, der mög- 
licherweise nicht in das Jahr 6, sondern erst ins Jahr 7 gehört, fehlt 
jede Notiz aus den unmittelbar folgenden Jahren. Daher bleibt auch 
von hier aus das Wahrscheinlichste, daß Augustus spätestens im Jahre 7 . 
zum letztenmal das Schriftstück zur Hand genommen hat. Darauf 
führt auch die früher schon behandelte Tatsache, daß in der Alters- 
angabe am Schlusse (VI 28) sepftuagensumum geschrieben ist, während 
sonst überall die Ordinalzahlen auf -simus endigen, und daß die klei- 
nere Ziffer der größeren nachgestellt ist. Denn wenn im Jahre 7 zum 
letztenmal am Dokument geschrieben war, so stand Augustus damals 
im 69. Lebensjahr und es war nötig, bei der nachträglichen Redaktion 
nicht nur die Einer, sondern auch die Zehner zu ändern. 

So dürfte das Jahr 6 oder spätestens 7 als der Termin der letzten 
Redaktion des Dokumentes durch Augustus als der wahrscheinlichste 


erwiesen sein. 


IV. DER LITERARISCHE CHARAKTER DER INSCHRIFT 


Seitdem Bormanns Grabschrifttheorie zur Ruhe gekommen ist, 
hat die Forschung auf den Standpunkt sich gestellt, daß die Inschrift 
etwas Singuläres darstelle, das nicht in eine Rubrik gebracht werden 
könne.®) Doch auch damit ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.) 

Wer heute die Frage, welcher literarischen Gattung die Inschrift 
angehört oder wenigstens nahesteht, zu beantworten versuchen will, 
muß einmal von dem ersten Entwurf, der den Typus am reinsten 
wiedergibt, und zum zweiten von der Überschrift (index rerum gesta- 
rum oder res gestae), die schon mit dem ersten Entwurf entstanden 
ist und eigentlich nur für diesen paßt, ausgehen. 

Daß die res gestae zum mindesten seit der Aufstellung der In- 
schrift vor dem Mausoleum als eigene Gattung unter diesem Titel vor- 
handen waren, beweist der Bericht bei Tacitus, ann. II 83 über den 





1) Klio III, S. 75, Jos. Wilbelm a. a. O. S. 91ff. 

2) Klio II, S. 74f. 

8) G. Misch, Autobiographie I 8. 161, v. Wilamowitz, Hermes 21, S. 624, 
Internat. Wochenschr. I, 1907, Sp. 1106, O. Hirschfeld, Kl. Schr. 8.888, F. Blu- 
menthal, Wien. Stud. 86, 1914, S. 20 Anm. 2. 

4) Walter Otto, Lit. Zentralblatt 1908 Nr. 40, Sp. 1287 spricht von der 
in der Inschrift zutage tretenden „Literaturgattung als einer solchen, die 
ihren Ausgangspunkt im Orient zu haben scheint“. 


82 IV. Der literarische Charakter der Inschrift 


Beschluß des Senates zugunsten des Germanicus nach dessen Tode, 
der auch inschriftlich, aber nur in geringen Resten, erhalten ist.'!) Die 
Ehrungen sind folgende: 

1. Aufnahme seines Namens in das carmen saliare?), 

2. eine sella curulis mit einem Eichenkranz darüber innerhalb der 
Plätze der Augustalen im Theater; vgl. SC zu Ehren des Drusus, 
Tiberius’ Sohn, CIL VI 31200b Kol. II Z. 13£., 

3. eine eburna effigies in der Prozession zur Einleitung der ludi cir- 
censes, 

4. Bestellung eines Nachfolgers als flamen Augustalis und augur aus 
der gens Iulia, 

5. Errichtung dreier arcus, nämlich in Rom, am Ufer des Rheins und 
in Syrien in monie Amano, alle drei cum inscriptione rerum gesta- 
rum ac moriem ob rem publicam obisse; im SC zu Ehren des Ger- 
manicus CIL VI 31199a Z.9 und 12 ist von alter Ianus, tertius 
Janus die Rede, 

6. Errichtung eines sepulchrum Antiochiae, ubi crematus, also eines 
Kenotaphs, da die Bestattung der Asche im Mausoleum erfolgte, 
ebenso SC für Germanicus a Z. 17£., 

7. Errichtung eines tribunal, „einer Trauerbühne“, Epidaphnae, quo 
in loco vitam finierat, vgl. SC a. a. 0.2.18f, - 

8. Anbringung seines Bildes auf einem durch Gold und Größe ausge- 
zeichneten Medaillon unter den Größen der Beredsamkeit in der 
palatinischen Bibliothek, 

9. Benennung des cuneus iuniorum der Ritter im Theater als cuneus 
Germanici und die Bestimmung, daß bei der alljährlichen travectio 


der iurmae equwitum an den Iden des Juli sein Bild vorangetragen 


werden solle; ähnliche Bestimmung für Drusus CIL VI 31200 
b Kol. I Z. 10ff. 


Wie der letzte Punkt deutlich zeigt, haben wir hier die Ehrung 
des verstorbenen princeps iuventutis, wie sie sich unterdessen heraus- 
gebildet hatte, vor Augen. Nr. 2, 4 und 8 dagegen sind spezielle 
Ehrungen des Germanicus, 2 und 4 wegen seiner Stellung im Au- 
gustuskult, 8 wegen seiner Betätigung als Redner. Alles übrige ist 
übernommen aus der Ehrung, wie sie Drusus, dem Vater des Germa- 


1) CIL VI 31199 = 911, ebenso Reste von dem SC. zu Ehren des im 
Jahre 23 verstorbenen jüngeren Drusus, Tiberius’ Sohn, CIL VI 81200 = 912. 

2) Über die gleiche Ehrung des Augustus schon bei dessen Lebzeiten 
vgl. oben 8. 48. ; 





IV. Der literarische Charakter der Inschrift 83 


nicus, und den beiden Caesares, Gaius und Lucius, durch Augustus zu- 
teil geworden war. Als Ehren des älteren Drusus, Germanicus’ Vater, 
lesen wir nämlich bei Sueton, Claud. c. 3: 


1. Errichtung eines honorarius tumulus durch das Heer am Rhein und 
zwar neben der ara Ubiorum!), da bestimmt wurde, daß alljährlich 
an einem bestimmten Tag, wohl dem Todestag des Drusus (14. Sept.), 
ein decursus militum und eine öffentliche supplicatio der Galliarum 
civitates bei dem Ehrenmal stattfinden sollte (= Nr. 6 des Ger- 
manicus), 


2. Bau eines marmoreus arcus cum tropaeis via Appia, das an einer 
anderen Stelle Suetons (Claud. 46) kurz als monumentum Drusi be- 
zeichnet wird?) (= Nr. 5 des Germanicus), 


3. Leichenrede durch Augustus selber mit der Bitte an die Götter, 
similes ei Caesares suos facerent sibique tam honestum quandoque 
exitum darent quam üli dedissent; vgl. dazu in Nr. 5 des Germani- 
eus die Worte des Tacitus ac mortem ob rem publicam obisse, die 
wohl den Schluß der res gestae des Germanicus darstellen, 


4. ein von Augustus selber verfaßtes elogium in Versen für den tumulus 
des Drusus, worunter nur das in Nr. 1 erwähnte Ehrenmal ver- 
standen werden kann?°), ” 


5. eine von Augustus selber verfaßte vitae memoria prosa oratione. 


1) Die genaue Lokalisierung des Kenotaphs hat große Schwierigkeiten 
gemacht. Die einen suchten es in Mainz wegen der Angabe des Enutropius 
VII 13: Drusi qui apud Mogontiacum monumentum habet (Gardthausen I 3 
S. 708, Jos. Wilhelm a. a. O. 8.49). Aber schon Mommsen (Röm. Gesch. V, 
S. 27 Anm. 1) hat die Gleichsetzung des bei Eutrop erwähnten Mainzer Monu- 
ments mit dem tumulus abgelehnt und für letzteren Vetera vorgeschlagen. Das 
Richtige hat Hirschfeld gesehen (Kleine Schr. S. 454 Anın. 3), und seine Ver- 
mutung hat durch den Fund eines marmornen Drususkopfes in der Nähe der 
Überreste der ara Ubiorum (unter der Kölner Kirche St. Marien am Kapitol) 
eine erfreuliche Bestätigung gefunden, vgl. darüber Joseph Poppelreuter in der 
Festschrift des Wallraf-Richartz-Museums der Stadt Cöln, 1911, 8. 104ff., bes. 
S. 118f. Es gab nur eine Stätte, wo das germanische Heer und die Galli- 
arum (ursprünglich wohl Germaniae) civitates gemeinsam eine sakrale Feier 
&bhalten konnten: das war die ara Romae et Augusti, das Zentralheiligtum 
für die neue Provinz Germanien, im oppidum Ubiorum (darüber Kornemann, 
Klio I, 1901, 8. 101 und $. 339). In dem heiligen Bezirk des Altars muß 
das Ehrenmal des Drusus gestanden haben, an welchem das Elogium des Au- 
gustus angebracht war, und es ist anzunehmen, „daß mit der Stelle der Ara 
ein Kult des Drusus verknüpft war“ (Poppelreuter a. a. O. 8. 114). 


2) So richtig Hirschfeld, Kl. Schr. S. 834 Anm. 1. 


3) Falsch Gardthausen I 3, S. 1089, der den Augustus das Elogium am 
Mausoleum anbringen läßt. 


84 IV. Der literarische Charskter der Inschrift 


Nicht so schön zusammengestellt wie hier sind uns die Ehrungen 
des Gaius und Lucius Caesar überliefert; wir müssen sie uns vielmehr 
zusammensuchen. 

Für Gaius Caesar sind es folgende: 

1. Ansage eines iustitium in Rom durch die Konsuln bis zu seiner 
Beisetzung im Mausoleum am 9. Sept.?); vgl. hierzu, was Germa- 
nicus betrifft, Tac. ann. II 82: hos vulgi sermones audita mors adeo 
incendit, ut ante edictum magistratuum, ante senatus consultum sumpto 
iustitio desererentur fora clauderentur domus, - 

2. Bewilligung eines funus censorium?); dazu kommen, gleichzeitig 
auch für Lucius: 

3. Aufbewahrung der silbernen Lanzen und Schilde, die Gaius und Lu- 
cius bei der Anlegung der toga virilis von der Ritterschaft erhalten 
hatten, in der Kurie?), 

4. Im nemus Caesarum bei der Naumachie des Augustus in Trastevere 
Errichtung eines uvnueiov auf einer Insel des Sees‘), 

5. Benennung der neuerbauten Basilica Iulia des Forums mit den 
Namen der beiden Caesaren®), 





1) Vgl. die fasti municipales von Cupra Maritima CIL IX 5290 zum 
21. Februar 4 n. Chr.: [C. Caesar] Aug. f. dee[essit in Lycia, annum agens 
XX]JII Romae iustitffium indietum est), donec ossa eius in [majesol[aeum in- 
ferrentur]; CIL VI 895 = 31195: mortem eius iustitio per con[sules indicto 
... .) onmes luxerunt, von Mommsen R. g.? 8. 54 fälschlich auf L. Caesar be- 
zogen, s. die nächste Anmerkung. 

2) Am Schluß von CIL VI 895 = 81195 nach luxerunt (s. vor. Anm.): 
censu[rae homnoribus | et) insignibus decorata cu|...... Mommsen (a. a. OÖ. 
S. 54) bezieht die Inschrift im Gegensatz zu Henzen mit folgender Begründung 
auf L. Caesar: nam Gai si esset, inter decretum de honore senatorio mortemque 
interponendus fuit consulatus et nomen imperatoris adeptum. Gerade die Lek- 
türe des Monumentum Ancyranum zeigt uns aber deutlich, daß aus der Disposition 
einer res gestae-Inschrift keine weitgehenden Schlüsse gezogen werden dürfen 
Die honores des Gaius konnten sehr wohl am Anfang der Inschrift im Zu- 
sammenhang gegeben sein. Entscheidend für die Beziehung auf Gaius ist, daß 
durch die fasti Cuprenses nur für ihn das iustitium in Rom bezeugt wird, und 
daß nur für ihn die hohe Ehre eines funus censorium in Betracht kommt, vgl. 
über das funus censorium Mommsen, Staatsr. I°, S. 441 mit Anm. 4. Daß weder 
bei Drusus noch bei Germanicus das gleiche erwähnt wird, kommt daher, daß 
beide triumphiert hatten und ihnen als Triumphatoren die toga pieta, nicht 
nur die censorische toga purpurea zustand, vgl. Tac. ann. III 5 und Mommsen, 
Staatsr. a. a. O., während Gaius noch vor dem Triumph stand. 

3) Cassius Dio 45, 12, der fälschlich von goldenen Lanzen und Schilden 
spricht. 

4) Erwähnt von Cassius Dio 66, 25, 4, siehe dazu oben S8. 8 Anm. 6; 
über das nemus Oaesarum und die Naumachie Jordan-Huelsen, Topogr. I 3, 
8. 6655—656. 

5) Cassius Dio 56, 27, 5 und dazu oben 8. 27. 


IV. Der literarische Charakter der Inschrift 85 


6. In der Kolonie Pisge Errichtung eines arcus des Gaius, geschmückt 
mit den Trophäen der von ihm unterworfenen Völker, oben darauf 
sein Standbild im Gewande des Triumphators, daneben noch zwei 
vergoldete Reiterstatuen der Caesaren.!) 


Drei Dinge sind es, die in diesen Zusammenstellungen wieder- 
kehren: das Kenotaph (ein solches wird auch das uvnueiov im nemus 
Caesarum gewesen sein), der Ehrenbogen (arcus) und die Berichte 
über das Leben bzw. die Taten in irgendeiner Form (bezüglich der 
Caesaren in diesem Punkte s. u. $. 86). Mit Recht hat schon Gardt- 
hausen bei Erwähnung des arcus O. Caesaris bemerkt: „Triumphbögen 
für Tote kennt die Republik nicht; ein Analogon bietet nur der Bogen 
des Drusus.“?) Nun hören wir bei Germanicus, daß dessen arcus 
gleichzeitig Träger der Inschriften mit den res gestae waren. Daraus 
ergibt sich, daß diese arcus nicht nur Ehrenbögen, sondern gleich- 
zeitig auch Erinnerungsmäler waren. Das gleiche ergibt sich aus dem 
Monumentum Ancyranum selber, wo VI 26 von den quadrigae des 
Kaisers auf dem Augustusforum gesprochen wird. Denn hiermit kom- 
biniert O. Richter?) wohl richtig eine Nachricht des Velleius 11 39,2 
bezüglich der von dem ersten Prinzeps unterworfenen Provinzen und 
Völker, von denen es dort heißt, quarum titulis forum eius praenitet, 
dahin, daß er annimmt, daß unter diesen Quadrigen auch (Teil-)Ver- 
zeichnisse von den Taten des Augustus angebracht gewesen seien.*) 
Dem gleichen Zweck dienten die Kenotaphien; denn für dasjenige des 
Drusus verfaßte Augustus selber ein Elogium in Versen. 


Damit aber kommen wir zu dem eigentlich entscheidenden Punkt, 
dessentwegen wir diese ganze Erörterung über die Ehrungen der „Kron- 
prinzen“ eingeschoben haben. Augustus selber hat schon den Bericht 
über das Leben oder die Taten als einen integrierenden Bestandteil 
der Ehrungen dieser jungen Männer betrachtet; sonst hätte er nicht 
selber auch für sie zur Feder gegriffen. In dreierlei Form begegnet 
ein Bericht in dieser Hinsicht: 

1. als elogium in gebundener Rede, 
2. als vitae memoria in Prosa, 
3. als Bericht über die res gestae. 


Die unter 1 und 2 genannte Form sahen wir für Drusus ange- 
wendet, 3 für Germanicus, also erst nach Augustus’ Tod. Aber wir 


1) CIL XI 1421 (= Dessau I 140), 2. 34-387. 

2) Aug. II 8, S. 756 Anm. 54. 

3) Topogr. der Stadt Rom? S. 111. 

4) So auch Fitzler-Seeck, Julius (Augustus) R.-E. X, Sp. 366. 


86 IV. Der literarische Charakter der Inschrift 


können den Beweis führen, daß auch diese Form schon von Augustus 
in der Kronprinzenehrung zur Anwendung gebracht worden ist. Wir 
besitzen nämlich die Fragmente von zwei solchen Tatenberichten aus 
Rom, von denen der eine Gaius Caesar, der andere, wie Mommsen 
wahrscheinlich gemacht hat, Germanicus schildert, der letztere sicher, 
der erstere vielleicht von der Wand des augustischen Mausoleums 
stammend.!) Ist dies aber richtig, so hat Augustus nicht nur den 
Tatenbericht für Gaius verfaßt, sondern auch die Anbringung an der 
Außenwand des Mausoleums angeordnet, und Tiberius hat für Ger- 
manicus das Beispiel seines Vorgängers nur nachgeahmt. Augustus 
hat also bei dieser Sachlage ein elogium in Versen für den honorarius 
tumulus des Drusus und einen Tatenbericht für Gaius für das Mau- 
soleum verfertigt, außerdem aber eine vitae memoria für Drusus, ohne 
daß uns eine nähere Angabe über die Verwendung dieses Schriftstücks 
gegeben wird. Hirschfeld hat die Vermutung ausgesprochen‘), daß 
diese Aufzeichnung ebenfalls bestimmt war, an einem Ehrendenkmal 
des Drusus, vielleicht an dem Bogen der via Appia, angebracht zu 
werden. Dies ist möglich; zu erwägen bleibt aber daneben, ob nicht 
die Bezeichnung vitae memoria eher auf eine Publikation in Buchform 
hindeutet, also eine Schrift de vita Drusi gemeint ist, welche dann 
eher ein Gegenstück zur Autobiographie des Prinzeps gewesen wäre. 
In diesem Fall hätten wir Biographie, Tatenbericht und Elogium aus 
der Feder des Augustus vor uns, und es liegt nahe, in den res gestae 
eine besondere Gattung in der Mitte zwischen Elogium und Biographie 
stehend anzunehmen. 

Von der Biographie unterscheidet sich der index rerum gestarum 
offenbar durch die Beschränkung auf die Taten im Dienste des Ge 
meinwesens. Es ist nicht der Mensch, sondern der Beamte, der Staats- 
mann und Soldat, der hier durch Aufzählung seiner „Taten“ im höheren 
Sinne geschildert wird. Zum Elogium dagegen — darin stimme ich 
Hirschfeld®) bei — gehört nach altem Sprachgebrauch stets die poe- 
tische Form, wie die Elogien der Seipionen und des A. Atilius Cala- 
tinus bei Cicero (Tusc. I 13, Cato minor 61, de fin. VI 116, vgl. zu 
CIL 1? 9) beweisen. Derselbe Forscher sagt mit Recht: „Es ist mir 
sogar fraglich, ob die sogenannten elogia clarorum virorum auf dem 
Augustus-Forum im Altertum als elogia bezeichnet worden sind.“ Es 


1) CIL VI 895 (vgl. 31195) für Gaius, wie oben S. 84 Anm. 2 gegenüber 
Mommsen dargetan worden ist, CIL VI 81195 für Germanicus, vgl. Mommsen, 
R. g.? S. 53 mit Anm. 1. 

2) Kl. Schr. S. 834 Anm. 1. 

3) a. a. O. S. 832 Anm. 1. 


IV. Der literarische Charakter der Inschrift 87 


sind das m. E. kurze indices rerum gestarum.‘) Der Tatenbericht kann 
im Gegensatz zum Elogium, das im Falle des Drusus ebenfalls am 
tumulus, allerdings diesmal nur einem Kenotaph, angebracht ist, an 
jedem beliebigen Ort und Monument zur Veröffentlichung gelangen. 
Die neugefundenen res gestae des ©. Sempronius Tuditanus, des Konsuls 
vom Jahre 129 v. Chr., gehören zu einem Monument (Statuenbasis?) 
des Genannten in Aquileia.?) Die Taten der großen Männer der rö- 
mischen Vorzeit in der Ruhmeshalle des forum Augustum stehen hinter 
den Statuen der Betreffenden auf größeren geränderten Tafeln in der 
Marmorbekleidung der Wand, während der Name und der cursus ho- 
norum auf der Plinthe der Statue zu lesen sind. Die res gestae des 
Germanicus stehen sowohl auf den arcus wie am Mausoleum, die des 
Gaius Caesar ebenfalls am letzteren Ort, die des Augustus selber auf 
ehernen Pfeilern vor dem Mausoleum in Rom bzw. an den Heilig- 
tümern der Roma und des Augustus in den Provinzen. Der Taten- 
bericht erscheint mit einem Wort überall da, wo der Betreffende in 
effigie vor unseren Augen steht oder als Divus lebendig ist. Wenn. 
er auch ehemals mit der Grabschrift verbunden war?) und für ge- 
wöhnliche Sterbliche damit verbunden blieb), in der Anwendung, die 





1) Der Beweis für diese Auffassung wird gegeben durch Lampridius, vita 
Alex. Sev. 28, 6, wo es gelegentlich der Nachahmung dieser Sitte durch Se- 
verus Alexander auf dem Forum Transitorium heißt: exemplo Augusti, qui 
summorum virorum statuas in foro suo e marmore conlocavit additis gestis, 
vgl. dazu Mommsen-Huelsen CIL I? p. 185, von Premerstein R.-E. V, Sp. 2444, 
Gardthausen I 2, S. 894f. und S. 976f. 

2) v. Premerstein, Jahresh. des öst. arch. Instituts X, 1907, 8. 264ff.; 
Dessau III, 2 8885; dazu Fr. Buecheler, Rhein. Mus. 63, 1908, S. 321 ff., der die 
Abfassung in Saturniern nachgewiesen hat; E. Reisch, Jahresh. des öst. arch. 
Instituts XI, 1908, 8. 276 ff. 

3) H. Nissen, Rhein. Mus. 41, 1886, S. 486f. macht als Beispiel auf die 
Inschrift am Grabmal des L. Munatius Plancus bei Gaöta (CIL X 6087 = Dessau 
1 886) aufmerksam, die ein paar Jahrzehnte vor dem Monumentum Ancyranum 
verfaßt ist: L. Munatius L. f. L. n. L. pron. | Plancus cos. cens. imp. iter. 
"VII vir | epulon. triump(havit) ex Raetis, aedem Saturni | fecit de manibis, 
agros divisit in Italia | Beneventi, in Gallia colonias deduxit | Lugudunum et 
Rauricam. Sie gibt also hinter Name, Filiation und cursus honorum, dem In- 
halt der eigentlichen Grabinschrift, die wichtigsten Taten des Mannes. 

4) Vgl. die Grabschrift des P. Sulpieius Quirinius, gestorben 19 n. Chr. 
CIL XIV 3613 — Dessau I 918 (dazu Mommsen, R. g.? S. 161ff.) und die- 
jenige des Ti. Plautius Silvanus vom Mausoleum der Plautier CIL XIV 3608 
= Dessau I 986 aus der flavischen Zeit, wo es auch „von großen Zahlen, von 
unbekannten Königen und Völkern am Ende der Welt schwirrt‘“ (H. Nissen 
&. a. 0. S. 486). Ganz singulär ist der trilingue Tatenbericht des ersten prae- 
fectus Aegypti, C. Cornelius Gallus CIL III 14147,5 = Dessau III, 2 8995 (April 29 
v.Chr.), von dem Cassius Dio 53, 23,5 erzählt: sixdvag &avrod Ev din gs einelv 
cH Alybnıo Eornos, xal z& Eoya doa dmsmorins Es vis nupauldag dabygape. Er 


88 IV. Der literarische Charakter der Inschrift 


er jetzt in der Epoche des Prinzipats fand, ist er hinausgewachsen 
über den Anfangszustand und eines der Mittel geworden zur Ver- 
herrlichung des aus der Masse emporragenden Individuums, das im 
Dienste des Staates seine Kräfte verzehrt hat und womöglich für den 
Staat gestorben ist (vgl. die Worte des Tacitus bei der Nennung der 
oben [$8. 82] zitierten res gestae des Germanicus, die wohl, wie er- 
wähnt [S. 83], am Ende dieses Tatenberichts standen). 

Unsere seitherigen Betrachtungen waren von dem Bestreben dik- 
tiert, die einheimischen Wurzeln aufzudecken, aus denen der Taten- 
bericht des Augustus emporgewachsen ist. Aber von hier aus ist 
zweierlei nicht aufzuhellen: einmal das Sprechen in der ersten Person 
und dann die eigentümliche Gruppierung des Stoffes. Hier reicht das 
Hinabsteigen in die römische Vergangenheit nicht aus, um die Erklä- 
rung zu bringen, sondern hier muß der Blick nach der hellenistischen 
Welt und darüber hinaus zum Orient sich wenden.) 


Legen wir, wenn wir den zweiten Punkt zuerst besprechen, wieder 
das „Urmonument“ zugrunde, so werden die Taten zunächst in .1und 2 
in streng chronologischer Folge?) berichtet, aber in c. 3 und 4 treten 
an die Stelle schon sachliche Rubriken, insofern in c. 3 die Kriege, in 
c. 4 die Triumphe und die Ergebnisse der Kriege, soweit sie Ehrungen 
der Götter enthalten, geschildert werden. Die seltsame Stoffauswahl 
und Stoffgruppierung des ältesten Teils der Inschrift waren nach un- 
seren früheren Ausführungen zur Hervorhebung gewisser Tugenden 
des Schreibers gemacht. Diese Tugenden virtus, iustitia, clementia, 
pietas konnten zunächst nur aus den Taten erschlossen werden, kamen 
aber im ersten Entwurf des Gesamtdokuments dann am Schluß (c. 34) _ 
durch die Erwähnung des goldenen Ehrenschilds mit seiner Inschrift 
einzeln und namentlich zur Vorführung. Res gestae (moa&sıs) als Aus- 
druck bestimmter Tugenden aber sind das Hauptkapitel im Personen- 
enkomion, wie es die hellenistische Zeit unter dem Einfluß des Orients 
als Herrscherenkomion (aoıAıxög Adyog) weitergebildet hat.?) Zwei 


überschriti damit die ihm als Beamten, zumal in dem neueroberten Ägypten, 
gesteckten Grenzen, fiel in Ungnade, wurde verurteilt und endete durch Selbst- 
mord (26 v. Chr.), Prosop. imp. Rom I p. 448 Nr. 1111. 

1) Siehe dazu Exkurs VII. 

2) Über eine Ausnahme von der chronologischen Aneinanderreihung siehe 
oben 8. 36f. 

3) Vgl. zum folgenden: Fr. Leo, Die griech.-röm. Biographie, Leipzig 1901, 
S. 90ff., 207f., 225ff., 288 ff., 321; Theodore C. Burgess, Epideictic literature, 
Chicago 1902, 8. 113ff.; P. Wendland, Anaximenes von Lampsakos, Hermes 
39, 1904, S. 583ff.; Josef Mesk, Quellenanalyse des plinian. Panegyrikus, Wien. 
Stud. 33, 1911, S. 710E. 








IV. Der literarische Charakter der Inschrift 89 


töxor aus dieser Literatur weist unser Dokument ganz offensichtlich 
auf, einmal eben diese Verbindung von Taten und Tugenden und zum 


anderen die odyxgısıg oder a aan den wichtigsten Bestandteil 
der adEnoıs.!) 


Ursprünglich waren es fünf Haupttugenden, die auf Bora 
zurückgehen; seit Plato war die Vierzahl herrschend.?) An die Vier- 
zahl hält sich Augustus, indem er die zwei alten Römertugenden der 
virtus und pietas?) den Rahmen bilden läßt, der die mehr persönlichen 
Tugenden der iustitia*) und clementia®) umschließt. Die Verbindung 
der Taten und Tugenden war eine sehr verschiedene in der helle- 
nistischen Literatur. Ursprünglich stehen die Taten im Vordergrund 
und an ihnen werden die Tugenden erwiesen, später findet direkt eine 
Schilderung nach Tugenden statt und jede einzelne Tugend wird mit 
beweisenden Taten belegt‘); es ist die Form, wie sie dann in der 
lateinischen enkomiastischen Literatur herrschend wird.”) Die neue 
Gattung der res gestae greift, wie natürlich, auf die ältere Form zurück 
und läßt die Tugenden aus den Taten mehr erraten, als daß sie die- 
selben ausdrücklich nennt. 


Etwas Ähnliches ist oben bereits bezüglich der edyxgisig be- 
obachtet worden. Wie schon Blumentbal gesehen hat?), ist der Ver- 
gleich mit Caesar kein offener, sondern ein versteckter, wie überhaupt 


1) Leo, 8. 149; Wendland 8. 536; Burgess 8. 125. 
2) Mesk S. 74; Mutschmann, Berl. Phil. Wochenschrift 1910, Sp. 808. 
3) Vgl. dazu Wissowa, Religion? S. 149ff. u. S. 831f. 
4) Der iustitia hat Augustus am 8. Jan. 13 n. Chr einen Tempel geweiht, 
Wissowa a. a. O0. 8. 838. 
i 5) Es gab schon ein Heiligtum der clementia Caesaris vom Jahre 44, 
Wissowe 8. 835; Richter, Topogr.” 8. 390; Kiepert-Huelsen, Nomencl. topogr. 
S.6; Ed. Meyer, Caesars Monarchie?, Stuttgart 1919, 8. BLAf. Eine ara cle- 
mentiae erwähnt Tac. 'ann, IV 74. Als die Haupttugend des Augustus tritt 
sie auch bei Sueton hervor, vgl. Aug. 21, 3, wo die virtus und moderatio des 
Kaisers, und 51, 1, wo clementia eivilitäsgue (41, 1 dazu noch die liberalitas) 
nebeneinander genannt werden. Auch in diesem Hervorheben der clementia 
haben wir ein Rivalisieren mit Caesar zu erkennen, dem gerade diese Gottheit 
„ale seine sinnfälligste und heilbringendste Eigenschaft zur Seite gestellt war“, 
vgl. Meyer a.a. O. 8. 514, der auf die Münzen mit dem Bilde des Clementia- 
Tempels und der Beischrift Olementiae Caesaris hinweist. Nebenbei bemerkt 
ist diese Milde Caesars, genau so wie diejenige des Octavian, nicht etwa 
humaner Gesinnung entsprungen, sondern lediglich von politischen Rücksichten 
diktiert, wie Curio ausgesprochen hat bei Cicero ad Att. X 4, 8, dazu Ed, Meyer 
% 8, OÖ. 8. 339. 
6) Leo 8. 209; Mesk 8. 74. 
-- 7) Auctor ad Herenn. III 14, 15; Cic, de orat. II 345; dazu Leo S. 210 u. 
Wendland 8. 536. 
8) Siehe oben 8, 69. 


90 IV. Der literarische Charakter der Inschrift 


durch das ganze Dokument eine starke Zurückhaltung bei der Nennung 
von Namen zu beobachten ist.!) Es ist die altrömische Art, die den 
Staat über die Personen stellt, wie wenn Cato in den Origines bellorum 
duces non nominavit sed sine nominibus res notavit.?) In das Kapitel 
der oöyxoıoıg gehört weiter jenes Verfahren, das auf die Vergangenheit 
Bezug nimmt und eine Überbietung alles bisher Dagewesenen durch 
den neuen Herrscher hervorhebt. Ich meine Stellen wie c. 10 II 27—28: 
[coeunte tanta mujltitudine, quanta Romae num[gqJuam [antea fuisse 
fertur]; ec. 12 I1 36—37: qui honos [ad hoc tempus] nemini praeter 
[m]e es[t decretus] (vgl. dazu Cic. Phil. I 13)°); e. 13 II 44—45: cum 
prlius, quam] nascerer, [a condila] u[rb]e bis omnino clausum [wisse 
prodatur m[emori]ae, ter me princi|pe senat]us claudendum esse censuilt]; 
c. 16 II 26—28: id primus et [s]olus omnium, qui [d]eduxerunt colonias 
militum in Italia aut in provinciis, ad memoriam aelatis meae feci; 
e. 22 IV 38: [c]Jon[sul XIII] ludos Marltia]les pr[imus feci]; ce. 26 
V 15—16: quo neque terra neque mari quisgquam Romanus ante id 
tempus adit; ce. 30 V 44—45: qua[s a]nte me principem populi Romani 
exercitus numquam adit‘); c. 31 V 50—51: numquam antea visae apud 
qulem]ga[uam] R[omorum du]cem; ce. 32 VI 6—8: me principe, quibus 
antea cum populo Roman[o nullum extitera]t legationum et amicitiae 
[elommercium. Dazu ist dann noch der Schlußsatz von c. 34: Post id 
tem[ pus praestiti omnibus dignitate etc. zu stellen, in welchem der erste 
Entwurf des Gesamtdokuments, wie wir sahen, gipfelte. Auch hier 
keine Namen, sondern nur Vergleichung mit Personen oder Ereignissen 
derselben Art aus der Vergangenheit bzw. Gegenwart oder kurze 
Hervorhebung des Neuen und noch nicht Dagewesenen. Den Unter- 
schied sieht man erst deutlich, wenn man die Enkomien auf Männer, 
die unmittelbar vor oder nach Augustus gelebt haben, daneben hält, 
wie das Enkomion auf Caesar bei Cicero pro Marcello 1—34 oder 
die laudes Pompei in der Pompeiana 27—49, endlich das Enkomion 
auf Tiberius bei Velleius II 126—131. 

Die größere Zurückhaltung, der wir in allen diesen Punkten bei 
Augustus begegnen, erklärt sich in letzter Linie aus dem Umstand, 
daß nur hier die res gestae von ihrem Vollbringer selbst geschildert 


1) G. Misch, Autobiographie I, S. 162f. 

2) Comelius Nepos, Cato 8. 

3) Auch Caes. b. g. 1135, 4. 

4) Vgl. zu den beiden zuletzt angeführten Stellen aus der oben (8. 87 
Anm. 4) zitierten Cornelius Gallus-Iuschrift von Philae (Dessau III 2 8995) die 
Worte 2. Bf.: in quem locum neque populo Romano neque regibus Aegypti [arna 
ante s|unt prolata und in der griech. Übersetzung: &ßdrov argarıw[is rs ybeles 
od abrod yevouerns.- 


IV. Der literarische Charakter der Inschrift 9 


werden. Und damit kommen wir zu dem eigentlich Neuen und 
Singulären gerade bei unserem Monument, dem Reden in der 
ersten Person. Hierüber ist heute nichts anderes zu sagen, als was 
Mommsen schon vor Jahren ausgesprochen hat!), daß nämlich in 
diesem Punkte der Orient sich wirksam erwiesen hat.?) „Wir können 
nicht hineinsehen in die Kunde, welche Augustus und seine Staats- 
männer von dem Orient gehabt haben, und der direkten Kopie der 
dortigen Institutionen ist Augustus durchaus aus dem Wege gegangen.“ 
Aber jeder, der für das Denkmal unter diesem Gesichtspunkt Parallelen 
sucht, wird auf die Dareiosinschrift von Behistun hingeführt. „Näher 
noch nach Zeit und Ort liegt die des Kommagenerkönigs Antiochos 
von Nimrud-Dagh, zwar in den großen Worten und den kleinen 
Taten das rechte Gegenspiel der augustischen Denkschrift, aber mit 
ihrem &yo ndvrov dyad&v ganz wie diese einsetzend und auch am 
Grabmal des Königs aufgestellt, obwohl sie so wenig eine Grabschrift 
ist wie die des Augustus.“®) Hier haben wir das „durch hellenischen 
Einfluß temperierte“ orientalische Königtum vor Augen, während im 
Monument die neue römische, okzidentalischem, speziell italischem 
Empfinden angepaßte Regierungsform des Prinzipats uns entgegentritt. 
Wohl spricht Augustus selber zu uns und hebt stolz hervor, in wie 
vielen Dingen er während seiner langen Regierung „zur Rettung des 
Römertums und zum Segen der Welt“*) die Vorwelt und ihre Taten 
übertroffen hat, aber über der Persönlichkeit erhebt sich echt römisch 
der Staat, vertreten in altrepublikanischer Weise durch den Senat und 
das Volk, die Roms Größe geschaffen haben. „Der Senat, immer mit 
Würde genannt, tritt nur als Körperschaft auf, nie ein einzelnes Mit- 
glied.“°) Und wenn irgend möglich muß auch noch „das Volk“ er- 
scheinen. Man sieht: zwei entgegengesetzte Tendenzen beherrschen 
deutlich das Schriftstück wie den ganzen Staatsneubau des Augustus: 
möglichste Hervorhebung „der Kontinuität mit den in langem ge- 
schichtlichem Werden entstandenen Institutionen der Republik“®) und 
auf der anderen Seite das neue persönliche Regiment „des ersten Staats- 
bürgers, welcher mit seinem souveränen Willen im Innern wie nach 
außen hin die Geschicke des Volkes bestimmt.“”) Die letztere Seite tritt 
vor allem schon in der Ichform der Darstellung zutage. Als etwas 
ganz Neues ist diese Form des Ichberichtes von den Zeitgenossen 


1) Ges. Schr. IV 8. 266. 

2) Doch vgl. man auch unten Exkurs VIII. 

3) Dittenberger O@I 383. 4) G. Misch, Autobiographie I, 8. 162. 
5) Ebenda S. 163. 6) Ebenda 8. 168. 

7) Mommsen, @es. Schr. IV 8. 256. 


92 IV. Der literarische Charakter der Inschrift 


empfunden worden. Das beweist die Inschrift des Q. Aemilius Se- 
cundus, welche — für eine lateinische Grabschrift ganz singulär — 
ebenfalls die Taten in der ersten Person aufzählt.‘!) Der Mann hat 
unter Augustus und Tiberius gedient, und steht, wie Blumenthal zuerst 
gesehen hat?), unter dem Eindruck des augustischen Tatenberichts, 
wie auch die Anklänge im einzelnen (naves cepi — castellum cepi, 
ustrum feci — censum egi, Zahl der geschätzten cives Romani bei 
Augustus — Zahl der in Apamea in Syrien geschätzten Bürger) be- 
weisen. Und auch die einzige Kaiserinschrift der Folgezeit, die eine 
Parallele zum Monumentum genannt werden kann, der Tatenbericht 
Hadrians im Pantheon zu Athen von ihm selbst angebracht?). war 
vermutlich in der Ichform geschrieben, zumal auch hier Berührungen 
im Inhalt vorliegen.*) 

Aber niemals und nirgends ist der Tatenbericht, in der ersten 
Person verfaßt, so wirksam zur Geltung gebracht worden, wie hier vor 
dem gewaltigen Grabtumulus des ersten Prinzeps inmitten der öffent- 
lichen Parkanlagen des Marsfeldes. Über dem mächtigen, baum- 
bestandenen Erdhügel erhebt sich die eherne Kolossalstatue des 
Herrscher. Zu dem ehernen Bildwerk hoch droben gehören die 
ehernen Pfeiler vor dem Mausoleum, über dessen Eingang wohl der 
Name des großen Neugründers von Rom stand. Zu uns spricht ge- 
wissermaßen der Mann selber, der auf der Spitze des Tumulus über- 
lebensgroß in Erz dargestellt war und der als Divs filius der Aufnahme 
in den Himmel nach dem Tode sicher sein durfte.°) „Die Form, die 
er für die Veröffentlichung verfügte, gab den geschriebenen Worten 
einen geschlossenen Hintergrund, der für ihren Eindruck nicht bloß 
die feierliche Wucht der monumentalen Anlage, sondern die konkreten 
religiösen Vorstellungen ausschöpfte, die sich um den Namen Augustus 
und um die ldee seines unvergänglichen Daseins sammelten.“®) 


Nicht allzuoft in der Weltgeschichte haben vor Augustus. 
Menschen in ähnlicher Weise zu Lebzeiten schon um ihr Totenhaus 


1) CIL III 6687 = Dessau I 2683. 

2) Wien. Stud. XXXVI, 1914, 8. 20 Anm. 2. 

3) Pausanias I 5, 5; vgl. W. Weber, Untersuchungen zur . Geschichte ds 
Kaisers Hadrian 8. 88. 

4) Die Angabe der dwgs«i an die hellenischen Städte und die Worte &s 
ubv wöleuov obdeva Enodoıog xareoın verglichen mit Mon. Ancyr. c. 26, V. 
13—14 nulli genti bello per iniuriam inlato, vgl. Sueton Ang. 21,2: nee ul 
genti sine iustis et necessarsis causis bellum intulit. 

5) Sueton Aug. 71 v. Wilamowitz, Hermes 21, 1886, S. 624; Athen. Mit. 
24, 1899, 8. 293; Reitzenstein a. a. O. $S. 488. 

6) G. Misch, Autobiographie I, S. 189. 


IV. Der literarische Charakter der Inschrift 93 


sich bemüht wie der erste Prinzeps von Rom. Die am meisten her- 
vorragenden in dieser Hinsicht sind jene großen Pharaonen des alten 
Reiches von Ägypten, die Erbauer der gewaltigen Pyramiden von 
Gizeh, danach Dareios von Persien und seine Nachfolger, endlich 
wahrscheinlich auch Maussollos von Karien.") Aus den Pyramiden 
spricht der Geist des alten Ägyptens zu uns: „Schon durch ihr Dasein 
geben uns diese Grabbauten einen Begriff von dem Charakter des 
Staates, der sie geschaffen hat. Seinen Mittelpunkt bildet durchaus 
und ausschließlich der König. Er ist ein großer Gott, der Gott Horus 
in Menschengestalt, von den Göttern gezeugt und auferzogen; ihm 
haben sie das Niltal zu Füßen gelegt, und er verkehrt mit ihnen wie 
mit seinesgleichen.“?) Ganz anders wirken die Felsengräber von 
Persepolis mit ihren riesigen Grabfassaden, für die das Dareiosgrab 
das Vorbild geworden ist.) „Es ist das würdigste Monument des 
großen Herrschers, eine Schöpfung von schlichter Größe und Wahr- 
heit, ohne jeden Pomp, frei von aller mystischen Selbstvergötterung, 
der treffendste Ausdruck der Majestät des Achämenidenreichs.“*) Das 
Mausoleum von Halikarnaß aber, am Eingang der hellenistischen Welt- 
epoche, zeigt zum erstenmal griechische Grabbaukunst in den gewaltigen 
Dimensionen orientalischer Architektur®), so daß es schon im Alter- 
tum zu den sieben Weltwundern gerechnet wurde. Groß ist der 
Unterschied zwischen diesen Bauten und dem Tumulus, den Octavian 
gleich nach dem Sieg über Ägypten sich errichtet hat, nicht zum 
wenigsten dadurch, daß Augustus seinen Tatenbericht im Gegensatz 
zu Dareios vor das Grabmal selber gesetzt hat, so daß der Inhaber des 
Monuments noch vom Jenseits her gleichsam zu dem Besucher in 
menschlicher Weise spricht. Mit dem Bau des Maussollos dagegen 
drängt sich in einem Punkt wenigstens die Vergleichung auf, nämlich 
bezüglich der Lage. Wie das Mausoleum im Mittelpunkt der neu- 
gegründeten Stadt Halikarnaß, so erhebt sich der tumulus Iuliorum 
am Nordeingang von Rom auf dem geheiligten Boden des Marsfeldes. 


1) Die Errichtung des berühmten Mausoleums von Halikarnaß wird von 
der antiken Überlieferung allerdings erst der Schwestergemahlin und Nach- 
folgerin des Maussollos, Artemisia, zugeschrieben. Doch weist vieles, vor allem 
aber der Standplatz des Grabdenkmals an hervorragender Stelle der neuen 
Stadtanlage darauf hin, daß schon unter Maussollos selber der Bau entworfen 
und begonnen worden ist, vgl. F. Adler, Das Mausoleum zu Halikarnaß, Zeit- 
schrift für Bauwesen Bd. 50, 1900, Sp. 3f. 

2) Ed. Meyer, Aegypten zur Zeit der Pyramiden- Erbauer, Leipzig 1908, 8. 14. 

3) Über das Dareiosgrab und die Zeit seiner Errichtung durch den König 
selber vgl. J. V. Präßek, Geschichte der Meder und Perser II, 1910, S. 63f. 

4) Ed. Meyer, Geschichte des Altertums III S. 120. 

6) Vgl. den Rekonstruktionsversuch von F. Adler a. a. O. Sp. 5ff. 


Kornemann, Mausoleum des Augustus 


5 


94 IV. Der literarische Charakter der Inschrift 


Dadurch wird dort wie hier das neue Herrschergeschlecht bewußt in 
den Mittelpunkt des Staates gerückt, bei Augustus in ganz anderer 
Weise, als man nach den schlichten Worten der dazugehörigen In- 
schrift, zumal des Anfanges und ältesten Teiles, erwarten sollte. Bei 
ihm verkündet vor allem der gewaltige Bau an bevorzugter Stelle, 
daß der gleich darauf zum Augustus Erhöhte viel mehr als die Wieder- 
herstellung der Republik von vornherein ins Auge gefaßt hat.!) 


Wie fast alles, was Augustus geschaffen hat, zeigen auch das 
Mausoleum und der Tatenbericht ein Doppelgesicht, ein italisches und 
ein hellenistisches.. Nur wer die nach Italien schauenden Züge ent- 
schleiert und in ihm den „neuen Romulus“ erkannt hat?), dem ist 
Augustus auch hier erst ganz offenbar geworden. 


EXKURSE UND NACHTRÄGE 


I. (Zu S. 8 und 11.) Das Vorbild für die Anlage großer Parks um die 
Herrschergräber der hellenistischen Epoche und der römischen Kaiserzeit ist das 
Grab des Kyros in Pasargadae. Die beste Schilderung desselben bietet Aristo- 
. bulos bei Arrian Anab. VI 29, 4: sivaı y&g &v Ilaoapyddcız Ev rh nagadsisp 
5 Pasıklınn Kögov Exsivov rdyov nal nepl abrov &ioog nepvredodar ÖEvdgav 
navrolov xal Üdarı elvaı xardpevrov xal nöav Badeiav mepvaevaı Ev TO Ast- 
wörı, ähnlich auch Strabo XV p. 730 (nach derselben Quelle): z6v Kögov rapor 
eldev &v negadsioo. Ernst Herzfeld hat in dem von ihm in den Ruinen von 
Meähed i murghäb lokalisierten Pasargadae des sog. Grab der Mutter Salo- 
monis (Meähed mäder i Sulöimän) als das alte Kyrosgrab wohl definitiv er- 
wiesen und im Gelände die txeffliche Schilderung Aristobuls in allen Einzel- 
heiten, auch was die Umgebung des Grabes betrifft, bestätigt gefunden 
(Klio VIII, 1908, S. 39ff.; Iranische Felsreliefs, Berlin 1910, 8. 166ff., dazu 
Tafel XXIX). Rohrbach will noch verschiedene Bassinreste in der Umgebung 
des Grabes wahrgenommen haben (In Persien, Preuß. Jbb. 1901, 8. 837). „Das 
Grab liegt nördlich von einem vom Pulwar abgeleiteten Kanälchen, auf der 
anderen Seite fließt der perennierende nördliche Zufluß des Pulwar, der Pulwar 
selbst iet nicht weit. Noch heute wachsen Oleander, Weiden, einzelne Myrten 
und andere Büsche an diesen Wasserläufen, und nach dem Tang i buläki zu 
entwickelt sich eine schöne Vegetation, wie sie auf der sonstigen Steppe nicht 
vorkommt; die Ruine liegt etwas außerhalb des Stadtgebietes und muß in 
einem größeren Temenos eingeschlossen und von einem Paradiese umgeben ge- 
wesen sein, von dem Spuren erhalten sind“ (Iran. Felsrel. S. 178). „Wenn 
man sich eine Vorstellung davon machen will,“ sagt Herzfeld dann weiter 
8. 177, „wie das Kyrosgrab in seiner Unversehrtheit aussah, so denke man an das 
so poetisch schöne Grab des Sa'adi bei Shiräz, mit seinem blühenden Rosen- 


1) Daß schon die Zeitgenossen, soweit sie überzeugte Republikaner waren, 
in Augustus von vorneherein den Schöpfer der Monarchie gesehen haben, be- 
weist das Werk, welches die unmittelbare Vorlage von Appians Emphylia 
bildet, dessen Verfasser wahrscheinlich Cremutius Cordus war, dazu meine 
Ausführungen in Klio XVII, 1920, 8. 33 ff. 

2) Siehe oben 9. 76 Anm. 3. 


Exkurse und Nachträge 95 


garten, seinen Pinien, Platanen und Zypressen und an das Grab des Imäms 
Shäh Rizä bei Kümishäh, mit seinem prachtvollen Baumgarten, dem fließenden 
Wasser mit den heiligen Fischen, umgeben von den Zellen der Priester, die 
das Grab bewachen.“ Wenn man diese Schilderungen liest, ist wohl der Ge- 
danke nicht abzuweisen, daß das Land der Paradiese die Heimat der Gräber- 
parks um die hellenistischen Herrschergräber gewesen ist. Herzfeld ist auch 
der Ansicht — was eine weitere Parallele zum Augustusgrab wäre —, daß 
das Kyrosgrab schon vom Großkönig bei seinen Lebzeiten erbaut oder wenigstens 
begonnen wurde (Klio VIII 8.42, Felsreliefs S. 176). Bezeugt ist die Er- 
bauung bei Lebzeiten für das Dareiosgrab (Ktesias bei Photios $ 15). 
Von hier aus möchte Herzfeld auf eine allgemeine Sitte bei den Achämeniden 
schließen. 

II. (Zu S. 16 Anm. 5.) Sachlich und sprachlich die beste Parallele ist die 
Stelle bei Pseudo-Plutarch, Leben der X Redner, Lykurg p. 277 in Wester- 
manns Biographi, die über den Rechenschaftsbericht des Staatsmannes Lykurgos 
von Athen (s. Exkurs III) handelt: wdvrav 6° üv diemnoev dvaygapııv moın- 
adusvog dvednnev &v oriam go Tüs Ön’ abroü naraoxevaohelong mahriorgus 
oxonsiv rois PovAouevors. Vgl. auch die Stellen ‘über die Tatenberichte der 
Götterkönige in der hellenistischen Romanliteratur im Exkurs VII. 

III. (Zu 8. 18.) Th. Birt (Kritik und Hermeneutik in Müller- Pöhlmann, 
Handbuch 13, 1913, S. 293; vgl. auch Birt, Buchrolle S. 276, 8) hat mit Recht 
den schon im vorigen Exkurs genannten Rechenschaftsbericht des Redners 
und Staatsmannes Lykurg, den dieser inschriftlich auf einer Stele am Eingang 
der von ihm im Lykeion (C. Curtius, Philol. 24, 1866, 3.276) gestifteten Palästra 
anbringen ließ, einen Vorläufer des Monumentum Ancyranum genannt. Ly- 
kurgos, als Leiter der inneren, besonders der Finanzpolitik des attischen Staates 
(338/7 —327/6), ein zweiter Perikles, hatte gegenüber Angriffen stark das Be- 
dürfnis der Rechenschaftsablage, wie vor allem seine wahrscheinlich im Prozeß 
gegen Menesaichmos gehaltene Verteidigungsrede (&moloyıoudg br memolitsvra) 
beweist, vgl. Boeckh, Staatshaushaltung 1° S. 513; C. Droege, De Lycurgo 
Atheniensi, Bonner Diss. 1880, S. 42£.; J. Beloch, Griech. Gesch. III 1, 8. 59 mit 
Anm. 3. Ähnlich wie bei Augustus später folgt dann der gelegentlichen .poli- 
tischen Verteidigung in Wort oder Schrift eine Aufzählung der Taten im 
Dienste des Staates auf einer Stele vor einem von dem Autor des Schrift- 
stücks errichteten Bauwerk an vielbesuchter Stelle (oxorsiv rois BovAouzvorg). 
Bemerkenswert ist, daß auch in diesem griechischen Tatenbericht die Auf- 
zählung der Bauten (Reparaturen und Neubauten, vgl. dazu C. Curtius a. a. O. 
S. 261 ff., Judeich, Topographie 8.83) und der im Dienst des Volkes gemachten 
finanziellen Aufwendungen einen großen Raum einnimmt. Die Frage ist 
immerhin aufzuwerfen, ob nicht Augustus durch diese Inschrift zur Einlage 
seiner Bautenkapitel veranlaßt worden ist. Wie das Monumentum Anc. ist auch 
die &vaygapı; des Lykurg die Quelle der späteren Darstellungen in dieser 
Richtung geworden. So gehen die Darstellung bei Pseudo-Plutarch in der 
vita Lycurgi sowie der Inhalt des Dekrets des Stratokles, das uns sowohl in- 
schriftlich (Dittenberger, Sylloge 1° 8. 326) wie literarisch (hinter der vita 
Lycurgi) erhalten ist, auf den lykurgischen Rechenschaftsbericht zurück. Vgl. 
andere Parallelen zum Mon. Anc. unten im Exkurs VII 

IV. (Zu 8. 40 und 73.) Soeben weist Eduard Norden in seinem neuesten 
ergebnisreichen Buche: Die germanische Urgeschichte in Tacitus’ Germania, Leip- 
zig, B. G. Teubner 1920, 8. 87 ff. im Anschluß an gelegentliche Bemerkungen 
von Th. Bergk und vor allem an Alfred Klotz, Caesarstudien (1910) 8. 13f., 
der bereits das Richtige erkannt hatte, für Caesars Commentarien auf den 
großen Einfluß der caesarischen Senatsberichte hin (vgl. auch S. 861 und 8. 438f.). 
Er bespricht dabei ebenso wie Klotz die interessante Stelle bei Sueton Iul. 56, 6: 


96 Exkurse und Nachträge 


epistulae quoque eius (Caesaris) ad senatum extant, quas primus videtur ad 
paginas et formam memorialis libelli convertisse, cum antea consüles et duces 
non nisi transversa charta scriptas mitterent, wodurch, wie schon K. Dziatzko, 
Buchwesen, 1900, S. 124 gesehen hat, der Übergang von der Brief- oder Ur- 
kundenform zur Buchform mit Darstellung in mehreren Kolumnen nebeneinander 
angedeutet wird. Dieses Verfahren hat Octavian nach den oben, im Text 
S. 40 und 73 behandelten Stellen offenbar beibehalten und geradeso, wie es 
Klotz und Norden für Caesar annehmen, sind diese amtlichen Denkschriften 
auch für seinen Nachfolger die Grundlage der für die Öffentlichkeit bestimmten 
Ausarbeitungen geworden. Aber während Klotz (8.17) und Norden ($. 91; 
8. 417/8 Anm. 3 am Ende) für die caesarischen Commentarien der alten 
Mommsenschen Annahme einer Entstehung in einem Zuge nach der Nieder- 
werfung der letzten großen gallischen Koalition das Wort reden, ergibt sich 
für das Monumentum Ancyranum gerade da8 Gegenteil, insofern jeweils von 
Augustus im Anschluß an den neuesten Amtsbericht eine weitere Ausgestaltung 
seines Tatenberichts vorgenommen worden ist. Der Unterschied erklärt sich 
zum größten Teil aus der verschiedenen Zweckbestimmung der beiden Werke. 
Während die Commentarien, zur sofortigen Veröffentlichung bestimmt, litera- 
risch umstilisiert wurden, blieb dieses Werk des Augustus, wie die Anwendung 
der Ichform beweist (darüber unten 8. 102f.), auch fernerhin ein memorialis 
libellus, der bezeichnenderweise noch in der Ancyraner Kopie die Kolumnen- 
gliederung eines libellus besagter Art aufweist. Mit Recht stellt Norden S. 90, 
wie zum Schluß noch bemerkt sein möge, die Forderung auf, daß man diese 
amtliche Berichterstattung von Caesar aus rückwärts in die hellenistische Zeit 
(s. dazu oben Exkurs III), ebenso aber auch vorwärts in die Kaiserzeit (vgl. 
dazu Norden 8. 438f.) einmal verfolgen müsse. 

V. (Zu 8. 44 und 65.) Das Problem des Ablaufs des Triumvirats und der 
staatsrechtlichen Stellung Octavians in den Jahren 32—27, der Gegenstand der 
Kontroverse Mommsens!) und Kromayers®), ist seit meiner Behandlung des 
Gegenstandes in Kko V, 1905, S. 827ff. lebhaft erörtert worden. Daran be- 
teiligt sind: 

1. Ed. Meyer, Kaiser Augustus, Kleine Schriften S. 453ff. 

2. Fritz Blumenthal, Die Autobiographie des Augustus, Wien. Stud. 35, 
1913, S. 113 ff. und 86, 1914, 8. 1ff. . 

8. Walther Kolbe, Der zweite Triumvirat, Hermes 49, 1914, 8. 273ff. 

4. Otto Th. Schulz, Das Wesen des römischen Kaisertums der ersten zwei 
Jahrhunderte, Studien zur Gesch. u. Kultur des Altertums VII, 2, 1916, S. 5ff. 

5. Adolf Bauer, Der Staatsstreich des Octavianus im Jahre 32 v. Chr. 
Hist. Zeitschrift 117 (3. Folge 21), 1917, 8. 11. 

6. A. von Domaszewski, Die Consulate der röm. Kaiser, S.-Ber. der. 
Heidelb. Akad. 1918, 6. Abhändlung 8.4 Anm. 5; dieser allerdings nur mit 
der kategorischen Erklärung: „An den Worten des Augustus über die Dauer 
des Triumvirates herumzudeuteln, ist ganz ungehörig.“ 

7. U. Wilcken, Grundzüge und Chrestomathie der Papyruskunde 1 2 
S. 545, der bei der Besprechung der Papyrusurkunde BGU II 628 Verso II = 
Nr. 462 der Chrestomathie ganz kurz bemerkt, daß er von Kromayers Auf- 
fassung nicht überzeugt sei. - 

Wir besitzen bei Appian Illyr. 28 eine Nachricht, die in zwiefacher Weise 
von unserer sonstigen Tradition abweicht. Sie behauptet: 

1. daß am 1. Januar 83 noch zwei Jahre bis zum Ablauf des zweiten 
Quinquenniums gefehlt hätten, setzt also das Ende des Gesamttriumvirats nicht 


1) Röm. Staatsrecht II 1° S. T18ff. 
2) Die rechtliche Begründung des Prinzipats. Straßburger Diss. 1888, S. 2ff. 


Exkurse und Nachträge 97 


wie sonst auf den 31. XII. 83, sondern auf den 81. XII. 32 fest und wider- 
spricht damit auch der Darstellung im Mon. Anc., die oben im Text 8.44 u. 65 
behandelt worden ist; 


2. daß die Verlängerung des Triumvirates um ein weiteres Quinguennium 
im Jahre 87 durch Volksbeschluß seanktioniert worden sei, was im Wider- 
spruch steht zu Appian b. c. V 95, 398, wonach die Triumyirn im Vertrag 
von Tarent, ohne das Volk zu fragen, vorgegangen sind. 


Es kommt alles darauf an, wie man die Nachricht Appians in der 
illyrischen Geschichte bewertet. Da sie unbequem ist, hat die neuere Forschung 
sie in der Regel mit einer kurzen Bemerkung, oft ohne jegliche BEER, 
beiseite geschoben. So löst man das Problem nicht. 


Dieses Beiseiteschieben beginnt schon bei Mommsen und RER 
Mommsen erklärt bezüglich Nr. 1(8. 718 Anm. 1): „Irrig gibt Appian Illyr. 28 
den 31. Dez. 722/32 als Endtermin des zweiten Quinquenniums an, vermutlich 
weil die Konsularstellung erst am 1. Jan. 723/31 anhebt‘“, und bezüglich Nr. 2 
(S. 718 Anm. 3): „Das Gegenteil (daß nämlich ein Volksbeschluß gefaßt worden: 
ist), das Appian auch vorbringt (Illyr. 28), ist ein Versehen“. Höchst auf- 
fälligerweise spricht Kromayer (8. 9 Anm. 5) bezüglich Nr. 1 „von dem in 
chronologischen Angaben notorisch unzuverlässigen Appian“, obwohl er 
bei Besprechung von Nr. 2 kurz vorher ($S. 8) die Stelle in ihrer Gesamtheit 
auf Octavians Autobiographie zurückgeführt hat und ihr bezüglich Punkt 2 
gefolgt ist. 

Seitdem ist die Stelle anrüchig. Blumenthal (S.6 Anm. 2) sagt: „In 
Appians Angabe, Illyr. 28, im Jahre 83 hätten noch zwei Jahre bis zum Ab- 
schluß des zweiten Quinquenniums gefehlt, sehe ich nichts anderes als kon- 
fuse Rechnung“, obwohl er ähnlich wie Kromayer kurz vorher ($. 4) die 
Ansicht vertritt, daß der Bericht Appisns in der Illyrike aus der Autobio- 
graphie stammt und ebenda Anm. 2 unbegreiflicherweise sogar sagt: „Be- 
sonders charakteristisch c. 28 gegen civ. V 95! Blumenthal, dessen Arbeit 
sonst sehr ergebnisreich genannt werden muß, ist hier nicht zur vollen Er- 
kenntnis durchgedrungen. Er kommt der Wahrheit nahe (vgl. S. 7: „Trotz- 
dem ist es nicht ausgeschlossen, daß Augustus in der Selbstbiographie die 
Sache noch ganz anders dargestellt hat als später im index rerum gestarum“), 
erfaßt sie aber nicht. Bei ihm, wie bei vielen Neueren, rächt es sich, daß er 
zwar die Quellen, aber nicht mehr die moderne Literatur über den Gegenstand 
beherrscht. Das Durcharbeiten der Literatur ist leider außer Mode gekommen. 
Bauer (8. 22) spricht von einer „beiläufigen Bemerkung bei Appian Illyr. 28“ 
und urteilt darüber: „Appian ist, wo er auf eigenen Füßen steht, unzuver- 
lässig, sein Werk ist voll von ähnlichen Versehen und Fehlern. Mit dieser 
Bemerkung widerspricht er sich selbst usw. 


Alle diese Vorwürfe sind an die falsche Adresse gerichtet. Nicht Appian, 
sondern seine Quelle ist für die Abweichung verantwortlich. Wie Kromayer 
und Blumenthal selber schon gesehen haben und von mir früher (8. 328f.) 
schon dargetan worden ist, stammt die Stelle aus der Autobiographie Octavians 
und gewinnt dadurch ein erhöhtes Interesse, wie von neuem Kolbe (8. 276f.) 
allein gesehen und deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Über das Verhältnis 
der Nachricht Appians zu derjenigen im Mon. Ancyr. c. 7 sagt er dann, daß 
sie in Punkt 1 in Widerspruch mit dem Mon. Ancyr. stehe (8. 279), daß da- 
gegen bezüglich Punkt 2 Appians Version durch die Angabe einer zehn- 
jährigen Dauer des Triumvirats bestätigt werde, da diese Ausdrucksweise eine 
Bestellung auf legitimem Wege und zwar zweimal für je ein Quinquennium 
voraussetze (S. 278). Im entscheidenden Punkt 1 steht also Augustus gegen 
Augustus, und damit tritt Kolbe, wie er 8. 289 ausgesprochen hat, in der 


98 Exkurse und Nachträge 


Quellenfrage restlos auf meine Seite und allen denen gegenüber, die die 
Appianstelle in der illyrischen Geschichte kurzer Hand beiseite schieben wollen. 

Unsere Wege trennen sich aber sofort, wenn wir nun an die kritische 
Verwertung der verschiedenen Ansichten herangehen. Denn hier begeht Kolbe 
den groben Fehler, sich der oft sehr tendenziösen Autobiographie (Nachweise 
bei Blumenthal) selbst in dem Punkte, wo Augustus später die ältere Dar- 
stellung hatte fallen lassen, ruhig anzuvertrauen und Octavian ausschließlich, 
der Darstellung der Autobiographie folgend, „aus dem Usurpator“ zum „legi- 
timen Anwalt des Populus Romanus“ zu machen! 

Um die Fehler, die hier gemacht sind, klar herauszustellen, müssen wir 
scharf unterscheiden: 

1. den wirklichen Hergang der Dinge, 

2. die Auffassung, die die Autobiographie, 

3. diejenige, die das Mon. Ancyr. von dem Verlauf zu geben versucht. 

ad 1) Es ist Tatsache,. daß sowohl Octavian wie Antonius nach dem 
31. XI. 38 dasjenige getan haben, was sie auch nach dem 31. XII. 88 vor 
‘der Erneuerung des Triumvirats durch den Vertrag von Tarent getan hatten: 
sie spielten unbekümmert um die Begrenzung, die sie selbst dem Amt abermals 
(in Tarent) gegeben hatten, auch im Jahre 32 die Triumvirn weiter, wohlge- 
merkt jetzt ebenso wie im Jahre 38 zu Unrecht, jetzt in noch höherem’ Maße, 
da das Triumvirat mit der Absetzung des Lepidus seine rechtliche Grundlage 
verloren hatte (Ferrero, Grandezza e decadenza di Roma IIIS.494). Allerdings 
beweist das Angebot des Antonius, nach Ablauf des Jahres 33 vom Triumvirat 
zurücktreten zu wollen, wie Bauer (8. 20) sehr richtig bemerkt hat, die An- 
erkennnng seitens des Östlichen Machthabers, „daß er den 1. Jänner 32 als 
eine Verfallfrist für das Triumvirat ansah“. Für Octsvian aber war es „poli- 
tischer Selbstmord‘, die Triumviralgewalt freiwillig aufzugeben, wie Antonius 
vorgeschlagen hatte (Kolbe S. 284). Nachdem er sich mit Rücksicht auf die Un- 
sicherheit seiner Rechtsposition zunächst von Rom ferngehalten hatte, über- 
schritt er bald nach der zweiten Senatssitzung am 1. Februar 32, in der der 
Konsul Sosius ihn scharf angegriffen hatte!), das Pomerium, berief den Senat 
und nahm, geschützt von Soldaten, die den Versammlungsraum umstellten, als 
Triumvir auf dem kurulischen Sessel zwischen den beiden Konsuln Platz, um 
offen Anklage gegen Antonius zu erheben. Die Konsuln wichen aus, ver- 
ließen mit einer Anzahl gleichgesinnter Senatoren die Hauptstadt und be- 
gaben sich zu Antonius nach Ephesos (Bauer 8. 21). Der „Staatsstreich“ liegt 
also nicht, wie Kolbe (8. 285) iu seiner ablehnenden Darstellung meint, nur 
in „der Verteilung von Soldaten in der Curie“, sondern schon in den Maß- 
nahmen, die vorangingen. Octavian spielte den Triumvir weiter, wobei er sich 
darauf berufen konnte, daß ja auch Antonius tatsächlich nicht niedergelegt hatte. 
Bei dieser Sachlage ist es nicht verwunderlich, daß die Mauerbau-Inschrift 
von Triest CIL V 525 —= Dessau I 77 (Kolbe S. 288) ihn noch nach dem 1. Ja- 
nuar 32 als IIIvir r. p. c.iter(um) bezeichnet. Auf der Inschrift liegt nicht, wie 
Bauer (8. 23) meint, ein Fehler vor, weder desjenigen, der den Text konzipierte, 
noch des Steinmetzen, der ihn aufzeichnete. DieSituation ist ganz dieselbe wie im 
Jahre 38 vor der Erneuerung des Triumvirates durch den Vertrag von Tarent, ja 
sie liegt jetzt insofern noch günstiger, als die erwähnte Erneuerung erst im Sept 
oder Okt. 37 (Datum des Tarentiner Vertrags nach Kromayer) erfolgt war und 
man, wie sich gleich zeigen wird, bezüglich des Endes des zweiten Quin- 
quenniums verschiedener Ansicht sein konnte. Auf alle Fälle konnte Octavian 
sicher in seinem Reichsteil so lange sich Triumvir nennen und nennen lassen, 
als Antonius es im Osten tat, und dieser hat sich bekanntlich bis zu seinem 


1) Die Datierung der Ereignisse nach Kolbe 8. 282 ff. 


Exkurse und Nachträge 99 


Tod als IIlwir bezeichnet (Blumenthal S. 7). Man braucht aber desbalb nicht 
Mommsens Theorie von der rechtlichen Unbefristetheit des Triumvirates wieder 
aufzuwärmen, wie Kolbe tut (S.290ff.), am wenigsten durch Hinweis auf das 
Verhalten des Antonius nach dem Bruch. Denn niemand konnte von diesem 
Manne verlangen, daß er nach dem, was Octavian sich in Rom geleistet hatte, 
selber den Ast absägte, auf dem er saß. Mommsens Theorie ist seit Kromayer 
(S. 3f.) erledigt und neuerdings von Schulz (8. 5ff.) und Bauer (8. 14ff.) noch ein- 
mal widerlegt worden. Es bleibt dabei, wie Bauer es neuerdings (S. 22) formu- 
liert hat (nach dem Vorangang Kromayers und Ed. Meyers S. 454): Octavians 
Verhalten in der ersten Hälfte des Jahres 32 bedeutet „Usurpation einer 
erloschenen amtlichen Gewalt“, also „Staatsstreich“ (so auch Reitzenstein 
a. a. 0. $. 483). 

ad 2) In der Autobiographie hat Octavian später den Versuch gemacht, 
sein ungesetzliches Vorgehen im Jahre 32 dadurch zu rechtfertigen, daß er 
behauptet hat, das Triumvirat habe noch im Jahre 32 rechtlich Bestand ge- 
habt. Dies kann nur so geschehen sein, daß er in dieser Darstellung das Ab- 
kommen von Tarent, für das er nachträglich in Rom die Sanktion des Volkes 
einholte'), dahin interpretierte, daß das neue Quinguennium vom 1. Januar 36 
ab gezählt wurde. Es ist so, wie ich es früher (S. 329) ausgedrückt habe: 
„Octavian hat ursprünglich lieber im Jahre 37 als in dem kritischen Jahre 32 
amtlos dastehen wollen“. Kolbe, der diesen Worten zustimmt ($. 289), be- 
zeichnet meine Auffassung als „allgemein anerkannte Tatsache‘... Leider ist 
das nicht der Fall; sonst hätte ich mir diese erneute Behandlung des Problems 
ersparen können. Auch Kolbe selber hat nicht die richtigen Folgerungen aus 
meiner Darlegung gezogen. Sein Hauptfehler besteht darin, daß er meint, nur 
der Bericht der Autobiographie entspreche dem wirklichen Hergang der Dinge, 
auf alle Fälle verdiene die Autobiographie für die dreißiger Jahre den Vorzug 
vor dem Monumentum Ancyranum ($. 290; vgl. auch 9.288). Wieviel richtiger 
urteilt da doch Blumenthal. (8. 21), daß in bezug auf Wahrhaftigkeit die Auto- 
biographie tief unter dem Monumentum Ancyranum stehe. 

ad 3) Wie ich früher (8. 329) schon ausgeführt habe, ist Augustus im 
Mon. Ancyr. von der Darstellung der Autobiographie abgekommen und hat 
die Ansicht aufgestellt, daß das Triumvirat 10 Jahre ohne Unterbrechung 
(svvsy£cıv, darauf liegt der Nachdruck, Kolbe 8. 279) gedauert habe, also von 
42—33 eingeschlossen, wobei allerdings die kurze Zeit vom 27. Nov. 43 (Tag 
der lex Titie) bis zum 1. Januar 42 außer Rechnung gelassen wird. Die 
Änderung der Auffassung kommt ebenso in der unter Augustus’ Aufsicht ent- 
standenen Redaktion der Fasten zum Ausdruck, in denen die Iteration zum 
1. Januar 37 vermerkt. wird (ganz richtig sagt Kolbe S. 280, daß in diesen 
beiden Zeugnissen in Wahrheit nur eine Quelle vorliegt), Mit Kromayer 
(8. 9) ist anzunehmen, daß die Erneuerung von Tarent nach dieser Auffassung 
mit rückwirkender Kraft (vom 1. Jan. 37 ab) stattgefunden hat (gegen Kolbe 
8. 280), und daß Octavian, wie ich (8. 329) es ausgedrückt habe, die Fiktion 
aufgegeben hat, „daß das Triumvirat im Jahre 32 noch die Quelle seines Im- 


1) Wie in diesem Punkte die beiden Appianstellen, die sich scheinbar 
widersprechen, zu vereinigen sind, hat schon Kromayer (8. 8) erwiesen. Der 
Beschluß von Tarent ist, wie Appian im b.c. V 95, 398 berichtet, ohne Be- 
Br des Volkes zustandegekommen, aber nachher muß der in Italien zurück- 
gebliebene Octavian in Rom die Formalien erfüllt haben, wie er in der Auto- 
biographie (Appian, Illyr. 28) erzählt hat. In diesem Punkte stimme ich jetzt 
Kolbe (S. 278) durchaus zu; ausschlaggebend ist die Tatsache, daß sich der 
in staatsrechtlichen Dingen so korrekte Octavian von jetzt ab IIIvir iterum : 


nennt (vgl. auch Schulz S. 5, der ebenfalls für die Bestätigung durch das : 
Volk eintritt). Ey 


de 
> 


2 
. 
.;, 
. 


:” 4) Zur Sache auch R. Reitzenstein, a. a. 0. 3. 483 Anm. 2. 


100 Exkurse und Nachträge 


perium gewesen sei“. Augustus muß selber nach Ausgabe der Autobiographie 
zu der Ansicht gekommen sein, daß es mit der Gesetzlichkeit seiner Position 
im Jahre 32 nicht weit her war. Er läßt die Behauptung, daß ihm das 
Triumvirat damals noch zugestanden hätte, fallen und verzichtet auf eine Dar- 
legung seiner Stellung für die Zeit vom wirklichen Ende des Triumvirates bia 
zu dem Treuschwur Italiens und der westlichen Provinzen im Herbst 82. Daß 
zum zweitenmal die Usurpation an Stelle des Rechts getreten war, hat er aber 
immerhin wenigstens kurz angedeutet in den Worten potitus rerum omnium, 
worüber Kromayer 8. 20 ganz richtig geurteilt hat.!) Für Augustus war es 
eine Entlastung, daß diese Usurpation per consensum universorum, wie es gleich- 
zeitig heißt, stattgefunden hat, womit auf die coniuratio zu seinen Gunsten an- 
gespielt wird. Daß diese allgemeine Willensäußerung des Volkes allerdings 
erst über ein halbes Jahr nach den Staatsstreich erfolgte, also auch hier dem 
großen Plebiszit gewissermaßen eine rückwirkende Kraft gegeben wird, ist in 
dem summarischen Überblick natärlich mit Absicht unter den Tisch gefallen. 
8o ist auch diese Darstellung gefärbt, aber sie ist darum nicht schlechter als 
die der Autobiographie, sondern besser. Das Richtige steht nicht bei Kolbe, 
sondern ruht in der Erkenntnis, daß beide Darstellungen des Augustus zu- 
gunsten des handelnden Staatsmannes den Tatsachen Gewalt antun, die Autobio- 
graphie durch Verdrehung eines ungesetzlichen Auftretens in ein gesetzliches, das 
Monumentum durchVerschweigen und Zusammenrücken zeitlich weit auseinander 
liegender Ereignisse. Kolbe ist durch seinen Versuch, den Staatsstreich vom 
Jahre 82 aus der Geschichte zu entfernen, octavianischer als Octavian. Seim 
Schlußresultat ist vollkommen verfehlt, auch in dem Punkt, daß das „Notstands- 
kommando“, das durch die coniuratio begründet wird, als nur militärische 
Kommandogewalt verleihend angesehen wird (8. 292), wogegen auf die Worte 
potitus rerum omnium aufmerksam zu machen ist und auf Kromayers Er- 
klärung dieser Worte S. 20: „Seine Machtfülle selbst umfaßt alles, was es im 
römischen Staate überhaupt gibt: res omnes, so daß dieser selbst, der Botmäßig- 
keit von Senat und Volk entzogen, allein der Vollmacht Octavians unterstellt 
ist“2) und im Jahre 28 aus dessen Gewalt (lat. VI 15: ex mea potestate) wieder 
an Senat und Volk zurückgegeben wird. Als Parallele sei hingewiesen auf 
den Beschluß des Rumpfsenates von Thessalonike im Jahre 48, dem Pompeius 
an Stelle der Konsuln für das nächste Jahr die Oberleitung von Heer und Stast 
zu übertragen.®) Hierbei bedient sich auch Caes. b. c. II 16,4 der «Worte 
propterea quod de consilii sententia summam belli rerumque omnium Pom- 
peio permiserint.*) 

Ebenso verfehlt ist Kolbes Antwort auf die Frage nach den Motiven des 
Augustus bei Aufgabe seines früheren Standpunktes. „Es wäre denkbar,“ so 


1) Kolbe (8. 287) beruft sich hier mit Unrecht auf mich, um gegen 
Kromayers Interpretation zu polemisieren. Vgl. Klo S. 330: „Die Worte 
potitus usw. haben im Eingangssatz des ganzen Dokumentes ihr Gegenstück, 
wo der erste Staatsstreich des späteren Prinzeps mit nackten Worten er- 
zählt wird“. 

2) Die 24 Fasces, die Octavian nach Cassius Dio 58, 1, 1 (über die schwie- 
rige Stelle vgl. Mommsen, Staatsr. 1° S. 887 Anm. 5) bis zum Jahre 28 geführt 
haben soll, als Abzeichen der Triumvirn aufzufassen und damit für die Fort- 
dauer dieses Amts ins Feld zu führen ($. 292), ist doch mehr als gewagt, da 
wir gar nicht wissen, ob die Triumvirn zur Führung von 24 Fasces berechtigt 
waren. Eher paßt die hohe Zahl für den mit diktatorischer Gewalt aus- 
gestatteten Inhaber des Notstandskommandos, würde also dann gegen Kolbe 


sprechen. 
2.8) Ed. Meyer, Caesars Monarchie? S. 313f. 


Exkurse und Nachträge 101 


sagt er, „daß es mit Rücksicht auf die etwa zur gleichen Zeit erfolgte Redak- 
tion der Fasten geschehen ist, nach der die Iteration des Triumvirates in le- 
galer Weise am 1. I. 37 stattgefunden haben sollte.“ Nach solchen Gesichts- 
punkten hat Augustus seine politischen Sätze nicht formuliert. Vielleicht war 
es das schiießliche krampfhafte Festhalten des Antonius am Triumvirat bis zu 
seinem Lebensende, das Augustus veranlaßt hat, seinerseits vor der Welt den 
Rechtsstandpunkt zu vertreten, d. h. die triumvirale Gewalt als nach Ablauf der 
zwei Quinquennien, also nach zehn Jahren, erloschen zu bezeichnen, wie der Gegner 
durch seinen Antrag auf Rücktritt von dem Amt zum 1. I. 32 ursprünglich 
schon zum Ausdruck gebracht hatte. Vor allem aber wird ihn das Bestreben 
geleitet haben, die nach der erneuten Usurpation durch den consensus univer- 
sorum eingetretene Sanktionierung seines Vorgehens in den Vordergrund zu 
schieben, woraus sich dann seine Handlungsweise im Jahre 28 von selber ergab, 
die den Treuschwur vom Jahre 32 vergalt durch Rückgabe der freiwillig in 
seine Hände gelegten Machtfülle.‘!) In Wirklichkeit war die Dreiherrschaft 
seit der Beseitigung des Lepidus zur Zweiherrschaft und seit dem Staatstreich 
Octavians zur Alleinherrschaft — zunächst für den westlichen Reichsteil, seit 
Actium für das Gesamtreich — geworden und Octavian in diesem Zeitraum 
„»bsoluter Herrscher“.?) i 

Durch unsere oben im Text ($. 66) gegebene Datierung der ersten Ab- 
fassung des Gesamtdokuments wird nun aber — und das ist das Neue — die 
Niederschrift der Korrektur der früheren Ansicht ganz nahe an die Heraus- 
gabe der Autobiographie herangerückt. Diese endete bekanntlich mit der Dar- 
stellung des kantabrischen Krieges (Suet. Aug. 85, 1). Blumenthal (S. 114) 
nimmt, einem Hinweis Bormanns folgend, an, daß vielleicht die zweite Schließung 
des Janustempels im Jahre 25 „den wirkungsvollen Abschluß“ gebildet habe. 
Die Abfassung und Herausgabe muß unmittelbar danach erfolgt sein. „Eine 
so ausführliche Lebensbeschreibung mit der ausgesprochenen Tendenz, seine 
politische Tätigkeit zu rechtfertigen°®) und die Wiederherstellung der Republik 
als gelungen zu erweisen, hat eben einen Sinn nur kurz nach den Aktionen 
selbst‘), so sagt sehr richtig Blumenthal $. 113. Die Sätze des Monumentum, 
durch die die Geschichte des Jahres 32 in neuer Beleuchtung dargestellt wird, 
sind aber, wie wir im Text S. 66 gesehen haben, schon im Jahre 23 nieder- 
geschrieben. Augustus hat es also damals im Angesicht des Todes sehr eilig 
gehabt, die Version der Autobiographie durch eine neue zu ersetzen — viel- 
leicht vor allem deshalb, weil die Formulierung in dem älteren Werk auf 
Widerspruch beim Publikum gestoßen war. 

VI. (Zu S. 58 u. 75.) Wie S. 59 schon vermerkt ist, waren in den cc. 26- 
und 27 die Provinzen im ersten Entwurf in derselben Reihenfolge noch einmal 
aufgezählt, wie in c. 25: Galliae, Hispaniae, Africa (vertreten durch Aegyptus 
und Cyrenae), Sicilia, Sardinia, wodurch die gleichzeitige Entstehung der Sätze, 
die diese Provinzennamen enthalten, gewährleistet wird. Die Nennung von 
Germania, die schon aus anderen Gründen Anstoß erregte (S. 58 Anm. 2), er- 
gibt sich auch von hier aus als späterer Zusatz. Der damit verbundene Neben- 


1) So richtig R. Reitzenstein a. a. O. 

2) Ed. Meyer a. a. O. S. 471 Anm. 5. 

3) In diesem Punkt gleicht die Autobiographie durchaus Cnesars Com- 
mentarien, darüber, was das bellum Gallicum betrifft, A. Klotz, Caesarstudien 
8.25 und Ed. Norden, Die germanische Urgeschichte S. 87, in bezug auf das 
bellum civile Ed. Meyer a. a. O. S. 469. 

4) Auch was die sofortige eilige Abfassung unmittelbar nach den Taten 
betrifft, ist zum Vergleich wieder auf Caesars bellum Gallicum zu verweisen, 
A. Klotz a. a. O. S. 17 und Ed. Norden a. a. O. 8. 87 ff. 


102 Exkurse und Nachträge 


satz qua inclujdit oceanus a Gadibus ad ostium Albis flum[inis, der gleich- 
zeitig entstanden ist, legt Wert darauf darzutun, daß die Ozeanküste nunmehr 
von Gades bis zur Elbmündung römischer Besitz sei, wobei mit der Nennung 
der Elbe natürlich auf Drusus’ größte Tat angespielt wird. Ed. Norden (Die 
germanische Urgeschichte 8. 30f.) macht in diesem Zusammenhang mit Recht 
auf Tacitus, Germ. 41: Albis nomen inchutum et notum olim, nunc tantum 
auditur aufmerksam. Neben der Gewinnung der Elbgrenze ist die Bezwingung 
des Ozeans gelegentlich des großen Seefeldzugs des Drusus vom Jahre 11, 
der der Umfassung Germaniens vom Meer her gewidmet war, in den Vorder- 
grund gerückt. Dasselbe Thema wird in der letzten Überarbeitung desselben 
Kapitels, mit dem Satz: classis mea per oceanum usw. wieder angeschlagen. 
Der Mann, der dieses alles schrieb, hatte die varianische Katastrophe noch 
nicht erlebt. Denn für ihn war auch Germanien gesicherter römischer Pro- 
vinzialbesitz so gut wie die an gleicher Stelle genannten Galliae und Hispaniae. 
Sonst hätte er den Satz nicht in das Provinzkapitel (vgl. den Anfang: omnium 
provinciarum) aufgenommen und hätte sich nicht des Wortes pacavi bedient, 
von dem Mommsen (RR. g.? 8. 102) sagt: pacandi enim vocabulum non usurpatur 
de agro hostium prospere peragrato sed de terra imperio subiecta devictis rebelli- 
bus ad pacem revocata. Aus diesen Erwägungen heraus habe ich das Wort 
provicias (sic) nach Gallias et Hispanias, das im griechischen Text fehlt, für 
einen Nachtrag des Tiberius erklärt (Klio II S. 154, oben 8. 58 Anm. 2), der 
dadurch Germanien wenigstens die Bezeichnung Provinz, die ihm bei Augustus’ 
Tod sicher nicht mehr zukam, wieder nahm und das Dokument mit dem da- 
maligen Stand der Dinge einigermaßen in Einklang brachte. 

VII. (Zu 8.88.) Im Text hätte noch ausführlicher die griechische Gattung 
der xgafeıg in ihrer Ausgestaltung in der hellenistischen Zeit behandelt werden 
sollen. Kurze Zusammenstellungen von hierhergehörigem Material gibt P. Wend- 
land, Hellenistisch-röm. Kultur, 2./3. Aufl. 1912, S. 815 Anm. 2 und S. 340, vgl. 
such schon v. Wilamowitz, Hermes 21, 1886, S. 625. Am wichtigsten ist Wend- 
lands Hinweis auf Diodor I 27 (a. a. O. S. 119), wo Hekataios von Abdera 
(oder Teos; unter Ptolemaios I) Götterkönige als Abbilder der Herrscher seiner 
Zeit schildert. So z. B. verzeichnen Osiris und Isis ihre xe«£eıg auf Inschriften, 
die auf Stelen vor ihren Gräbern angebracht sind. Die Gräber be- 
finden sich in Nysa in Arabien. Die angeblichen Inschriften, geschrieben 
legoig yeduuecıv, werden im Wortlaut mitgeteilt, beide in der Ichform. Der 
angeblich erhaltene Teil des Tatenberichts des Osiris lautet: „Ilerng uw Eori 
wor Koövog venrarog Heav andvrov, elul ÖR "Ooiis 6 Paoıledg, 6 OrEnTsdoas 
En) n&oav yhgav Eng eig Todg Koınntovg tönovg tüv ’Ivdüv xal roug wodg Kpxrov 
»enkuuevovg, uexgı "Iorgov norauod unyav, al ndlıv En) Tell ueoen Eos hrsavon. 
eiul Ö& viös Kodvov mosoßdtarog, nal Pluorög En nalod Te xul sbyzvoög Mod 
oneguu ovyyenkg Eyevvjdnv Muloas. nal obn Lorı rbmog tig olxovukung eis dv 
&y0 obx dAgiyucı, Jiadovrg zäcı av &yb sbgeris Eysvöunv.“ Weiter macht 
Wendland a. a.0. auf die Stelle der iso& &vaygapn des Euhemeros aufmerksam, 
die F. Jacoby bei Pauly-Wissowa-Kroll R. E. VI Sp. 963 eingehender be- 
handelt. Hier wird eine ory4n yevon im Tempel des triphylischen Zeus er- 
wähnt, die die wod$sıs Obeavoö al Kobvov nal Aıds, aufgezeichnet von Zeus 
selber, enthält, vgl. Lact. 111, 33: Zeus gesta sua perscripsit, ut monumentum 
esset posteris rerum suarum. Aus diesen in die Götterwelt versetzten Beispielen 
ersieht man, daß die hellenistische Epoche die inschriftlichen Selbstdarstellungen 
der Herrscher zur Genüge kannte. 

VIII. (Zu S. 91.) Nach der Lektüre von Nordens Germanenbuch fühle 
ich mich veranlaßt, hier noch eine andere Möglichkeit zur Erklärung der Ich- 
form des Dokuments vorzutragen. Wir sahen oben (S. 40; 78; 96), daß die 
Ausarbeitung einzelner Teile im Anschluß an amtliche Berichte Octavians statt- 


Exkurse und Nachträge 103 


gefunden hat. Wir sahen weiter (8. 95), daß auch Caesar seine amtlichen Berichte 
an den Senat den Commentarien zugrunde gelegt hat. Aber während dieser 
die Umsetzung der ersten Person in die dritte vollzogen (Norden S. 88 Anm, 2) 
und dadurch ein Literaturwerk von „hypomnematischem Charakter‘ (Klotz, 
Caesarstudien S. 13) zustande gebracht hat, das den offiziellen Titel C. Caesaris 
commentarii rerum gestarum erhielt (Klotz a.a.0.8. 2), hat Augustus in seinem 
großen Schlußrapport an das römische Volk die Form der amtlichen Berichte 
an Senat und Volk bis zum Reden in der ersten Person beibehalten. Um diesen 
Unterschied zu verstehen, beachte man: die Commentarien Caesars sind ediert, der 
Tatenbericht des Augustus ist nur öffentlich ausgestellt worden. Th.Birt (Kritik u. 
Hermeneutik S. 292) nennt allerdings mit Recht das öffentliche Ausstellen eines 
Exemplars (dxridevan, woorıdevon, proponere) eine gewisse Art der Veröffent- 
lichung und macht darauf aufmerksam, daß die Juristen in diesem Sinne öfters 
den Begriff edere auffassen. Das Material hierzu aus dem griechischen Sprach- 
gebiet bietet in größerem Umfang A. Wilhelm, Beiträge zur griech. Inschriften- 
kunde 8.284ff. Auf Umwegen kommen wir allerdings auch von hier aus auf den 
Orient wie oben im Text. Denn der Orient kennt ebenfalls schon diese Art 
der. Veröffentlichung. In den Gesetzen Hammurapis XXV 2, 3ff. (in Übersetzung 
von H. Gressmann, Altoriental. Texte und Bilder zum Alten Testament 1909, 
S. 169 Z. 21ff.) heißt es: „Der Unterdrückte, der in eine Rechtssache ver- 
wickelt wird, möge vor das Bildnis von mir, dem gesetzgebenden Könige, 
kommen und dann mein beschriebenes Denkmal sich vorlesen lassen; meine 
kostbaren Worte möge er dann hören und mein Denkmal möge alsdann die 
Rechtssache ihn erkennen lassen“ (Hinweis von Koll. Meißner). 


REGISTER 


Acta ludorum saecularium, Höhe der 
Pfeiler 16 

aedes = Grab in Tempelform 34 

aedes Agrippae = Agrippagrab lıu.3 

Aemilius Secundus, Tatenbericht in 
Ichform 92 

aerarium militare, Errichtung 27. 73f. 

Aethiopien in den r. g. 58. 793 

Agrippa: Grab im Mausoleum 3; Eige- 
nes Grab auf dem Marsfeld 3; Be- 
deutung seines Todes für Augustus 
67. 73 

Ahnenkult: in Japan 1; in Rom 14 

Albis im Mon. Ancyranum 58. 75. 102 

Alexander d. Gr.: Mausoleum (Sema) 
in Alexandreia 9; Vorbild des Au- 
gustus 1. 39; Gesandtschaften bei A. 
60. 73. 76 

Alexandrinische Königsnekropole 9 

Ancyra, Kopie derr.g. dortselbst siehe 
Monumentum Anc. 

Antiocheia in Pisidien, Kopie der r. g. 
daselbst IIIs. 173 

Antiochos von Kommagene, Tatenbe- 
richt 91 

Antonius: „Königspolitik“ 12. 38. 59; 
A. als Triumvir 98f. 

Apollonia in Pisidien, Kopie der r.g. 
dortselbst IH. 781 

Appian, Quellen desselben 941. 97f. 

ara Ubiorum mit Ehrenmal des Drusus 
831 

Arabien in den r. g. 58. 795 

arcus mit Ehreninschriften 85 

Armenien in den r. g. 72. 76. 79. 80 

Augustus: Name, Herkunft und Be- 
deutung 621. 92; Ableitungen: Au- 
gustalia etc. 70 

Augustus (s. auch Autobiographie, Mon. 
Anc., res gestae [r. g.] Augusti): als 
Mensch 78; Krankheiten 1f. 39. 66. 
Glaube an frühen Tod 1. 89; Testa- 
ment 19. 22f. 66. 77. 785; als Staats- 


.mann, Ziel: Monarchie oder Republik ? 
2f. 941; Staatsstreiche 35. 98ff.; 
Stellung zu Caesar 45. 47. 48f. 69. 
74. 76.89; Ähnlichkeit mit Pompeius 
36. 69. 100; Ein zweiter Romulus 
163. 94; Tugenden 39. 89; seine 
dignitas 40ff. 62. 90; Friedensfärst 
80f. 51. 73; Mehrer des Reiches 30 ff. 
ö6ff.; Erneuerer des alten Väter- 
brauchs 46. 66. 68. 72f.; Schwäche 
der Position nach Agrippas Tod 68. 
73; Bautätigkeit 53ff. 71. 75f. 95; 
Spiele für. das Volk 76. 79; Höhe- 
punkt seines Lebens 75; Streben 
nach Vererbung seiner Würde 4. 74ff. 
Bildliche Darstellungen: goldene 
Schiffssäule 31f. 321; auf Silber- 
becher v. Boscoreale ö1. 66; Statue 
von Primaporta 74 

abEnsıg in den r. g. 89f. 

Autobiographie des Augustus 313. 384. 
97f.; Abfassungszeit 101; Tenden- 
ziöse Darstellung 98f.; Verhältnis z. 
Tatenbericht 86. 99fl. 


Basilica Julia, Wiederaufbau 26 f. 76f. 84 

Bäume: auf dem Mausoleum Aug. 5s. 
11; auf Heroengräbern? 108 

Bautätigkeit des Augustus 5öff. 71. 
Töf. 95 

Berichte, amtliche: des Caesar 95; des 
Augustus 40. 66. 73. 96 . 

Bormann, Eugen: Grabschrifttheorie 
18. 81 


Caesar (Diktator): sein Grabmal 2; 
Enkomion auf ihn 90; Tugenden 895; 
Anspielungen der r.g. auf C. 45. 
47. 48f. 69. 74. 76. 89; Anlehnung 
im Ausdruck 36; parens — pater 88; 
penteterische Spiele zu C.s Ehren 47 

Caesares: filii Augusti 3. 74; Adoption 
durch Aug. 68; deductio in forum 74f.; 





Register 


prineipes iuventutis 75. 77.; Nennung 
als filii in den r.g. 75f. 774 u.5. 79; 
Benennung der Bas. Iulia nach ihnen 
26. 75. 84; nemus Caesarum 36. 79. 
84; Monumentum Gai et Luci 36. 84; 
Ehrungen der beiden n. d. Tod 84f.; 
Tatenbericht für Gaius 86 

Census des Augustus 23. 44. 46. 74 

Cicero: Theorie des Prinzipats 42. 46 5. 
66; Anlehnung des Aug. an ihn 35f. 

collega (conlega), collegium (conle- 
gium) 24f. 761 

Cornelius Gallus, Tatenbericht 87«. 904 

Cremutius Cordus, annales, Vorlage d. 
Appian 941 


Daker in den r. g. 60. 72. 751. 80. 81 

Dalmatien 60. 78 

Dareios: Inschrift von Behistun 91; 
Grab 93 

Datierung, doppelte, der r. g. 28. 34 

decreta honorifica für Aug. v. J.43 36 ff. 

Denkschriften, amtl., des Aug. 40. 66. 
73. 96 

Dienstjahre der Legionare 27 

dignitas, Inhalt des Begriffs 36.4. 40 ff. 62 

Diomedes-Grab 108 

Domitian: als Erbauer des templum 
gentis Flaviae 16. 79; Tätigkeit für 
das Maus. Aug. 76 

Donaugrenze 73 . 

Drusus: Feldzüge 67. 75. 102; Ehrun- 
gen nach d. Tode 83f. 843 

Drusus, Tiberius’ Sohn, Ehrungen 82ı 

Duilius, C., Übertrumpfung durch Aug. 
31 “ 


Elbgrenze in den r. g. 58. 75. 101ff. 

elogia, stets poetisch 88. 85. 86f. 

Erbmonarchie, erstrebt von Aug. 4. 74 

"Etruskische Gräber in ital. Tumulus- 
form 9 


Forum: des Augustus 66. 76; Statuen 
mit r. g. daselbst 87 

forum (transitorium), Statuen mit r. g. 
871 

funus censorium für C. Caesar 843 


gens Juliorum 2. 18 

gentes in Rom, Bedeutung ders. 1 

Germanicus, Ehrungen n. d. Tode 82f. 
843 

Germanien in denr.g. 22. 585. 75. 101. 


105 


Grab: Alexanders in Alexandreia 9; 
des Dareios 98; des Diktator Cae- 
sar 2; der „Christin“ 9. 10. 12; der 
Kleopatra 123; des Kyros 83. 94f.; 
des Protesilaos in Elaius 108 

Gräber: altitalische in Tumaulusform 
9. 11; außerhalb Italiens 11s; von 
Heroen 10f. 

Griechenland, Stelen mit Ehreninschrif- 
ten 16f. 95. 102 


Hadrian: Grab 9f.; r. g.-Inschrift im 
Pantheon zu Athen 92 

Hammurapi, Stelle aus den Gesetzen 103 

Horaz, Preislieder auf Aug. 89 


Ianus, Schließung desselben 51. 75. 
101 

Japaner, Ahnenkult 1 

DOlyricum 575. 59. 73 

Indien, Gesandtschaften 60. 73 

Iuball von Mauretanien, Erbauer eines 
Maus. 10 

Iulia Domna, Beisetzung im Monu- 
mentum Gai et Luci 36 


Kenotaph, für verstorbene Prinzen 82. 
83. 85 

Kleopatra von Ägypten, Grabmal 123 

Kleopatra Selene, Gemahlin Iubas II 10 

Koepp, Fr., Aufstellung der r. g. 15 

Könige: häufige Erwähnung in den 
r. g. 59; im Triumph. des Aug. 30. 
83. 59. 61. 66; als Bittflehende 
61. 66 

Königsgrab bei Vergil ds. 114 

„Königspolitik“ des Antonius 12. 33. 59 

Kyrosgrab von Pasargadae, Vorbild der 
hell. Herrschergräber 83. 94f. 


lectiones senatus unter Aug. 462 

Legionare. Dienstzeit 27 

libellus memorialis 96 

Qu. Lucretius, Konsul 19 v. Chr. 703 

ludi pro salute Aug., Leitung ders. 
46 f. 

Lykurgos von Athen, Tatenbericht 95 


Marcellus (M. Claudius Marcellus): als 
Schwiegersohn des Aug. 67. 77; Be- 
gräbnis im Mausoleum 2. 67; Theater 
des M. 71 

Marsfeld, Gräber daselbst 1. 2. 93f. 

Mausoleum Alexandri (Sema) 9 


106 Register 


Mausoleum Augusti (tumulus Iuliorum): 
4ff.; Vorbilder 9f.; Jahr der Er- 
bauung 1. 34. 95; das eigentliche 
Grab 4ff., die Parkanlage 4. Tf.; 
das Ustrinum 8f.; Benutzung bis 
Nerva 5. 76; die im Maus. begra- 
benen Männer 2f.; Schicksal im 
Mittelalter 5f.; Goethe über das 
Maus. 63; Rekonstruktionsversuche 
71. 13; Obelisken vor dem Maus. 
7. 17; Tatenbericht nicht am Portal 
12. 

Mausoleum Hadriani 9 

Maussollos von Karien, Grabmal 93 mit 
Anm. 1 3 

memoria vitae: für Drusus 83. 86f.; 
Art der Publikation 86 

memorialis libellus 96 

Mommsen, Th., allmähl. Entstehung 
der r. g. 19fl. 

Monarchie in Rom seit Augustus 2. 
941 

Monumentum Ancyranum: Überschrift 
12. 663; Art der Anbringung der 
r. g. in Ancyra 15. 17f.; äuffällige 
Art der Kolumnengliederung 15 

monumentum commune regiae gentis 
in Mauretanien 10. 12 

Monumentum Gai et Luci 86. 84 

Munatius Plancus, Grabinschrift mit 
r. g. 873 j 

nemus Caesarum 36. 79. 84 

Nerva: letztes Grab im Maus. 3e. 5. 
75; Inschrift auf seiner Graburne 56 

Notstandskommando des Aug. 68. 
98. 100 


Obelisken vor dem Maus. 7. 17 
Octavian s. Augustus 
Ozean in den r. g. 102 


Panaitios: Theorie des Prinzipates 42. 
463. 66; Lehre vom ungerechten Krieg 
748 ; 

Pannonien in den r. g. 60. 72 

Parkanlagen: um Heroengräber 10; 
um hell. Herrschergräber 9ff.; um 
das Maus. Aug. 4. 7f.; Vorbild das 
Kyrosgrab 83. 94f. 

Parther in den r. g. 61. 72. 80 

Pisne: decreta Pisana 16; arcus des 
C. Caesar 86 

Platon, Vierzahl der Tugenden 89 


Plautus, Silvanus, Grabinschrift mit 
r. g. 874 

Pompeius: Beginn seiner Karriere 86; 
curs annonae 69; laudes Pompei 90; 
s. Notstandskommando im J.48 100; 
Theater des P. 71 

pontifex maximus, Aug. als p. m. 451. 
60. 67. 69. 734 

populus Romanus, „Volk“, in denr. g. 
68. 66. 723. 76. 91 

porticus basilicaque Gai et Luci 27. 75 

mod&eıs = res gestae, Literaturgattung 
88. 95. 102 

Priesterämter des Aug. 44f. 

princeps: Anwendung des Titels auf 
Aug. 41. 51. 614. 703. 73; pr. senatus, 
kein Titel des Aug. 41ı. 44 

prineipes iuventutis: unter Aug. 41a. 
74f. 77; Ehrungen derselben nach 
dem Tode 82. 

prineipes Parthorum et Medorum 413. 
61. 80 

principes viri= Senatoren der obersten 
Rangklasse 41. 70 

proponere, mgorıFEver, dnridevar 103 

Protesilaos, Grab in Elaius 108 

Provinzen, röm. d. r. g., Reihenfolge 
59. 101 

Pyramiden als Totenhäuser 93 


Quadrigae auf dem forum Augustum: 
Schmuck des Wagens 66; Inschriften 
76. 85 


Reitzenstein, R.: über die Entstehung 
des Prinzipats 86. 463. 621.66. 99f.; 
über den Begriff dignitas 41f. 

res gestae (mod£eıs): als Literaturgat- 
tung 81ff. 86ff.; Unterschied gegen- 
über Biographie und Elogium 86f.; 


losgelöst von der Grabinschrift88; An- 


bringung der r. g. 87; hellenistisch- 
orientalische Wurzeln 88ff. 99. 102; 
Ichform 88. 90ff. 102f.; Tugenden 
als Inhalt 88f.; Verhältnis zum En- 
komion der hell. Zeit 88f.; a«dEnsıg 
(söyxeıcıs) in den r. g. 89f. 

res gestae Augusti: Quellenberichte 
über sie 14; Anbringung auf frei- 
stehenden Pfeilern 12f. 15£.; falsche 
Ansicht Gardthausens 18; Analogien 
aus Griechenland 16f. 95. 102; Grab- 
schrifttheorie Bormanns 18.81; histo- 


storisch -politisches Dokument 18;. 





Register 


Literaturgattung 81ff.; sukzessive 
Entstehung der r. g. Aug.: Resultat 
der Forschung Mommsens 19ff.; das 
Urmonument vom J.29/8 28ff.; Text 
desselben 34f.; Entstehung des Ge- 
samtdokuments (23 v. Chr.) 40ff.; 
Text 62f.; Tendenz dieses 1. Gesamt- 
entwurfs 65ffl.; Zusätze nach dem 
J. 12 v. Chr. 67ff.; Tendenz der- 
selben 73f.; Redaktionen nach den 
Jahren 5 u. 2 v. Chr. 74ff.; Ten- 
denz dieser Redaktionen 77 ff.; letzte 
Überarbeitung durch Aug. 78ff.; die 
Schlußredaktion des Tiberius 22f.; 
zwei Datierungen der r. g. 19. 21f. 
28f. 34. 40; Kap. 15, Bedeutung für 
die Frage n. d. Entstehung 19. 31. 
51f. 67. 70f. 74; Kap. 34, bes. der 
wichtige Schlußsatz 40ff. 61f. 100; 
Verschiebungen zugunsten des Aug. 
36f. 571. 72; stärkere Hervorhebung 
der eignen Pesönlichkeit, bes. in den 
späteren Abschn. 463. 72f. 79; Au- 
gustus als Mensch in den r. g. 78; 
fehlende Ehren des Aug. 77; sti- 
listische Unstimmigkeiten 24f. 51f. 
582. 616. 73. 761. 80; Abkürzungen 
einzelner Worte 244. 614. 761. 79; 
die Worte vivo me 26. 47. 59. 80; 
et postea, öfters bei Nachträgen 53. 
56. 60. 72. 75. 79. 80; Zahlen, Bil- 
dung der größeren 2. 20ff. 25f. 562. 
743. 81; Disposition nach dem Ge- 
setz d. Steigerung 31. 33. 62. 70. 76 
Romulus, Aug. ein 2. R. 768. 94 
Rundgräber in Nordafrika 96 


Schiffe als Kriegsbeute bei den Römern 
30f. 32f. 39 

Schiffssäule, goldene mit Inschr. zu 
Ehren d. Aug. 81f. 321 

Sempronius Tuditanus, r. g. in Aqui- 
leia 87 

Senat: Hervorhebung desselben in den 
r. g. 57. 66. 702; Gesandtschaft an 
Aug. 70; Ergänzung des $. durch 
Aug. 463 ; 

Senatoren der höchsten Rangklasse = 
principes viri 41. 70 

Sokrates, Fünfzahl der Tugenden 89 

Spanien, utraque Hispania in den 
r. g. 59 


107 


Spiele, Kap. in den r. g. späten Ur- 
sprungs 76. 79 

Stelen, freistehende, als Träger von 
Ehreninschriften 16f. 95. 102 

Strabo, Schilderung des Maus. Aug. 4 ff. 

Sulpicius Quirinius, Grabinschrift mit 
r. g. 874 


tabulae aeneae bei Sueton, falsch 
14. 17 

Tarent, Vertrag von T. 97f. 99ı 

Tatenbericht des Aug. s. res gestae 
Aug. 

templum gentis Flaviae 15. 75. 9 

Testament des Augustus 19. 22f. 66. 
77. 1883 

Tiberius: abgekürzt TI und TIB 24; 
als privignus Aug. 72; als filius 23f. 
77; Vermäblung mit Iulia 68; Erbe 
des Aug. 77f.; Schlußredaktion der 
r. g. 22ff. 683. 79; Kämpfe gegen 
Pannonier und Daker 60. 67. 72. 
75; Flottenexpedition in Germanien 
58. 79; Enkomion 90 

Traianus, Stifter der Obelisken vor 
d. Manus.? 75 

tribunieia potestas: des Aug. 28f. 39. 
48f.; Verleihung durch Volksbe- 
schluß 50; verschiedene Erwähnun- 
gen in den r.g. 43f. 69; Mitinhaber 
derselben 43f. 69 

Triumphe des Aug. 30. 32f. 38 

Triumvirat, Dauer desselben 44. 57. 
96 ff. 


Tugenden: des Aug. 39. 89; als In- 


halt von r. g. 88f. 

tumuli in Italien 9ff.; außerhalb Ita- 
liens 113 

tumulus Caesarum 2 

tumulus Iuliorum 2. 11 


Urmonument = c. 1—4 der r.g. Aug. 
28 ff., Text desselben 34f. 
Ustrinum des Maus. Aug. 8 


Varusniederlage nicht in den r. g. 22. 
81. 102 

Vergil Aen. XI 849, Königsgrab 53. 
114 


Zahlen, Schreibung ders. in den r. g. 
20 ff. 2öf. 563. 743. 81 


DIE GERMANISCHE 
URGESCHICHTE IN 
TAUITUS GERMANIA 


voN 
EDUARD NORDEN 


Mit einem Bildnis und einer Karte 


[X u. 505 S.] gr. 8. 1920. Geh. M. 30.—, geb. M. 38.— 
Hierzu ab April1920 100°, Teuerungszuschlag (Abänderung vorbehalten) 


Nirgends wo europäische Geschichte beginnt, 

hebt sie ganz von Frischem an, sondern setzt 

immer lange dunkle Zeiten voraus, durch 

welche ihr eine frühere Welt verknüpft wird 
JAKOB GRIMM 


Der Versuch, Abschnitte der taciteischen Germania in den Zu- 
sammenhang der hellenisch-römischen Ethnographie einzuord- 
nen, weitet sich zu Untersuchungen zur Urgeschichte des ger- 
manischen Volkes und zu wichtigen Episoden unserer ältesten 
vaterländischen Geschichte aus, die literarisch etwa durch die 
Namen Poseidonios und Prokopios, Caesar und Jordanes begrenzt 
werden, wobei sich besonderer Gewinn für die verlorenen Bella 
Germaniae des Plinius ergibt, die sich zeitlich von den An- 
fängen bis in die Völkerwanderungszeit hinein erstrecken, räum- 
lich den Bereich unseres Vaterlandes von den Alpen bis zur 
Nord- und Ostsee, vom Rhein bis zur Weichsel, ferner Teile 
Österreichs und der Schweiz, Frankreichs, Belgiens und der 
Niederlande umfassen. Dabei ist der Verfasser bemüht gewesen, 
die Ergebnisse der archäologischen Forschung nach Möglich- 
keit zu verwerten. Eine Karte veranschaulicht die Siedlungs- 
verhältnisse in Westdeutschland und’ Ostfrankreich um das 
Jahr 100 v. Chr. 


B.G. TEUBNER & LEIPZIG-BERLIN 





NOV 2 3 1921